Gut gemeint, aber… (Editorial Reiterjournal 05/2024)

Foto: Titelseite Reiterjournal 05/2024

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Die Basis bildet die Grundlage, das Fundament des Pferdesports. Nur aus einer stabilen Basis kann die Spitze wachsen. Dafür brauchen wir Reitschulen, Ausbilder und vierbeinige Lehrmeister, in unserem Thema des Monats gehen wir genau darauf ein. Eine gute reiterliche Grundausbildung ist aber bei weitem nicht nur dazu da, irgendwann die Ehrenrunden anzuführen. Nein, sie ist gelebter Tierschutz. Nur, wer von der Pike auf lernt, kann dem Sportpartner Pferd gerecht werden. Dazu gehören auch die theoretischen Grundlagen. Wie arbeitet die Muskulatur des Pferdes? Wie trägt korrektes Reiten zur Gesunderhaltung bei? Doch engagierte Reitlehrer, die während des Unterrichts auch theoretische Kenntnisse abfragen, gehören inzwischen fast zur aussterbenden Art. Das und die zunehmende Kritik am Pferdesport machen den Weg frei für selbsternannte Experten wie Julie von Bismarck. Die Autorin mehrerer Bücher veröffentlicht auf Social Media regelmäßig kritische Posts zum Reitsport. Im Haupt- und Landgestüt Marbach hat sie nun ein Seminar gegeben. Der Theorieteil zu Anatomie oder den Bedürfnissen des Pferdes war durchaus interessant, wenn auch mit etwas Effekthascherei gespickt, wie einem in schwarz-weiß gehaltenem tränenden Pferdeauge, um das Leid der Tiere zu betonen. Das wiederum entbehrte jeglicher fachlichen Korrektheit. Erschreckender für mich jedoch war der Praxisteil: Vier Pferde, von denen zwei deutliche Schmerzsymptome zeigten und eines sehr wenig Kooperation mit seiner Reiterin. Bei einem Paar brach von Bismarck das Training ab, um das Pferd zu schützen. Ausgewählt wurden alle Paare übrigens im Vorfeld von der Referentin. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Fraglich, ob es der richtige Weg ist, das Negative vorzuführen und dann als Retter in der Not einzuspringen. Dem Karten- und Bücherverkauf nach zu vermuten, lässt dieses Konzept die Kasse klingeln. Aber hilft es dem Pferdesport? Sollten wir nicht lieber mit positiven Beispielen vorangehen? Von denen zeigten die Ausbilder im Haupt- und Landgestüt übrigens beim Bundesberufsreitertag in derselben Reithalle mehr als genug. Sie überzeugten mehr mit Taten denn Worten. Julie von Bismarck versuchte das bei ihrem Seminar eher andersrum. Ob uns das weiterbringt, bezweifle ich allerdings.   

   

 

Herzlichst Ihre

 

Maria Jürgens

 

Redaktionsleitung Reiterjournal und BAYERNS PFERDE

 

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