Totilas bringt Verband in Bedrängnis

Foto: Wunderpferd Totilas und Dressurreiter Matthias Rath stehen wegen der umstrittenen Rollkur unter Beobachtung - Fotograf: Carmen Jaspersen - dpa

Foto: Wunderpferd Totilas und Dressurreiter Matthias Rath stehen wegen der umstrittenen Rollkur unter Beobachtung - Fotograf: Carmen Jaspersen - dpa

 

 

Balve (dpa)Totilas zieht wieder einm al alle Aufmerksamkeit auf sich. Doch bei den deutschen Meisterschaften an diesem Wochenende in Balve werden das Ausnahmepferd und der Dressureiter Matthias Rath diesmal weniger bewundert, sie stehen vielmehr unter besonderer Beobachtung.

 

Denn die Diskussion um die bei Totilas angewandte umstrittene Rollkur hält an und hat die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) in ein Dilemma gebracht: Erfolg oder Ethik, Medaillen oder Moral?

 

Auslöser der Diskussionen waren die Vorfälle auf dem Abreiteplatz in Hagen a.TW. Ende April. Bei dem Turnier hatten Rath und Totilas nach achtmonatiger Pause ein starkes Comeback gegeben und die Hoffnungen auf erfolgreiche Olympischen Spiele in London geschürt. Auf den Grand Prix bereitete der 27-Jährige den Hengst allerdings mit der umstrittenen Rollkur vor. Neu-Bundestrainer Jonny Hilberath ermahnte den Reiter sowie dessen Trainer und Vater Klaus Martin Rath daraufhin.

 

Bei der Rollkur wird das Pferd mit einer engen Kopf-Hals-Einstellung geritten, sie wird offiziell auch LDR (low-deep-round/niedrig-tief-rund) oder Hyperflexion genannt. Die meisten deutschen Dressur-Experten kritisieren die Methode. Ihrer Ansicht nach werden Schmerzen zugefügt, um das Tier zu unterwerfen.

 

Die Bilder vom Totilas-Training führten zu einer Flut von E-Mails und Briefen. «Die Reaktionen waren sehr durchwachsen», berichtete FN-Geschäftsführer Dennis Peiler. In einer Erklärung distanzierte sich die FN von der Trainingsmethode und wies auf die klassische Reitlehre hin. Zugleich betonte sie, dass Rath nicht gegen den Tierschutz oder Regeln verstoßen habe. Kurz danach folgte eine weitere Mitteilung mit ähnlichem Inhalt vom Dressurausschuss-Vorsitzenden Klaus Roeser. Der Hinweis auf die klassische Reiterei fehlte jedoch.

 

Trainer Klaus Martin Rath hatte die Methode damit verteidigt, dass Totilas in den Niederlanden sechs Jahre lang genauso trainiert wurde. Noch vor zwei Jahren zählten er und sein Sohn indes zu den Unterzeichnern einer Petition für die Abschaffung der Rollkur. Nach der Übernahme des Pferdes Ende 2010 hatten sie es auch zunächst mit ihrer eigenen Reitweise versucht. Nun scheint es aber so, dass der zwölfjährige Hengst nicht anders zu Höchstleistungen angetrieben werden kann. Und einen Totilas in Bestform braucht die Dressur-Equipe, will sie in London wieder um Gold reiten.

 

Der Verband und der Bundestrainer bemühen sich nun, das Thema zu entschärfen. «Ich habe in Hagen klar Stellung bezogen. Mehr gibt es nicht dazu zu sagen», betonte Hilberath. Es habe im Reitsport schon immer Individualisten gegeben. Sein Verhältnis zu Rath jr. und Rath sen. bezeichnete er als gut und offen. «Da gibt es keine Spannungen zwischen Bundestrainer, Heimtrainer und Reiter.»

 

Sportchef Peiler warb um Differenzierung: «Schwarz-Weiß-Malerei wird der gesamten Situation nicht gerecht. Unser Idealweg ist die klassische Reiterei. Doch nicht alles, was nicht den Richtlinien entspricht, ist außerhalb des Regelwerks.» Bilder wie in Hagen werde es nicht wieder geben - davon sind Peiler und Hilberath überzeugt.

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