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Spott-Nobelpreis an Pferdewissenschaftler verliehen
24.09.2016 / News

Die Wissenschaftler entdeckten, daß braune und schwarze Pferde für Bremsen und Fliegen besonders anziehend sind – während weißes oder gestreiftes Fell lästige Insekten abhält.
Die Wissenschaftler entdeckten, daß braune und schwarze Pferde für Bremsen und Fliegen besonders anziehend sind – während weißes oder gestreiftes Fell lästige Insekten abhält. / Foto: Archiv

Der alljährlich verliehene Spott-Nobelpreis (Ig-Nobelpreis) in der Kategorie Physik wurde heuer an jene Pferdewissenschaftler verliehen, welche die insektenabwehrende Wirkung eines weißen bzw. gestreiften Pferdefells entdeckten.

 

Der Ig-Nobelpreis (Ig = ignoble, dt. unwürdig, schändlich) ist eine satirische Auszeichnung, die seit 1991 verliehen wird und in der ungewöhnliche, skurille oder auch besonders kreative wissenschaftliche Forschungsarbeiten auf humorvolle Weise der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Dennoch ist die Preisverleihung, die seit 2012 an der renommierten Harvard-Universität in Boston stattfindet, alles andere als ein Jux: In der Regel werden stets renommierte Wissenschaftler ausgezeichnet – jedoch für Projekte, die vom Mainstream abweichen und ungewöhnliche oder auch kuriose Fragestellungen verfolgen. Wie die Zeitschrift ,Nature' formulierte, sollen mit dem Ig-Nobelpreis wissenschaftliche Leistungen geehrt werden, „die Menschen zuerst zum Lachen und dann zum Nachdenken bringen" – insofern ist es durchaus erstrebenswert und ehrenvoll, diese Auszeichnung zu erhalten. Und es gibt auch einige Wissenschaftler, die sowohl den Ig-Nobelpreis, als auch den regulären Nobelpreis erhalten haben.

Dieses Jahr darf sich eine Gruppe europäischer Pferdewissenschaftler über die medienwirksame Auszeichnung freuen – nämlich an Susanne Åkesson, Gábor Horváth, Miklós Blahó, György Kriska, Ramón Hegedüs, Balázs Gerics und Róbert Farkas: Die Wissenschaftler aus Schweden, Ungarn und Spanien erforschen seit mehreren Jahren die Geheimnisse des Pferdefells, konkret der Fellfarbe bzw. der Bedeutung von Fellmustern als natürlichen Insektenschutz. Die Forschergruppe konnte im Jahr 2010 in ihrer Studie „An unexpected advantage of whiteness in horses: the most horsefly-proof horse has a depolarizing white coat" („Ein unerwarteter Vorteil von weißer Fellfarbe bei Pferden: den besten Schutz vor Insekten bietet ein depolarisierendes weißes Fell") nachweisen, daß Bremsen bzw. Pferdefliegen (Tabaniden) von braunen oder schwarzen Pferden deutlich mehr angezogen werden als von weißen. Sie führten dies darauf zurück, daß sich blutsaugende weibliche Tabaniden stark an horizontal polarisiertem Licht orientieren, wie es etwa von Wasserflächen reflektiert wird, auf denen sich die Insekten paaren und ihre Eier ablegen. Pferde mit dunklem Fell reflektieren ebenfalls linear polarisiertes Licht – und sind daher für Insekten besonders gut erkennbar und attraktiv.

In einer späteren Studie, die 2012 im ,Journal of Experimental Biology' veröffentlicht wurde (Titel: „Polarotactic tabanids find striped patterns with brightness and/or polarization modulation least attractive: an advantage of zebra stripes") entdeckten die Wissenschaftler im Rahmen einer Testreihe eine weitere Besonderheit, die ebenfalls für einiges Aufsehen sorgte: Durch Versuche mit lebensgroßen Pferdemodellen mit dunkler, weißer, gestreifter und gepunkteter Fellfarbe fanden sie heraus, dass das Streifenmuster von Zebras offenbar ebenfalls eine stark insektenabwehrende Wirkung hat – und zwar umso besser, je schmäler ihr Streifenmuster ist, d. h. die schmalsten Streifen zogen auch die wenigsten Insekten an. Sie führten diese erstaunliche Wirkung ebenfalls auf die unterschiedliche Polarisation des Lichts zurück: Während linear polarisiertes Licht (etwa von einem schwarzen oder dunkelbraunen Fell) für Bremsen besonders attraktiv ist, könnte die Durchbrechung dieser Polarisation durch weiße Streifen die Insekten verwirren und so fernhalten.
Diese zweifellos bemerkenswerte Erkenntnis macht man sich mittlerweile auf vielfältige Weise zunutze – so gibt es bereits Fliegendecken im Zebra-Look, und auch zahlreiche Pferdebesitzer, die ihrem Pferd die Streifen einfach mit Farbe aufs Fell malen.

Die Studien brachten also durchaus einen praktischen Nutzen – was auch Prof. Susanne Åkesson in ihrer Dankesrede auf humorvolle Weise betont: „Wir haben herausgefunden, dass man besser ein weißes Pferd sein sollte als ein schwarzes, wenn man nicht von Pferdebremsen gebissen werden will“, so Akesson. „Man kann aber auch im Zebra-Look gehen oder gepunktet – wie ich heute Abend.“

Nicht verkneifen konnte sich die Jury einen kritischen Seitenhieb auf den Autohersteller Volkswagen: Dieser erhielt nämlich den Ig-Nobelpreis in der Kategorie Chemie – und zwar für  „die Lösung des Problems des übermäßigen Ausstoßes von Autoabgasen, indem automatisch elektromechanisch weniger Abgase produziert werden, wenn die Autos getestet werden", so Moderator Marc Abrahams. Wer den Schaden hat, hat eben auch den Spott...

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