„2019 wird definitiv nicht mein bestes Jahr werden“

Der Gültsteiner Springreiter Mogheeth Alshehab (RFV Herrenberg) startet heute und morgen beim German Masters in der Stuttgarter Schleyerhalle. Im Interview berichtet er über zwei tragische Verluste und wie er sich mithilfe von Reitsport-Star Michael Jung aus Horb-Altheim auf das Turnier in Stuttgart vorbereitet hat.

Von Frank Häusler

Lesedauer: ca. 3min 24sec
Mogheeth Alshehab im vergangenen Jahr auf Camillo in der Schleyerhalle GB-Foto (Archiv): Häusler

Mogheeth Alshehab im vergangenen Jahr auf Camillo in der Schleyerhalle GB-Foto (Archiv): Häusler

„Gäubote“: Herr Alshehab, freuen Sie sich

schon auf den Start des German Masters in

der Hanns-Martin-Schleyer-Halle?

Mogheeth Alshehab: „Freuen auf alle Fälle, aber nicht wie im vorigen Jahr. Da bin ich zum allerersten Mal in Stuttgart geritten und das war deshalb etwas ganz Besonderes. Außerdem habe ich jetzt mein Ticket gleich mit zwei guten Platzierungen in den ersten Qualifikationen gezogen, erst auf Camillo als Vierter und dann auf Galina als Siebter. Die dritte Qualifikation habe ich gar nicht bestritten und die vierte Finalqualifikation nur, um nach dem Tod von Camillo zusätzlich das Pferd Easy als Ersatzpferd zu qualifizieren.“

Zu Saisonbeginn, obendrein nach

internationalen Top-Platzierungen auf

Camillo, dieses beste Pferd im Stall so plötzlich zu verlieren. Wie wurden Sie damit fertig?

„Deswegen ist bei mir in diesem Jahr alles ein bisschen durcheinander. Aber so tragisch wie das war, wurde mir schnell bewusst, dass ein Pferd nun mal nachziehen muss. Und das kommt auch bestimmt.“

Was ist Camillo, den Sie letzten November bei

Ihrer Stuttgart-Premiere ritten, passiert?

„Camillo hatte im Frühsommer ein Kehlkopfproblem, eine Kehlkopflähmung und nicht genug Luft bekommen. Nach mehreren Tierarztbesuchen in Deutschland wurde es nicht besser und ich war mit ihm bereits unterwegs nach Paris zu einem der weltbesten Tierärzte für Atemwegserkrankungen. Aber leider starb das Springpferd bei mir im Transporter bereits bei der Hinfahrt auf der Höhe von Straßburg. Ich sah nur noch in der Kamera, dass Camillo keine Luft mehr bekam und in Panik geriet. Sofort fuhr ich auf der Autobahn rechts heran, konnte ihm aber leider nicht mehr helfen.“

Wer soll in Zukunft die Rolle des

verstorbenen Paradepferdes übernehmen?

„Eigentlich wäre dafür der erst sieben Jahre alte Humphrey bestens geeignet gewesen. Er wurde aber leider vor zwei Wochen nach Holland verkauft. Jetzt bleiben mir für Zwei- oder auch Dreisterne-S-Prüfungen eben die beiden für Stuttgart qualifizierten Pferde, der zehn Jahre alte Easy und die zwei Jahre jüngere Galina. Und mit Easy habe ich diese Saison schon Zweisterne-CSI-Prüfungen international gewonnen. National siegte Galina in der Zweisterneklasse und auch sie kann wohl ebenfalls Dreisterne laufen.“

Welches der beiden Springpferde wird unter

Ihnen in der Schleyerhalle zu sehen sein?

„Ich werde mit beiden Pferden bei Michael Jung in Altheim noch mal springen. Ein gemeinsames Abschlusstraining mit Michi für Stuttgart und erst dann kurzfristig entscheiden, wen ich an den Start bringe. Eigentlich geplant ist der niederländische Wallach Easy.“

Wie klappt die Zusammenarbeit mit

Michael Jung?

„Super! Wir haben auch Freude daran und es passt. Das heißt, Michael Jung ist offen für alles mit mir. Seit einigen Wochen reitet er zum Beispiel mein Pferd Dante und hat mit ihm schon Fünfsterne-Springen gewonnen – das freut mich sehr. Wenn ich merke, dass ich im Stall ein Springpferd für den besseren Sport habe, kann ich immer etwas mit ihm zusammen machen.“

Was sagen Sie zu Ihrer Schülerin Anastasia Wetzstein, die sich als Vorjahresdritte in Stuttgart nun erneut fürs U-17-Burgpokalfinale qualifiziert hat?
„Sie ist mit ihrer Fuchsstute Cuddy stark dabei. Und damit zur Sicherheit ein zweites Pferd qualifiziert ist, ließ ich sie im Oktober in der letzten Finalqualifikation mit Erfolg mein Pferd Galita reiten. Sie darf ja wie auch ich im Hallenchampionat nur ein Pferd in Stuttgart reiten. Aber Cuddy ist fit und ich denke, dass sie mit ihr erneut in der Scheyerhalle antritt.“

Das Reitsportjahr neigt sich langsam dem Ende entgegen, wie fällt Ihr bisheriges Fazit aus?

„Neben der Erkrankung im Juni und dem späteren Verlust von Camillo, ist im Mai leider auch mein Vater verstorben. Da war bereits meine ganze Welt durcheinander, für mich war alles aus und ich wusste einen Monat nicht rechts oder links. Camillos Krankheit hatte mir dann zusätzlich Boden weggezogen und erst sehr langsam ist die Motivation wieder zurückgekommen. Man sagt immer, es muss irgendwie weitergehen und trotzdem war dieses Jahr sehr unruhig für mich. Das ganze Pech mit meinem Vater und meinem Pferd, 2019 wird definitiv nicht das beste meiner Jahre werden und ich hoffe auf 2020.“

Wie geht es nach der Schleyerhalle weiter?

„Eigentlich möchte ich nach Stuttgart ein bisschen Pause machen, da die Pferde seit Januar schon am Springen sind. Ich gehe also in Richtung Ruhe, aber wenn alles passt, dann bestreite ich im Dezember noch ein oder zwei CSI-Turniere in meinem Land. Vor allem würde ich mich darauf auch freuen, um dann meine Mama und meine Schwestern in Syrien zu treffen. Insgesamt, denn ich war 2019 wirklich lange weg, könnte es also gern mit meinem Reitsport zum Jahresende ruhiger werden. Für mehr Zeit mit meiner deutschen Familie und meiner syrischen Familie.“

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Erstellt:
13. November 2019

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