Jörn P. Rebien

Die Stimmung um den Vorbereitungsplatz am Dressurstadion im Donaueschinger Schlosspark ist locker. Doch dann wird es plötzlich ernst. Kurze Kommandos zeigen, jetzt wird gearbeitet. Der Kommandogeber ist sicherlich der Prominenteste auf dem Platze. Der zweimalige Mannschafts-Olympiasieger Martin Schaudt aus Onstmettingen, braun gebrannt und gertenschlank, will eine Mission erfüllen. Sein Reiter auf dem 16-jährigen Wallach Despino kommt aus Korea. Der 29-jährige Young-Shik Hwang lernt seit nunmehr zwölf Jahren das große Einmaleins der Dressurkunst. Aus erster Hand, direkt vom Meister. „Er ist derzeit mein einziger Schüler, ich unterrichte nicht so gerne, sondern entwickle lieber junge Pferde“, sagt der Mann von der Zollernalb über seine Ambitionen, die seit längerer Zeit nicht mehr auf den Turnierplätzen liegen. Dafür ist inzwischen Ehefrau Jasmin zuständig.

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Doch bis es zum Ritt im Grand Prix im Donaueschinger Schlosspark gekommen ist, muss eine lange Geschichte erzählt werden. Die begann mit der Frage von Vater Hwang, ob Schaudt seinen Sohn zum Asienmeister coachen könne. Denn dann brauche der junge Mann nicht den zweijährigen Militärdienst antreten. Nach einigen Absagen, hielt Schaudt schließlich doch den Wunsch nicht mehr für ausgeschlossen. Das war genau der Moment, als die Zusammenarbeit begann. Und tatsächlich: Am 12. November 2010 wurde Young-Shik sensationell und punktgenau Asienmeister. Höhepunkt der Teamwork war dann vier Jahre später. In Incheon, nahe der koreanischen Metropole Seoul, wurde die Zusammenarbeit mit dem Doppeltitel im Einzel und mit der Mannschaft seines Heimatlandes in Asien gekrönt. Das machte Mong-Jin Chung, Industrieller mit Milliardenumsätzen, auf den jungen Reiter aufmerksam, der fortan zu seinem Sponsor wurde. Inzwischen bewohnt der Koreaner ein Appartment samt Ehefrau und Baby in Balingen und will sich auf Schaudts Zollernsteighof stetig weiterentwickeln. Dazu wurde Despino als potenzielles Olympiapferd geleast. Denn inzwischen wurde der Wunsch aus Asien laut, doch einmal die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 zu überdenken. Doch dazu bedarf es der Qualifikation. Nur zwei Reiter aus dem asiatischen Raum dürfen nach Tokio reisen. Dazu werden die besten vier Ergebnisse bis zum Jahresende in Punkte umgerechnet. Eines davon könnten die 68,261 Prozentpunkte werden, die am Samstag im Grand Prix de Dressage auf der Anzeigetafel standen. Gewiss gab es auch schon bessere Resultate. Vor allem aber auch die 70,660 Prozentpunkte im Grand Prix Special von Donaueschingen, die ihn zwischenzeitlich auf den ersten Platz der laufenden Wertung katapultierten.

Eltern extra angereist

Für eine Weile wird der Qualifikationsdruck erst einmal zur Seite geschoben. Die Eltern, Reisfarmer von Beruf, sind angereist und fiebern am Rande des Dressurvierecks mit, wenn Young-Shik konzentriert die Lektionen abspult. „Ich trainiere hart“, sagt der Reiter, „Probleme habe ich noch mit Passage und Piaffe“. Und über sein Training sagt der sympatische und äußerst zurückhaltende 29-Jährige: „Manchmal ist Martin fast zu freundlich, aber er kann auch Druck machen“.

Große Ehre

Gefeiert wird auch noch: Im Rahmen der Siegerehrung wurde dem Koreaner für seine Erfolge, darunter schon zweimal der Sieg bei den Meisterschaften der Dressurreiter in Baden-Württemberg, das „Goldene Reitabzeichen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung“ verliehen. Eine große Ehre für die angereiste Verwandtschaft, bei dieser Ehrung dabei sein zu dürfen.