Spitzensport im Sattel, Fahrkünstler an den Leinen, ein tolles Schauprogramm und eine bunte Messe mit einem riesigen Angebot: Die Faszination Pferd, die vom 28. Oktober bis 2. November in der Nürnberger Frankenhalle im Rahmen der Consumenta über die Bühne gegangen ist, hat auch heuer für Begeisterung nicht nur bei Pferdefreunden gesorgt.
Über 163.000 Besucher zählte die veranstaltende AFAG Messen und Ausstellungen GmbH an den sechs Tagen, ein Großteil davon fand auch den Weg zu den Pferden. Und es sollte sich lohnen.
Gleich am ersten Tag gab sich die Prominenz im Springsattel ein Stelldichein. So holte sich mit Michael Jung Deutschlands erfolgreichster Vielseitigkeitsreiter die erste goldene Schleife über die bunten Stangen. Mit Captain Sparrow war der Olympiasieger, Welt- und Europameister aus Baden-Württemberg an den Start gegangen und kassierte den Sieg. „Nürnberg ist für mich die ideale Vorbereitung auf das Stuttgarter Hallenturnier, denn die Pferde müssen sich erst an die beheizte Halle gewöhnen“, so der erfolgreiche Buschreiter.
Im nächsten Springen, einem S*, setzte sich Felix Haßmann (Lienen) mit SL Brazonado an die Spitze, gefolgt vom amtierenden bayerischen Meister Edwin Schmuck aus dem schwäbischen Illertissen, der seinen Aclatron schnell und sicher über die Hindernisse lotste. Spannend für die Zuschauer auf den vollen Rängen wurde es vor allem beim Barrierenspringen, als 19 Starter um Sieg und Preisgeld kämpften. Fünf Runden lang, davon vier Stechen, flogen da die Pferde über immer höhere Sprünge, am Ende lag die oberste Stange in satten 1,92 Meter Höhe. Nur Bernd Hofbauer vom RFV Straubing gelang mit seinem siebenjährigen bayerischen Hengst Quite’s Prince das Kunststück, im letzten Stechen noch eine Nullrunde zu liefern – der Sieg war den beiden Bayern sicher. Ein wachechter Franke holte sich die letzte goldene Schleife des Auftakttags: Hans-Peter Konle aus Küps jagte mit Cobelix in Rekordzeit durch den Stechparcours des S** und verwies mit der schnellsten Nullrunde die Konkurrenz auf die Plätze.
Weiter ging’s mit ganz großem Springsport am zweiten Tag der Faszination Pferd. Denn auch da waren wieder Springprüfungen bis zur Klasse S** ausgeschrieben. Sportlicher Höhepunkt war der Große Preis. 23 Aktive waren an den Start gegangen, sieben schafften den Einzug ins Stechen. Am Ende ging der Sieg an Michael Kölz (Leisnig) mit dem sächsischen Staatshengst FST Dipylon vor Felix Haßmann (Lienen) und Cayenne. Auf Rang 3 kämpfte sich mit Ina von Bormann (Jettingen) eine bayerische Amazone auf der sprunggewaltigen Rahmannshof Stagoldina. Fest in bayerischer Hand waren die Prüfungen, die im Lauf des Tages über die Bühne gegangen waren. Mit Asti hatte sich Lokalmatadorin Nicoletta Stein an die Spitze in einem Punkte-S** gesetzt. In 43,83 Sekunden fegte die Heroldsberger Amazone durch den Parcours, sammelte 65 Punkte und kassierte dafür am Ende die goldene Schleife.
Auch in einem weiteren Springen blieb der Triumph in Franken. So konnte Hans-Peter Konle aus Küps mit Coco Chanel den Sieg in einem S* holen, nachdem er am Auftakttag mit Cobelix bereits eine S**-Prüfung für sich entschieden hatte. Ein weiterer Sieg gelang auch Edwin Schmuck, der mit Aclatron sein bayerisches Meisterpferd unter dem Sattel hatte und den zehn Jahre alten Bayernwallach in der schnellsten fehlerfreien Runde durch den Parcours eines S* steuerte.
Reserviert für die Jugend war der Donnerstag bei der Faszination Pferd. Junioren im Spring- und Dressursattel und Ponyreiter kämpften da um Siege und Platzierungen. Gleich zum Auftakt gab es eine Dressurprüfung der Kl. L**, die als Finalwertung zum Bayern Pony Cup zählte, einer beim Nachwuchs äußerst beliebten Serie, die bayernweit an zahlreichen Stationen während der gesamten Saison ausgetragen wird. Die meisten Punkte sammelte hier Leah Schneider vom Stall Eiben Münchberg mit dem zehnjährigen Chippendale.
Für die jungen Spezialisten im Springsattel waren in Nürnberg zwei Wettbewerbe zu reiten. In einem L-Springen setzte sich Leonie Weirich aus dem oberbayerischen Erding mit Carabas an die Spitze, gefolgt von Victoria Steininger (Markt Schwaben) mit Nugget. War es hier „nur“ der 2. Platz, so schnappte sich die junge Amazone in dem folgenden L mit Stechen den Sieg, nachdem sie als eine von fünf Nullrunden den Umlauf beendet hatte und tauschte quasi den Platz mit Leonie Weirich, die hier Rang 2 belegte.
Zwei Prüfungen standen am Donnerstag ganz im Zeichen des NÜRNBERGER Burg-Pokals für den Nachwuchs. So holte sich im Finale der Regionalsieger im NÜRNBERGER Burg-Pokal in der Dressur Selina Söder (RG Himmelgarten) mit Schapur den Titelgewinn, während der Sieg im Lager der Springreiter eine Beute von Charlotte Whittaker (Englhör) mit Belmont Virlandie wurde.
„Ich liebe Nürnberg und seine Reitsportfans“, stellte Deutschlands bekannteste Dressurreiterin Isabell Werth am Freitag fest, als sie in der Frankenhalle die Einlaufprüfung zum NÜRNBERGER Burg-Pokal der Dressurreiter gewann. Schon 2013 landete die fünfmalige Olympiasiegerin bei der Faszination Pferd mit einem jungen Pferd den großen Coup, heuer setzte sie sich in der wichtigsten Turnierserie für Nachwuchspferde im deutschen Dressursport mit Emilio erneut auf den 1. Platz. Dass der achtjährige westfälische Wallach sich in der fränkischen Metropole so gut präsentieren würde, damit hatte Isabell Werth nicht unbedingt gerechnet. „Ich bin begeistert von ihm, er hat so toll mitgemacht“, freute sich die Rheinbergerin am Ende. Damit aber nicht genug: Auch der sportliche Höhepunkt des Freitags bei Nordbayerns größter Indoor-Veranstaltung rund ums Pferd wurde zu einem Fest für Isabell Werth: Mit ihrem Paradepferd El Santo legte die 45-Jährige eine beeindruckende Vorstellung hin und holte sich auch im Grand Prix die goldene Schleife. Zu den Klängen von Frank Sinatras „New York, New York“ zeigten Pferd und Reiterin dann in der Siegerehrung vor vollen Rängen eine tolle Passagerunde – Stimmung pur in der Frankenhalle. „Jetzt sind wir mit unserem Konzept, Spitzensport und Schau zu vereinbaren, da angekommen, wo wir hinwollten“, freute sich Turnierleiterin Jacqueline Schmieder angesichts der über 2000 Zuschauer, die allein bei den Dressurprüfungen die Ränge bevölkerten.
Ihr Glück kaum fassen konnte dann am Samstag eine der besten bayerischen Nachwuchsreiterinnen: Auf ihrem Wallach Wunderkind holte sich Stefanie Weihermüller aus dem fränkischen Bayreuth den ersten Grand Prix Special Sieg. „Ich bin total platt, damit habe ich bei diesem hochkarätigen Starterfeld niemals gerechnet“, strahlte die Dressurreiterin, nachdem sie die goldene Schleife in Empfang genommen hatte. Große Freude herrschte auch bei Isabell Werth. Die fünffache Olympiasiegerin gewann mit Emilio nach dem Sieg in der Einlaufprüfung auch die Qualifikation zum NÜRNBERGER Burg-Pokal der Dressurreiter und darf damit beim Festhallenturnier in Frankfurt im Dezember an den Start gehen. „Ein tolles Pferd mit viel Potenzial für die Zukunft“, zeigte sich auch Hans-Peter Schmidt, Aufsichtsratsvorsitzender der NÜRNBERGER Versicherungsgruppe und Präsident des Bayerischen Reit- und Fahrverbands begeistert.
Drei „Grandes Dames“ der Dressur boten dann am Samstag im Rahmen des Top Galaabends vor rund 3500 Zuschauern Küren vom Feinsten. Isabell Werth mit El Santo, Renate Voglsang mit Fabriano und Uta Gräf mit Dandelion hatten sich qualifiziert, ließen ihre Pferde zu mitreißenden Klängen in selbst gewählter Choreographie durchs Licht der Scheinwerfer tanzen und ernteten große Begeisterung. Am Ende holte sich Werth auch hier den Sieg vor Voglsang und Gräf.
Ein Forum für die Fahrer bot die Faszination Pferd dann am Sonntag Vormittag. Für den Nachwuchs im Einspänner ging es da um das Finale des NÜRNBERGER Burg-Pokals, das schließlich mit der erst zwölf Jahre alten Hannah Rietzler die jüngste Teilnehmerin gewinnen konnte. Eingespannt hatte die Nachwuchsfahrerin vom RFV Rettenberg ihre Stute Katinka. Begeisterungsstürme auf den vollen Rängen gab es beim Jump and Drive, bei dem je ein Reiter und ein Fahrer einen Parcours mit Indoor-Geländehindernissen bewältigen mussten.
Nächster Programmpunkt war die Pony Führzügelklasse mit Kostüm, bei der sich Eltern und Kinder die tollsten Verkleidungen einfallen lassen hatten. Vom „Bauer sucht Frau“ mit laut bimmelnder Kuhglocke über dekorative Sonnenblumen bis hin zum etwas verfrühten Nikolaus war da alles zu finden.
Krönender Abschluss: Ein Hallen-Geländeritt, für den sich 21 Starter eingetragen hatten. Und wieder war die Tribüne brechend voll, als die Buschreiter da in teils atemberaubendem Tempo mit ihren Pferden über die festen Hindernisse wie Hecken und Sträucher sausten. Lautstark fieberten die Zuschauer da mit, als die Aktiven in bester Vielseitigkeitsmanier den Parcours absolvierten. Allen voran lag am Ende eine junge Amazone: Anna-Katharina Vogel aus dem schwäbischen Biessenhofen, Mitglied des Bundeskaders und seit Jahren hocherfolgreich im Busch unterwegs, setzte sich mit Quintano P an die Spitze. Die 18-Jährige hat bei der Faszination Pferd übrigens ihren letzten Tag in der bayerischen Heimat verbracht: Am Montag macht sie sich mit ihren Pferden auf den Weg nach Warendorf, um dort an der Sporthochschule der Bundeswehr eine zweijährige Ausbildung zu beginnen.
PM/Martina Scheibenpflug