Distanzreiten als Tierquälerei :
„Was haben uns die Pferde getan?“

Ein Kommentar von Evi Simeoni
Lesezeit: 2 Min.
Abkühlung dringend nötig: Beim Distanzreiten werden die Pferde bis an ihre Erschöpfungsgrenze gebracht – und darüber hinaus.
Viele Pferde wurden auf den Pisten des Distanzreitens schon in den Tod gehetzt. Nun gibt es die vorsichtige Hoffnung, dass sich etwas ändern könnte. Doch striktere Regeln alleine reichen nicht.

Für die vielen Pferde, die im vergangenen Jahrzehnt auf den Pisten des Distanzsports zu Tode gehetzt worden sind, kommt natürlich jede Hilfe zu spät. Aber die Art und Weise, wie das Thema beim Sport-Forum der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) zuletzt in Lausanne behandelt wurde, wecken die vorsichtige Hoffnung, es könnte sich nun doch etwas ändern. So konkrete Töne wie vom Athletenvertreter der Distanzreiter, Tarek Taher, dazu öffentlich, sind in diesen Kreisen selten.

Der Pferdemann aus Saudi-Arabien scheint es leid, die Mitleidlosigkeit, mit der reiche Herren hauptsächlich aus den Golfstaaten ihre vierbeinigen Knechte schinden, vornehm als kulturelle Eigenheit zu umschreiben. Er stellte sich hin und redete vor den Delegierten Klartext. Dass Doping sich epidemisch ausgebreitet habe in diesem Sport, in dem Strecken bis zu 160 Kilometern zurückgelegt werden und die Durchschnittsgeschwindigkeiten auf alarmierende Werte gestiegen sind. Zwar gibt es bei Distanzritten tierärztliche Kontrollen, doch verfügen die Akteure und ihre Helfer über Mittel, die etwa den Puls senken und damit die Erschöpfung der Tiere verschleiern.

Jetzt ist Ultimo

Der ursprüngliche Sinn des Ganzen, die Kräfte eines anvertrauten Pferdes verantwortungsvoll einzuteilen, wird so ins Gegenteil verkehrt. Gleichzeitig, so Taher, seien gedopte Pferde schwerer zu reiten, was zum Einsatz von brutaler Zwangsausrüstung führt. Er fragte: „Was haben uns die Pferde getan, um eine solche Strafe zu verdienen?“ Taher beklagte zudem willfährige Kampfrichter und Veterinäre. Der Abbruch des Endurance-Rennens bei den Weltreiterspielen vergangenes Jahr in Tryon sei „der Strohhalm, der den Rücken des Kamels gebrochen“ habe, sagte er, was wohl so viel heißen sollte wie: Jetzt ist Ultimo.

Sechzehn Regeländerungen sind vorgeschlagen, darunter verschärfte Qualifikationskriterien für Reiter und Pferde und lange Zwangspausen, wenn ein Wettbewerb nicht beendet werden konnte. Hauptsächlich aber, so die einhellige Meinung in Lausanne, müsse sich dieser Sport moralisch ändern. Erziehung der Reiter und Trainer sei notwendig.

Was Zuhörer auf die naheliegenden Fragen bringt, ob zum Beispiel der siebzigjährige Mohammed al Maktoum, der Regent von Dubai, Distanz-Weltmeister von 2010 in Kentucky und bedeutender Drahtzieher nicht nur in diesem Sport, es begrüßen wird, vom Reiter-Weltverband erzogen zu werden. Und ob ein solches Ansinnen nicht beim FEI-Hauptsponsor Longines zu Verärgerung führen wird, der eng mit den Golfstaaten und besonders Dubai verbandelt ist. Die Frage ist: Wird es der FEI gelingen, nicht nur striktere Regeln einzuführen, sondern sie gegen die Macht des Geldes auch durchzusetzen? Die Alternative zu diesem Versuch wäre allerdings, die Pferde im Stich zu lassen. Und das ist keine.