Moment Mal! Über Frauen und Pferde

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Pferdebücher sind etwas für kleine Mädchen? Nicht unbedingt! St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer mit einem Lesetipp für lange Winterabende.

Frauen und Pferde, das Thema ist nicht wirklich neu. Aber es bleibt spannend. Meist geht es dabei um die vielen kleinen Mädchen, die in so erdrückender Überzahl die Ställe bevölkern, dass die Jungen schon keine Lust mehr haben mitzumachen, vor allem wenn ein paar Girlies an der Bande kichern und sich über die Reitversuche des stärkeren Geschlechts lustig machen.  Das nagt ganz klar am männlichen Ego.

Eine ganze Industrie lebt von pferdebegeisterten Mädchen. Viele Pferde sind inzwischen so mit Glitzerteilchen  und anderem Blingbling behängt und besprüht, dass Turnierrichter eine Sonnenbrille brauchen, um zwischen all dem Gefunkel noch Reiterin und Pferd zu erkennen. Kappe, Kragen, Handschuhe, Stirnbänder, Bandagen, das ganze Fell – nichts ist vor güldenem Schimmer sicher. Die Mode für Reiterinnen ist bunter und flotter geworden, war auch Zeit. Und viele Reiterinnen stylen sich und ihr Pferd so gekonnt, dass Karl Lagerfeld seine Freude hätte. Selbst die Zucht nimmt inzwischen darauf Rücksicht, dass sich Pferde, die „gut zu bedienen“ sind, leichter (und teurer) an die Frau zu bringen sind als die massiveren Modelle. Befeuert werden diese Trends durchs Internet, in denen Teenage-Bloggerinnen ihren gleichaltrigen Followerinnen einen vom Pferd erzählen.  So weit, so gut.

Frauen und ihre Pferde

Aber es gibt auch erwachsene Frauen, die sich ein Leben ohne Pferde nicht vorstellen können. Um solche Frauen geht es in dem Buch „Vom Glück, mit Pferden zu leben“ von Regina Stahl. Coffee Table Books werden diese aufwändigen Prachtwerke genannt, die von großen Fotos leben und deren Aufgabe es vor allem ist, dekorativ herumzuliegen. Die eher zum Blättern und Bildergucken als zum Lesen einladen. Nach „Frauen und ihre Schlösser“ und „Frauen und ihre Gärten“ , dachte ich, jetzt also „Frauen und ihre Pferde“ –  wer braucht denn so was?

Aber ein zweiter Blick lohnte sich dann doch. 21 Frauen schildern, wie sie ihren Traum vom eigenen Stall erfüllt haben.  Sehr verschiedene Frauen, allesamt  dem Swarowski-wohin-das-Auge-blickt-Alter entwachsen. Der Zugang zum Pferd könnte nicht unterschiedlicher sein, die eine organisiert Reitferien für Kinder, die andere versucht sich als Späteinsteigerin, die nächste entdeckt nach vielen Jahren den Turniersport für sich wieder. Bekannte Namen sind darunter: Bianca Kasselmann, zusammen mit ihrem Mann Ullrich Kasselmann erste Adresse für Auktionen und andere Luxuskäufe. Anja Plönzke, die inzwischen den Hengststall ihres Vaters managt. Eine der Jüngeren in der Reihe ist Springreiterin Laura Klaphake (25), eingebettet in eine Reiterfamilie, wo schon die Mutter und Großmutter im Sattel Bella Figura machten und des Vaters Arbeitgeber Paul Schockemöhle immer wieder gute Pferde zur Verfügung stellt, an denen allerdings immer auch ein Preisschild klebt – das sind dann schmerzhafte Abschiede.

Unverkäuflich

Für Mäzenin Madeleine Winter-Schulze ist es das Schönste, „ihre Jockeys“, nämlich Isabell Werth und Ludger Beerbaum auf Turniere zu begleiten. Die „Berliner Pflanze“ (Eigenauskunft) fühlt inzwischen pudelwohl mit Pferden und Hunden auf dem platten Land in Niedersachsen. Die heute 78-Jährige ist die einzige Frau, die Deutsche Meisterin sowohl in der Dressur als auch im Springen war. Heute bestückt sie ihre Schützlinge mit Top-Pferden wie Bella Rose, der vierbeinigen Weltmeisterin von Isabell Werth. „Die Pferde, die ich für meine Jockeys kaufe, sind unverkäuflich. Sie bleiben bei uns, bis sie umfallen. Gott sei Dank kann ich mir das leisten.“ So denkt längst nicht jeder, auch wenn er es sich leisten könnte.

Dressur-Bundestrainerin Monica Theodorescu erzählt von ihrer Pferde-Kindheit: „Ich saß auf dem Pferd, bevor ich  laufen konnte. Mein Vater hob mich einfach in den Sattel. So lernte ich schon früh die Welt aus der Reiterperspektive kennen.“ Der große Überblick, der kam ihr nicht nur als Weltklassereiterin zugute, auch in ihrem heutigen Job als Bundestrainerin. Sie hat alles bewiesen, daraus schöpft sie ihre Autorität. Die paart sie mit Taktgefühl, das auch mimosenhafte Dressurreiterseelen streichelt. „Schlank sieht nun mal eleganter aus“, sagt sie. Und werden es bei einem ihrer Schützlinge mal ein paar Pfund zu viel, dann ist die Bemerkung „Weihnachten war aber gut bei euch, oder?“ schon das Äußerste an Kritik. Aber die wird verstanden.

„Die Freudentänzerin“ nennt die Autorin das letzte Kapitel über Dressurkönigin Isabell Werth, die „Dressurissima“. Die spricht darüber, wie sie und Madeleine Winter-Schulze an gute junge Pferde kommen („Ich traue mir zu, dass ich schon bei einem dreijährigen Pferd erkenne, ob es Potential hat“) und hat am Ende sogar noch ein paar praktische Tipps parat, wie man einen Tag im Sattel von acht Pferden mit heiler Haut übersteht (mit Schrundsalbe und Gesäßcreme).  Das Buch macht Spaß und zeigt immer wieder neue Seiten der dargestellten Pferdefrauen, die uns überraschen.

Regina Stahl: Vom Glück mit Pferden zu leben. Callwey Verlag, München 2019, 240 Seiten, 39,95 Euro.nike air jordan 1 low outlet | do nike outlets sell jordan 1

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.