Mitgliedsverbände aus West und Ost blickten auf 25 Jahre
Berlin (fn-press). An historischem Ort fanden jetzt in Berlin die Jahrestagungen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) statt. Vor 25 Jahren trafen sich in Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam erstmals Vertreter von Pferdesport und -zucht aus West- und Ostdeutschland zu ihrer ersten gemeinsamen Mitgliederversammlung. Ein Anlass, den Blick nicht nur in die Zukunft, sondern auch auf die Geburtsstunde der ostdeutschen Landes- und Pferdezuchtverbände und die Entwicklung von Pferdesport und Pferdezucht im letzten Vierteljahrhundert zu werfen.
,,Wir kommen nicht als Bittsteller, sondern wir haben auch etwas einzubringen", zitierte Hans-Joachim Begall, Geschäftsführer des Pferdesportverbands Mecklenburg-Vorpommern, die Worte des Interflug-Kapitäns und Springreiters Reinhard Knäblein aus Berlin, Vizepräsident des letzten Übergangskabinetts des Deutschen Pferdesportverbands der DDR (DPV), aus dem Jahr 1990. Seit die fünf neuen ostdeutschen Landesverbände am 5. Dezember desselben Jahres in die Deutsche Reiterliche Vereinigung aufgenommen wurden, zählen sie - nach einem Einbruch in den ersten Jahren - heute wieder 53.541 Mitglieder. ,,Und das bei sinkender Einwohnerzahl und entgegen dem FN-Trend", betonte Begall in seinem Rückblick und verbuchte dies u.a. als Erfolg der FN-Initiative ,,Vorreiter Deutschland". Auch sportlich haben die ostdeutschen Pferdesportler im vergangenen Vierteljahrhundert einiges aufzuweisen: ,,45 Deutsche Meistertitel und insgesamt 123 Medaillen haben sie bei den nationalen Titelkämpfen errungen. Bei Europa- und Weltmeisterschaften holten sie als Einzelne oder waren als Teamsportler beteiligt an 19 (11/8) Gold-, 16 (9/7) Silber- und 14 (6/8) Bronzemedaillen", rechnete Begall vor.
Gemeinsam gegen Pferdesteuer,,Wir haben gemeinsam manch große Hindernisse genommen, auch wenn es mal die falsche Wortwahl gab", schloss Hans-Joachim Begall seinen Rückblick und forderte die Anwesenden auf, in die Zukunft zu blicken und die Kräfte angesichts von Herausforderungen wie Pferdesteuer oder Angriffen von Tierrechtsorganisationen weiter zu bündeln. Mit einem klaren ,,Nein zur Pferdesteuer" sorgte daher auch Jörg Vogelsänger für Beifall unter den Delegierten aus Pferdesport und -zucht. Der Brandenburgische Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft gehörte neben dem Berliner Staatssekretär für Sport und Inneres, Andreas Statzkowski, sowie Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper und Schatzmeister Stephan Abel vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zu den zahlreichen Ehrengästen, die Peter J. P. Krause, Präsident der regionalen Pferdesportorganisation Berlin-Brandenburg, und Brandenburg-Anhalts Zuchtverbandspräsident Wolfgang Jung beim gemeinsamen Festabend begrüßen konnten.
DOSB-Präsident Hörmann: Lob für die FN,,Am Beispiel der FN sieht man, dass es gelingen kann, über Jahre hinweg Erfolge zu erzielen." DOSB-Präsident Alfons Hörmann, der als Ehrengast dem Verbandsrat seine Aufwartung machte, lobte den Verband nicht nur für seine sportlichen Leistungen, sondern auch als vorbildlich hinsichtlich Organisation, Aufbau und personelle Besetzung in Haupt- und Ehrenamt. ,,Kompliment! Die Deutsche Reiterliche Vereinigung zählt diesbezüglich zu den Top drei unter den deutschen Spitzenverbänden", sagte Hörmann, mahnte aber dennoch, sich immer wieder selbstkritisch zu hinterfragen. Hörmann riet auch dazu, den Kontakt zu den politisch Verantwortlichen zu halten, um eine Verschlechterung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu vermeiden. Den Status Quo zu erhalten, sei oft schon ein Erfolg, so der DOSB-Präsident.
Klare FN-Positionierung zur Pferdehaltung gefordertDamit schloss Alfons Hörmann an die Rede von Breido Graf zu Rantzau an, der eingangs gesagt hatte, dass man sich angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen nicht nur mit sich selbst beschäftigen könne. Dabei ging der FN-Präsident u.a. auf ein kürzlich gefälltes Urteil des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen ein, wonach eine bestimmte Pferdehalterin ihren Pferden sechs Stunden freien Auslauf pro Tag gewähren muss. ,,Ich stehe voll hinter der Forderung, dass unsere Pferde Raum zur freien Bewegung brauchen. Aber sechs Stunden jeden Tag?", sagte Graf zu Rantzau. ,,Die Experten betonen immer wieder, dass jeder Fall unterschiedlich ist, also auch separat zu beurteilen ist. Aber nimmt sich auch der verantwortliche Richter die Zeit, dies so zu bewerten? Vor allem, wenn er nicht die nötigen Fachkenntnisse hat? Wohl kaum. Ich wünsche mir daher, dass wir es schaffen, hier zu einer klaren Positionierung zu kommen, die die Leitlinien Pferdehaltung des BMEL untermalt." Mit seiner Aussage vertrat der FN-Präsident die Meinung des größten Teils der FN-Mitglieder. Eine erste Auswertung der großen Online-Umfrage der FN zur pferdegerechten Ausbildung und Haltung von Pferden ergab, dass drei Viertel der Reitvereinsmitglieder der Meinung sind, dass Training, Führanlage oder Wettkampf die freie Bewegung von Pferden kaum bis gar nicht ersetzen können. ,,Unseren Mitgliedern ist die Haltung ihrer Vierbeiner sehr wichtig, sagte FN-Generalsekretär, der erste Zahlen im FN-Verbandsrat präsentierte.
Spitzensport nach wie vor imageprägendZahlen aus der Umfrage griff auch Dr. Dennis Peiler, Geschäftsführer des FN-Bereich Sport, auf. So orientieren sich knapp 70 Prozent der organisierten Mitgliedschaft an positiven Beispielen aus dem Spitzensport, gleichzeitig distanzieren sich rund 90 Prozent von den Topstars, wenn diese nicht nach unseren Grundsätzen reiten. ,,Spitzensport ist nach wie vor imageprägend. Spitzensportler bieten Orientierung und können Vorbilder sein. Vereinzeltes Fehlverhalten kann jedoch das Bild einer ganzen Sportart schädigen", sagte er. In seinem Jahresbericht ging Dr. Peiler aber nicht nur auf vergangene Erfolge und die Erwartungen an Rio 2016 ein, er betonte auch die Bedeutung der Nachwuchsförderung. In diesem Zusammenhang galt sein Dank stellvertretend für alle Förderer der Horst Gebers Stiftung, die den Jugendspringsport im zweiten Jahr bundesweit unterstützt, sowie der Stiftung Deutscher Spitzenpferdesport. Diese fördert neben anderen Maßnahmen des DOKR auch ein neues Projekt, mit dem interessierte jugendliche Kaderreiter in den regionalen Medien positioniert und für den Auftritt in den Medien fit gemacht werden.
PM-Ponyspaß und Pferde für unsere Kinder Bei der Nachwuchsgewinnung setzt die FN aber nicht erst im Leistungssport an. ,,Die Arbeitsgruppe PM-Ponyspaß wird nicht müde, die Sensibilität für das Thema ,Kleine Kinder und Kleine Ponys' auf allen Ebenen weiter auszubauen", berichtete Dr. Peiler von den Aktivitäten der FN, bereits die Jüngsten für das Pferd und den Pferdesport zu gewinnen. Ähnliche Intention hat die Initiative ,,Pferde für unsere Kinder", ein gemeinnütziger Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, Kinder und Jugendliche mit dem Pferd in Berührung zu bringen. Georg Ettwig, Leiter der FN-Abteilung Marketing und Kommunikation und FN-Repräsentant der Initiative sowie Hengsthalter Thomas Caspar vom Gestüt Birkhof warben mit Nachdruck für ein aktives Zugehen auf die Zielgruppe. Es sei nur ein erster Schritt, möglichst viele Kindergärten mit einem Holzpferd auszustatten. Wichtiger noch sei, dem auch einen auch Kontakt mit echten Pferden folgen zu lassen. ,,Wenn wir den Zaun um unsere Ställe bauen, müssen wir in zehn Jahren vielleicht feststellen, dass es einen Zaun um unseren Zaun gibt und wir dann nicht mehr herauskommen", warnte Caspar davor, den Blick auf die Gesellschaft zu verlieren.
Neuer Pferdepass und German Horse Quality Die Initiative stieß auch bei den Vertretern der Zuchtverbände auf offene Ohren. Schließlich geht es für sie nicht nur um die Züchter, sondern auch die Absatzmärke von morgen. Für den Moment konnte Dr. Klaus Miesner, Geschäftsführer des Bereichs Zucht allerdings Erfreuliches berichten, sowohl was die momentan weitestgehend stabilen Bestands- und Bedeckungszahlen speziell in der Reitpferdezucht als auch das Abschneiden der Deutschen Pferdezucht innerhalb des internationalen Sports betrifft, den Auftritt der deutschen Pferdezucht bei den EM in Aachen 2015 sowie die erste Resonanz auf die das neue Hengstleistungsprüfungskonzept. ,,Die ersten Erfahrungen mit der neuen HLP-Konzeption zeigen, dass das Ziel voll erreicht wurde und es zunächst nur kleiner Nachbesserungen bedarf", freute sich Dr. Miesner. Weniger erfreulich sieht er die zu erwartenden Konsequenzen und Umsetzungen aufgrund neuer Vorschriften aus Brüssel. ,, Es ist erkennbar, dass das novellierte Europäische Tierzuchtrecht nicht die notwendigen Vereinfachungen und Klarstellungen bringen wird", erklärte er und ging weiter auf strittige Fragen ein, wie der künftige Equidenpass genau aussehen wird. Einigen konnten sich die deutschen Zuchtverbände allerdings auf ein Gütesiegel ,,German Horse Quality", das künftig national und internal auf die qualitative Wertigkeit deutscher Zuchtstandards hinweisen und sich zusätzlich neben den individuellen Zuchtverbandslogos entwickeln soll.