Zum Inhalt springen

Drücken Sie Öffnen / Eingabe / Enter / Return um die Suche zu starten

Das Modell der Clubturniere: Für Ruhm und Ehre?

Aufnahmegebühr, Mitgliedsbeiträge, Nenngelder und oft der Verzicht auf Preisgeld. In fast allen Reitsportdisziplinen gibt es Clubs, die ihren Mitgliedern regelmäßige Turniere unter besonderen Bedingungen bieten. Die Vor- und Nachteile.

Die schnelle Schleife? Auf manchen Clubturnieren ist die Chance einer Platzierung deutlich höher als in normalen ländlichen Wettbewerben.

Der Anruf eines erbosten Reiters bringt das Thema Clubturniere auf den Tisch. Er berichtet von gekauften Erfolgen, die durch das absichtliche Eingrenzen der Starterfelder auf besagten Turnieren möglich sind. Von Richtern, die dem Hausherren mit ihrer Notengebung zum goldenen Reitabzeichen verhelfen und von spontan in die frühen Morgenstunden gelegten Prüfungen, zu denen Reiter von außerhalb gar nicht anreisen können. Zugunsten derjenigen, die sich eine Platzierung damit regelrecht vor ihrem Ritt sichern. Neid? Missgunst? Oder der Fehler im System einiger dieser sogenannten Clubturniere?

Immer mehr solcher Clubs entstehen in fast allen Reitsportdisziplinen. Die einen nennen es Interessengemeinschaft, die anderen sprechen von einer Tour – eine Bedingung ist aber bei allen dieselbe: Wer zahlt, darf starten.

Geld für Helfer

Wie viel Geld erhoben wird, ist von Club zu Club verschieden. Ein jährlicher Mitgliedsbeitrag fällt bei den meisten an. Für die Teilnahme an den Turnieren kommen Nenn- und Startgelder hinzu und gegebenenfalls Mietpreise für die Unterbringung der Pferde. Bei den Amateurtouren auf internationalen Turnieren kommen teilweise sogar mehr als 1.000 Euro pro Startplatz zusammen. „Reitsport im Generellen kostet Geld. Ich denke, diesen Faktor kann man nicht von der Hand weisen, aber unser Modell ist absolut nicht unbezahlbar“, sagt Ullrich Kasselmann, Gründer des Ankumer Dressur Clubs, der im Frühjahr und Herbst Turniere auf der eigenen Anlage im niedersächsischen Ankum veranstaltet. Hier zahlt man für die Erst-Aufnahme in den Club 500 Euro und für den jährlichen Mitgliedsbeitrag 100 Euro. „Für die Reiter, die unsere Turnierserie regelmäßig nutzen, lohnt sich die Mitgliedschaft meist schnell.“ Schüler und Auszubildende bekommen Rabatte.

„Die Clubs ermöglichen eine leichte Finanzierung des Turniers ohne viele Sponsoren“, gibt Fritz Otto-Erley zu bedenken. Der Leiter der Abteilung Turniersport der Deutschen Reiterlichen Vereinigung blickt dabei auf die Entwicklung in den Vereinen. „Das ehrenamtliche System, das wir hier in Deutschland über Jahrzehnte hatten, beginnt zu kippen“, macht er bewusst. „Es gibt immer weniger freiwillige Helfer in den Vereinen und so bleibt den Veranstaltern von Turnieren oft nichts anderes übrig, als professionelle Einsatzkräfte zu bezahlen.“ Zwar fahren viele Reiter gerne aufs Turnier, haben aber selbst selten Zeit, sich zum Beispiel als Protokollant ins Richterhäuschen oder als Koordinator in die Meldestelle zu setzen. „Es beginnt schon beim Ansprechen von potenziellen Sponsoren“, erkennt Otto-Erley. „Kaum einer geht noch Klinkenputzen.“

Zu große Starterfelder

Ein weiterer Grund für die Entwicklung des neuen Modells ist das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage auf den ländlichen Turnieren. „Wir haben rund 8.000 Vereine, aber nur 3.000 Turniere gemäß der Leistungsprüfungsordnung (LPO)“, macht Otto-Erley deutlich. Das Resultat daraus sind riesige Starterfelder auf vielen Veranstaltungen, die von den Organisatoren kaum zu stemmen sind. Auch die sogenannte Startplatzbegrenzung, durch die auf vielen Turnieren mittlerweile nach einer gewissen Anzahl an Nennungen eine Prüfung für weitere Teilnehmer geschlossen wird, ist auf dieses Problem zurückzuführen.

Durch die Mitgliedsbeiträge begrenzen sich die Starterfelder auf den Clubturnieren von selbst. Doch die Entwicklung zeigt, dass immer mehr Reiter das Angebot nutzen. „Wir wollen mit unserem Club den Reitern der Leistungsklassen 1 und 2 die Möglichkeit bieten, ihre Pferde auch im Winter in passenden Prüfungen vorstellen zu können. Bis dato gab es nur sehr wenig Hallenturniere, die passende Prüfungen ausgeschrieben haben“, erklärt Silvia Burfeind, Mitgründerin des Dressurclubs Nord. Diese Intention vertreten auch viele weitere Clubs. Jungpferdeprüfungen und Prüfungen der mittelschweren bis schweren Klasse sind für ihre Kernzielgruppe interessant, um junge Pferde oder Korrekturpferde auf größere Aufgaben vorzubereiten.

Die schnelle Schleife?

Aber auch Amateure, die die höheren Klassen anstreben, nutzen die neuen Chancen auf den Clubturnieren. „Es gab hierzulande einfach wenig Möglichkeiten, sich zu entwickeln und Erfahrung zu sammeln, weil Turniere mit schweren Prüfungen wegbrachen oder die Konkurrenz so groß war, dass man sich für manche Prüfungen nicht qualifizieren konnte", berichtet Bettina Schulte-Übermühlen. Auch sie gründete vor einigen Jahren einen Dressurclub, der regelmäßige Turniere im Ammerland anbietet.

Besonders in der Dressur hält sich der Vorwurf gegenüber den Clubturnieren hartnäckig, dass diese als einfache Möglichkeit genutzt werden, um Verkaufspferde zu platzieren oder als Reiter Platzierungen zu sammeln. „Es gibt fraglos Clubs, in denen absichtlicht relativ diskret agiert wird“, bestätigt Fritz Otto-Erley.

Denn je geschlossener die Gesellschaft ist, desto höher stehen die Chancen der Beteiligten auf Erfolg. Das kann tatsächlich so weit führen, dass nur fünf Reiter in einer Prüfung am Start sind und eine Note mit einer Fünf vor dem Komma dennoch zu einer guten Platzierung führt. So bekommen Reiter das Goldene Reitabzeichen aufgrund von zehn Siegen in der Klasse S verliehen, die sie ausschließlich auf besagten Clubturnieren erritten haben. „Das ist ganz klar Wettbewerbsverzerrung, die es in Einzelfällen aber schon immer gab“, sagt Otto-Erley. „Das Problem ist der FN bewusst und wir arbeiten in einem Kreis von Experten daran, es zukunftsorientiert in den Griff zu bekommen.“ Wie die Pläne konkret aussehen, ob in Zukunft beispielsweise in der LPO ein Mindestprozentwert in der Notengebung für eine Platzierung vorgegeben wird, steht noch nicht fest.

Die Entwicklung der populäreren Clubs zeigt, dass immer mehr Reiter eintreten und sich damit eine gesunde Konkurrenz entwickelt. „Bei uns führt ausschließlich gute Leistung zum Erfolg“, betont Ullrich Kasselmann. „Die Kontinuität zeigt, dass sich viele Reiter, egal ob Profi oder Amateur, im Rahmen unserer Turnierserie stetig weiterentwickeln.“ Silvia Burfeind bestätigt ebenfalls, dass es Aufgabe des Veranstalters sei, verantwortungsbewusst mit den Ausschreibungen der Prüfungen umzugehen. Zu einer Chancengleichheit trägt auch ein häufig wechselndes Richtergremium bei.

Was viele Clubturniere gemeinsam haben, ist der Verzicht der Teilnehmer auf Preisgeld. In der LPO steht zwar geschrieben, dass ein Gesamtgeldpreis für jede Prüfung auszuschreiben ist, doch ausgezahlt werden muss dieser nicht zwangsläufig (siehe dazu auch Kasten oben). Bis zur Klasse M wird vom Teilnehmer laut Ausschreibung der sogenannte Einsatz, eine Art Startgeld, gefordert, der sich aus drei Euro Organisationsbeitrag und drei Prozent des jeweiligen Gesamtpreisgeldes zusammensetzt. Dies ist auch auf den meisten Clubturnieren der Fall, selbst wenn kein Preisgeld ausgezahlt wird. Ab der Klasse S wird generell ein Startgeld beansprucht.

Im Ankumer Dressur Club wurde ein sogenanntes Miles & More System entwickelt, „in dem wir unseren Mitgliedern 30 Prozent ihres Gewinngeldes auf ihrem persönlichen Punktekonto gutschreiben“, erklärt Kasselmann. „Mit diesen Punkten können sie dann unterschiedliche Leistungen bezahlen. Im Angebot sind beispielsweise Tickets für das Turnier Horses & Dreams.“

Internationale Vorbilder

Bislang sind die Einsteigerklassen auf den Clubturnieren eher selten vertreten. Doch die Zielgruppe wächst. Eine Konkurrenz für die Veranstaltungen der ländlichen Vereine soll dieses System aber grundsätzlich nicht werden. „Deshalb veranstalten wir nur Turniere in den Wintermonaten“, betont Silvia Burfeind.

Allerdings scheint die Turnierlandschaft generell im Umbruch zu sein. „Letztendlich sind es Einflüsse aus dem internationalen Sport, die auf die nationalen Veranstaltungen überschwappen“, blickt Fritz Otto-Erley auf das gesamte Turniergefüge. „Die Global Champions Tour ist beispielsweise auch nichts anderes als eine geschlossene Gesellschaft. Mit ihr ist das bisherige Turniergeschehen des Weltreiterverbandes ins Wanken geraten. Und genauso geht es den ländlichen Turnieren mit ihrem Regelwerk, ihren Ranglisten und ihren Auszeichnungen.“

Ob die Clubturniere ein Modell der Zukunft sind, wird kontrovers diskutiert. „Die klassischen Formate bleiben erhalten“, ist sich Otto-Erley sicher. Bettina Schulte-Übermühlen sieht hingegen die Clubveranstaltungen ganz klar als Turnierformat der Zukunft. „Ich denke, dass wir hier diesbezüglich amerikanische Verhältnisse bekommen werden. Dort ist dieses System schon seit langem normal.“ Es wird sich zeigen, wie (un-)bezahlbar die Turnierreiterei dann ist.

Info:

Preisgeld vorgeschrieben

Die Leistungsprüfungsordnung (LPO) sieht in ihren allgemeinen Bestimmungen vor, dass in einer Prüfung 25 Prozent der Teilnehmer Anspruch auf Preisgeld haben, mindestens erhalten aber die Platzierten an erster bis vierter Stelle Preisgeld. Zwar kann in Absprache mit den Teilnehmern auf die Auszahlung verzichtet werden, so wie es bei vielen Clubturnieren der Fall ist. Es müssen aber grundsätzlich erst einmal Mindest-Gewinngelder in der Ausschreibung angegeben sein.