Rastede - Mit Zollstock und Lageplan eilt Hans Sattler über den Rasen. Keine Frage: Hier packt der Chef selbst mit an. Der 64-Jährige im kurzärmeligen Hemd erteilt seiner Mannschaft letzte Instruktionen, ehe er auf der Schlussrunde noch einen prüfenden Blick auf die Hindernisse wirft.

„Alles okay“, sagt er und nickt. Kreative Routine – diese Bezeichnung trifft auf Sattlers Arbeit besonders zu. Seit etwa 30 Jahren stellt der Parcourschef Reiter und Pferde auf dem Landesturnier vor teils hohe Hürden, nicht aber vor Schikanen. „Es muss beim Springreiten die Schönheit dieser Sportart zum Ausdruck kommen“, beschreibt er seine Leidenschaft fürs Detail. Dafür bedürfe es eines Parcours, der mit Fingerspitzengefühl entwickelt werden müsse. Schlecht aussehen lassen will Sattler niemanden, zu leicht darf es aber auch nicht sein. Von den ersten Einlaufprüfungen bis zum Großen Preis an diesem Sonntag steigern sich die Schwierigkeitsgrade seiner Umläufe täglich.

Die Hindernisse baut der Tischler aus Hatten alle in Eigenregie. „Das Springreiten ist im Laufe der Jahre nicht stehengeblieben, sondern hat sich weiterentwickelt“, berichtet Sattler. Dem muss er sich anpassen. Das Material hat sich verändert, der Anspruch an die Sicherheit ebenfalls. „Früher gab es viel mehr Naturhindernisse“, blickt er zurück.

In einem Olympia-Jahr werden bei ihm zudem Erinnerungen an Athen wach. Bei den Spielen 2004 wurde er als „Co-Kurs-Designer“ nominiert. Übersetzt: Stellvertretender Parcourschef. „Olympische Spiele sind einfach das Größte“, schwärmt er.

Die Wettkämpfe in Rio de Janeiro in wenigen Wochen will er im Fernsehen verfolgen. Der deutschen Equipe traut er dabei eine Menge zu. „Nach dem Triumph beim CHIO in Aachen ist der Gewinn des Nationenpreises, also Mannschaftsgold, möglich“, drückt Sattler die Daumen. Dass die Pferde unter dem langen Flug nach Brasilien leiden könnten, glaubt er nicht: „Die sind es mittlerweile gewohnt, von Erdteil zu Erdteil transportiert zu werden. Auch das Klima in Südamerika wird ihnen wahrscheinlich nichts ausmachen.“

Das Klima in Rastede ist allerdings auch nicht ohne. „Land unter“ hieß es im Vorjahr am Sonnabend nach starken Regengüssen über dem Schlosspark, so dass Sattler gemeinsam mit der Turnierleitung den Hauptplatz sperren musste. Beim Auftakt in diesem Jahr brannte die Sonne auf das Gelände und trocknete die Plätze aus. „Da müssen wir gut wässern“, sagt Sattler.

Er selbst war übrigens nicht nur als „Handwerker“ in Rastede aktiv. Als Nachwuchsathlet wurde er dort vor Jahrzehnten Vize-Landesmeister der jungen Reiter. Und so manches Mal, räumt er heute ein, habe er innerlich geflucht – über den Parcoursbauer.