Foto: Paul Schockemöhle arbeitet als Trainer des ukrainischen Teams in London. - Fotograf: Uwe Anspach - dpa
London (dpa) - Der Trainingsanzug ist knallgelb mit Kringeln auf den Ärmeln, die Regenjacke sieht aus wie ein Schlafanzug - doch Paul Schockemöhle ist das völlig egal. «Ich weiß, ich sehe aus wie ein Papagei», sagt der Pferdehändler vergnügt.
Dass seine daheimgebliebene Frau ihn so im Fernsehen sehen könnte, stört ihn auch nicht weiter: «Die mag mich auch so.» Für seine zehnte Olympia-Teilnahme nimmt Schockemöhle das kunterbunte Outfit in Kauf.
Der 67-Jährige aus dem niedersächsischen Mühlen arbeitet als Trainer des ukrainischen Teams in London. Er betreut dabei die kurioseste Mannschaft des Wettbewerbs. Zwei Deutsche und ein Brasilianer bilden die Equipe zusammen mit Alexander Onischenko, dem «Reitsport-Abramowitsch». Wie der russische Öl-Magnat Roman Abramowitsch, der den Fußballclub FC Chelsea mit vielen Millionen in die internationale Spitze gehievt hat, so kauft der ukrainische Multimillionär für sein Nationalteam Spitzenreiter und Spitzenpferde ein.
«Olympia ist etwas besonderes, da muss man auch sowas mitmachen», sagt Schockemöhle zu seinem Mini-Job. Der ehemalige Weltklassereiter hat damit bereits Erfahrung: Reiter aus Saudi Arabien, China oder Südkorea hat er schon bei Olympischen Spielen gecoacht - und im Gegensatz zum koreanischen Trainingsanzug von 2004 ist die ukrainische Kleidung zumindest in der passenden Größe geliefert worden.
Dass die Ukraine ein Multi-Kulti-Team ist, stört den Unternehmer nicht. Dass deutsch die wichtigste Sprache im Team ist, macht es einfacher. Der frühere Junioren-Europameister Björn Nagel aus Friedrichskoog und die ehemalige Meisterin Katharina Offel aus Lohmar bilden den Kern des Teams - beide hatten vor der WM 2006 einen ukrainischen Pass bekommen. Vorbereitet wurde die Equipe von Heinrich-Wilhelm Johannsmann aus Gütersloh. Der «Kaiser», wie er in der Szene genannt wird, coacht nun gemeinsam mit Schockemöhle.
«Das sind gute Reiter», sagt Schockemöhle über Offel und Nagel: «Im deutschen Team hätten sie aber keine Chance gehabt.» Wie stark sie reiten können, haben die beiden 2006 bei der WM in Aachen bewiesen, als sie nur ganz knapp hinter den Deutschen als Team Ukraine Vierter wurden - damals zusammen mit zwei Belgiern
Mit Onischenko in der Equipe wird das schwer möglich sein. Der reiche Mann ist ein Amateur, seine Reitkünste sind vergleichsweise bescheiden. Im norwegischen Drammen und in Linz gewann die Ukraine in diesem Jahr zwar die Nationenpreise, doch Onischenko lieferte jeweils das Streichergebnis. In London ist er als 70. in der ersten Einzel-Qualifikation nach 18 Strafpunkten bereits ausgeschieden.
«Vor zehn Jahren war er das erste Mal bei mir», berichtet Schockemöhle. «Er ist reitsportbegeistert, das ist doch gut - egal wie er sonst ist.» Der Pferdehändler aus Niedersachsen, der selber dreimal Europameister war, profitiert von Onischenkos Leidenschaft, nicht nur durch seinen zehnten Olympia-Einsatz. «Die Pferde, die hier gehen, gehören alle ihm», sagt Schockemöhle über den Ukrainer - die meisten davon hat der clevere Unternehmer aus Niedersachsen vermittelt oder verkauft.