Foto: Auch Janne-Friederike Meyer leistete sich einen Abwurf. - Fotograf: Jochen Lübke - dpa
London (dpa) - Fassungslosigkeit und Entsetzen spiegelte sich nach dem völlig unerwarteten Aus in den Augen der deutschen Springreiter wider.
«Das ist eine Riesen-Riesen-Enttäuschung», sagte mit belegter Stimme Christian Ahlmann, der nach seinem Ausscheiden im olympischen Einzel-Wettbewerb nun auch mit der Mannschaft vorzeitig alle Chancen vergab. «Es ist bitter, so fahre ich jetzt nach Hause.» Ratlos standen am Sonntag in London derweil die Verantwortlichen am Rande des Abreiteplatzes, versuchten die Reiter und sich selber ein wenig zu trösten.
Keiner der vier Reiter war im Teamwettbewerb ohne Fehler geblieben. Zwölf Strafpunkte waren zu viel für den Einzug in die zweite Runde am Montag mit den besten acht Equipen. «Das ist eine ganz neue Erfahrung für uns», kommentierte Verbandspräsident Breido Graf zu Rantzau. «Damit haben wir uns vorher nicht beschäftigt.»
«Den Schreck muss ich erstmal verdauen», sagte der sichtlich mitgenommene Bundestrainer Otto Becker. «Das ist schon eine sehr große Enttäuschung. Da muss man gar nicht drumherumreden, aber ich kann der Truppe keinen Vorwurf machen. Sie hat alles gegeben. Wir hatten schon in der Vorbereitung viel Pech.» Vier Reiter waren in den vergangenen Wochen ausgefallen, darunter in Carsten-Otto Nagel der erfolgreichste Teamreiter der vergangenen drei Jahren. Das war offensichtlich nicht zu kompensieren.
Als Welt- und Europameister galt das deutsche Team trotzdem als einer der Favoriten. «Das kam in unseren Gedankenspielen nicht vor», sagte Sportchef Dennis Peiler das frühe Aus. Auch Goldfavorit Frankreich ist ausgeschieden, doch das war kein Trost. Hinter den mit nur einem Zeitfehler führenden Saudis liegen nun vier Teams mit vier Strafpunkten gleichauf auf Rang zwei: Schweden, Schweiz, Niederlande und Großbritannien.
Immerhin: Im Einzel haben Marcus Ehning, Meredith Michaels-Beerbaum und Janne-Friederike Meyer noch Chancen. «Wir müssen uns jetzt auf das Einzel konzentrieren», sagte Sportchef Peiler. Im Springen am Montag dürfen die drei als Einzelstarter reiten.
«Wir müssen das verarbeiten und weiterkämpfen», sagte der Bundestrainer. Ahlmann erklärte sogar: «Ich traue allen drei noch eine Einzelmedaille zu - wenn sie sich qualifizieren.» Nur die besten 35 dürfen am Mittwoch im Einzelfinale reiten. Dann starten alle wieder mit null Strafpunkten.
Stellvertretend für das deutsche Team war der Kommentar von Marcus Ehning. «Das war nicht mein bester Tag», sagte der Reiter aus Borken, dessen Plot Blue an der Mauer einen Abwurf hatte. «Ich weiß nicht, ob er noch im Mittagsschlaf war.» Ehning fasste zusammen: «Es war nicht rund.»
Wie er kehrte auch Janne-Friederike Meyer mit einem Abwurf aus dem Stadion zurück. «Wenn man schon so früh einen Fehler hat und hat den ganzen schweren Parcours noch vor sich, dann muss man kämpfen», sagte die Reiterin aus Schenefeld zu ihrem Auftritt mit Lambrasco. «Nach dem Fehler hat es ganz gut geklappt», sagte sie und schob einen Satz nach, der auch später Bestand hatte: «Die Enttäuschung bleibt.»
Noch schlimmer erwischte es Meredith Michaels-Beerbaum. Acht Strafpunkte sammelte die Reiterin aus Thedinghausen mit Bella Donna und lieferte damit das Streichergebnis. Sie selber habe vor dem ersten Abwurf eine Reitfehler begangen, «danach war die Konzentration ein bisschen weg». Ihre neunjährige Stute sei gut, «aber es fehlt einfach die Erfahrung».
Anschließend lagen die Hoffnungen auf Ahlmann, der als letzter Reiter fehlerfrei hätte bleiben müssen. Doch der Reiter aus Marl hatte ebenfalls einen Abwurf mit Codex One. Damit endete der Traum vom nächsten deutschen Edelmetall nach den Goldmedaillen der Vielseitigkeitsreiter.