Zum Inhalt springen

Drücken Sie Öffnen / Eingabe / Enter / Return um die Suche zu starten

Chronischen Husten behandeln

Die Luft ist raus – aber was ist jetzt zu tun? Therapie-Ideen gibt es heute für COB-Patienten viele, aber was hilft wirklich? Ein Überblick.

Frische Luft zu jeder Jahreszeit ist die beste Husten-Prophylaxe.

Ein klares „Jein“ ist von Seiten der Experten zu hören auf die Frage, ob die chronisch-obstruktive Bronchitis überhaupt heilbar sei. „Nein, weil die grundsätzliche Veranlagung meistens genetisch ist, die Überempfindlichkeit bleibt und ist damit nicht heilbar. Ja, weil wir die Symptome durchaus verbessern können – manchmal sogar vollständig “, sagt Prof. Dr. Vinzenz Gerber von der Vetsuisse Uni Bern. Ein Pferd mit COB wird sein Leben lang übermäßig auf Staub, Schimmelpilzsporen oder Schadgase reagieren. Die wichtigste Maßnahme ist deshalb: Genau diese Auslöser zu eliminieren! Vor jeder tierärztlichen Behandlung steht das Management, die konsequente Verbesserung der Haltung und zwar so weit es für das Pferd notwendig ist. „Man muss auch ein bisschen ausprobieren, die Patienten reagieren unterschiedlich“, sagt Gerber. Bei chronischem Husten ist auch ein Stück Detektivarbeit vom Pferdebesitzer gefragt. Und viel Disziplin.

Sie wollen mehr über das richtige Gesundheitsmanagement von Pferden erfahren? Von der Expertise der besten Fachleute im Reitsport profitieren? Dann probieren Sie die Reiter Revue doch einmal im Abo aus. Sechs Ausgaben gibt es schon für 34,20 Euro. Hier geht es zum Angebot.

„Grundsätzlich sind die Stäube aus Heu und auch aus Stroh das größte Problem“, sagt Prof. Bernhard Ohnesorge. Also setzen wir beim Heu an. Das Heu sollte hochwertig sein, in keiner Weise muffig oder schimmelig riechen – auch bei gesunden Pferden nicht. COB-Pferde sollten gar kein trockenes Heu bekommen. Pferdehalter sollten Heu vor dem Füttern zehn Minuten durchfeuchten, es bedampfen, wenn man die Möglichkeit hat oder – falls das nicht ausreicht – sogar auf einen staubfreien Ersatz, wie Heulage umsteigen. Genügt die Veränderung beim Heu? Oft nicht, deshalb geht es an die Einstreu: Staubfreie Späne oder Leinstroh statt Stroh! „Man muss sich im Klaren sein, dass alles Stroh und Heu,auch wenn es noch so gut geborgen wurde, noch so hochwertig ist, immer einen gewissen Gehalt an Schimmelpilzsporen hat. Das ist für das Management der erkrankten Pferde sehr wichtig zu wissen! Denn selbst dieser geringe Gehalt reicht oft schon, um bei diesen empfindlichen Pferden die Symptomatik weiter zu unterhalten“, sagt Ohnesorge. Auch Kraftfutter kann man, wenn nötig, anfeuchten, sodass sich der Staub bindet und nicht vom Pferd eingeatmet wird.

Die Suche nach den Übeltätern

„Man sollte im Stall nach weiteren Quellen für Staub, Schadgase, Endotoxine suchen“, sagt Dr. Eva-Christina Schliewert, „steht das Pferd direkt unter einem Stroh- oder Heulager, helfen meine Maßnahmen am Boden natürlich nicht weiter, weil von oben ständig Staub herunterrieselt.“ Dann sollte der Pferdebesitzer das Pferd umstellen. Hilfreich ist auch, das Pferd während der Stallarbeiten wie Misten, Einstreuen, Fegen oder Füttern aus dem Stall zu nehmen. Oder beispielsweise die Stallgasse vor dem Fegen anzufeuchten.

Besonders jetzt im Winter werden viele Ställe geschlossen. Weil uns Menschen kalt ist und wir den Eindruck haben, es zieht. Dabei ist es oft nur die Kälte und nicht etwa Zugluft, die uns schaudern lässt. Für Pferde aber ist Kälte kein Problem – Wärme, hohe Luftfeuchtigkeit und wirkliche Zugluft umso mehr. Pferde gehören an die frische Luft, erst recht COB-Patienten! Paddockboxen sind unter den Einzelboxen die ideale Lösung. So viel Auslauf wie irgend möglich ist die Devise. Offen- und Aktivställe sind, was die Frischluft angeht, ideal, aber auch hier gilt es Staub und Co. fernzuhalten. Übrigens auch beim Reiten – inhaliert das Pferd den feinen Staub des Hallenbodens, weil er zu trocken ist, kann es zu einer akuten Verschlechterung kommen.

Misten, fegen und auch füttern sind tägliche Stallarbeiten, die Staub und Schimmelpilzsporen aufwirbeln. Für COB-Pferde ist das Gift. Sie sollten deshalb während dieser Arbeiten nicht im Stall stehen.

Reichen all diese Maßnahmen nicht aus oder verschlechtert sich der Zustand des chronisch lungenkranken Pferdes akut, kommen der Tierarzt und Medikamente zum Einsatz. Dazu gehören Wirkstoffe, die die Atemwege öffnen, den Bronchospamus lösen, das sind sogenannte Bronchienweitsteller wie Clenbuterol. Als Schleimlöser werden Dembrexin oder das Acetylcystein eingesetzt, „die Wirkung dieser Schleimlöser ist wie beim Menschen etwas in Frage zu stellen, sie ist schwer zu prüfen. Trotzdem zählen sie zur Standardtherapie“, sagt Prof.Ohnesorge. Um die gereizte Schleimhaut zu beruhigen und nicht weiter durch Entzündungsherde zu schädigen, greift der Tierarzt üblicherweise zu Kortison-Präparaten.

Der Nordsee-Effekt

Immer beliebter geworden ist in den vergangenen Jahren der Einsatz von Inhalatoren (siehe Seite 58). Die Geräte sind teuer in der Anschaffung und werden deshalb mittlerweile in Tierkliniken gegen eine Leihgebühr herausgegeben. Über die positive Wirkung sind sich die Experten einig. Medikamente können gezielter, in kleinerer Dosis verabreicht werden. Allerdings ist die Gabe, beispielsweise von Kortison-Präparaten, nur zulässig, wenn ein sogenannter Therapienotstand herrscht. Eine rein rechtliche Krücke für den Tierarzt. Die Inhalation mit Kochsalzlösung dagegen ist unproblematisch und kann zur Dauerlösung für COB-Pferde werden. Eine Art Nordsee-Effekt: salzhaltige Luft befeuchtet die Atemwege, verflüssigt den zähen Schleim. Apropos Nordsee: Lungen-Urlaub an der Küste, mindestens über mehrere Wochen, könne auch beim Pferd erfolgreich sein, sagt Tierärztin Schliewert. Trotzdem muss sich zu Hause einiges ändern, sonst verpufft der Effekt wie eine Seifenblase. Aber zurück zur Inhalation mit Kochsalzlösung: „Sie bringt für viele Pferde eine Erleichterung. Man kann zum Beispiel beim Putzen den Inhalator anlegen. Beim anschließenden Vorwärts-abwärts Reiten schnaubt das Pferd diesen verflüssigten Schleim ab“, erklärt Dr. Schliewert.

Bewegung als Medizin

Kann ein Pferd mit COB denn überhaupt normal weiter gearbeitet werden? Viele Reiter und Pferdebesitzer werden hier unsicher. „Die Grundregel lautet: Diese Pferde sollen nicht stehen, sondern bewegt werden – entsprechend ihrem Krankheitsgrad“, sagt Prof. Ohnesorge. Die geringgradig erkrankten Pferde können und sollten fast normal belastet werden, gerade wenn sie optimal gehalten werden und die Symptome so gut wie verschwunden sind. „Denn Bewegung und Belastung wirkt auch gegen die Obstruktion. Das Sekret wird herausgespült, der Körper schüttet Adrenalin aus, das ist wie ein körpereigenes Medikament gegen den Bronchospasmus, er öffnet sich“, sagt Ohnesorge. „Und selbst die hochgradig erkrankten Pferde sollten bewegt werden, aus dem gleichen Grund.“

Ein akuter Fall mit Fieber ist dagegen immer mit Ruhe verbunden. Eine alte Regel, die immer noch gültig ist, heißt: Pro Fiebertag eine Woche Schonung, Schrittbewegung. Bei akuter Atemnot eines COB-kranken Pferdes ist ebenfalls Ruhe angesagt – und sofort frische Luft. „Denn diese plötzliche Atemnot tritt häufig dann auf, wenn das Pferd einer Staubbelastung ausgesetzt wird“, sagt Prof. Ohnesorge. Die Exazerbation gleicht einem Asthmaanfall des Menschen. Der Tierarzt muss schnellstmöglich den Bronchospasmus lösen. „Es gibt auch Pferde, die kommen aus dieser schweren Atemnot nicht mehr heraus. Die sterben zwar nicht daran, aber wenn man sie nicht mehr behandeln kann, muss man aus Tierschutzgründen zur Euthanasie raten. Weil die Schäden an der Lunge so schwerwiegend sind, dass sie sich nicht mehr rückgängig machen lassen“, sagt Ohnesorge. Genau diese irreversiblen Schäden gilt es zu vermeiden.

Hier können Sie sich die Reiter Revue, Ihren persönlichen Begleiter für gutes Reiten und gesunde Pferde, im Halbjahresabo sichern.

Von Akupunktur bis Omega3

Der Markt hält allerlei Möglichkeiten für Pferdebesitzer bereit, Kräuter, Homöopathie, Akupunktur, Urlaub an der Nordsee oder in einem Reha-Stall für Lungenpatienten. Laut einer sehr jungen Studie aus den USA war ein Ergänzungsfuttermittel mit Omega3-Fettsäuren aus Algen sehr erfolgreich bei COB-Patienten. Aber: „Wenn man die Studie genau liest, sieht man auch, dass das Futter mit Omega3-Fettsäuren nur als Zusatz gebraucht wurde nämlich genau zu einer Haltungsumstellung“, sagt Prof. Gerber. Man könne vieles probieren, so lange es dem Pferd nicht schadet. „Wenn man diese COB-Pferde aus dem Staub nimmt und ihre Haltung optimiert, dann kann man machen, was man will – es wirkt fast immer!“, sagt Prof. Ohnesorge. Die COB bleibt ein lebenslanger Begleiter. Ohne Symptome lebt es sich leichter. Und das ist zum Glück oft möglich.

Keine Chance dem Husten – Das Prophylaxe-Programm

➤ Licht, Luft, Bewegung und Sozialkontakt sind die beste Prophylaxe!

➤ Härten Sie Ihr Pferd ab, durch robuste Haltung! Kälte macht Pferden nichts aus. Nur wenn ihr Fell feucht ist, dürfen sie nicht in kalter Zugluft stehen.

➤ Staubarme, hochwertige Fütterung und Einstreu.

➤ Staubarme „Arbeitsbedingungen“ fürs Pferd (Reithalle, -platz).

➤ Stress meiden oder mindern – er ist Gift fürs Immunsystem!

➤ Impfmanagement: Grundimmunisierung und regelmäßige Auffrischung der Influenza- und Herpesimpfung, wenn möglich gleichzeitig im gesamten Bestand.

➤ Entwurmung: Im Idealfall zuerst den Kot untersuchen lassen und dann gezielt entwurmen. Neue Erkenntnisse zeigen, dass „wurmfreie“ Pferde, bei denen also keine Eier im Mist gefunden werden, häufiger an chronischen Hustenerkrankungen leiden. Beim Menschen spricht man oft von den „Sagrotan“-Kindern, die eher dazu tendieren, eine Allergie zu bekommen.

➤ Stärkung des unspezifischen Immunsystems durch Paramunisierung bei Pferden mit schwacher Abwehr oder vor stressigen Situationen.