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Jonas Bacevicius, litauischer Juniorenmeister, ist Bereiter auf dem Sudheimer Hof

Auch nach Feierabend im Sattel

Brakel (WB). Reiten, Reiten, Reiten – als Berufsreiter lebt Jonas Bacevicius jeden Tag seine große Leidenschaft. Ein Leben ohne Pferde ist für den 22-jährigen Litauer schwer vorstellbar. Seit dem vergangenen August ist der für den RV Nethegau Brakel startende Springreiter auf dem Sudheimer Hof der Familie Sagel angestellt.

Lena Brinkmann

Talente im und unter dem Sattel: Der Litauer Jonas Bacevicius arbeitet seit knapp einem Jahr als Bereiter auf dem Sudheimer Hof in Brakel. Mit den Pferden der Familie Sagel, wie hier „Aurelia”, will der junge Profi hoch hinaus.
Talente im und unter dem Sattel: Der Litauer Jonas Bacevicius arbeitet seit knapp einem Jahr als Bereiter auf dem Sudheimer Hof in Brakel. Mit den Pferden der Familie Sagel, wie hier „Aurelia”, will der junge Profi hoch hinaus. Foto: Lena Brinkmann

Kraftvoll galoppiert „Aurelia“ über den hellen Sand. Im Sattel dirigiert ein junger Mann die groß gewachsene Schimmelstute über den Springplatz. Die Sonne steht an diesem Frühsommertag bereits tief und taucht das Brakeler Bergland in ein einmaliges Licht.

Das markante rote Hauptgebäude des Sudheimer Hofes schimmert im Hintergrund. Davor tummelt sich die große Stutenherde mit ihren Fohlen zufrieden auf der Wiese. Mit Ruhe und Geduld steuert Jonas Bacevicius „Aurelia“ auf das nächste Hindernis zu. Dynamisch springt die sensible Stute ab. Nach der Landung noch ein, zwei Galoppsprünge und „Aurelia“ entfaltet ihre Sprunggewaltigkeit auch am Schlussoxer des Parcours.

Ein Grinsen huscht über das Gesicht ihres Reiters. „Sehr gut. Genug für heute“, lobt Trainerin Susanne Behring ihren Schüler. Dieser gibt das Lob an sein Pferd zurück, genau wie bei den anderen acht Pferden, die er an diesem Tag bereits unter dem Sattel hatte. Wenn Jonas Bacevicius und seine Teamkollegen anschließend die Pferde versorgt haben, endet ein typischer Tag am Sudheimer Hof für den Berufsreiter.

Füttern, besprechen, reiten

Dieser startet um sieben Uhr morgens mit dem Füttern der Pferde. Nach dem gemeinsamen Frühstück des Teams spricht der Neu-Brakeler die Trainingspläne ab und reitet im Schnitt acht von zwölf Springpferden, für die er verantwortlich ist. „Die tägliche Arbeit mit den jungen Pferden und ihre Fortschritte zu sehen, macht mir Spaß. Dabei bin ich immer bedacht, was jedes einzelne Pferd just für seine sportliche Entwicklung benötigt“, betont Jonas Bacevicius.

Unterstützung bei der Arbeit bekommt er von Friederike Wehrmann, die auf dem Sudheimer Hof ihre Ausbildung zur Pferdewirtin mit dem Schwerpunkt klassische Reitausbildung absolviert. Neben dem Training unter dem Sattel kommen die Sportpferde zusätzlich in die Führmaschine und auf die Wiese. Nach Feierabend trainiert der fleißige Sportler am Hof noch sein eigenes Pferd, mit dem er ebenfalls bis zur schweren Klasse springt.

In Litauen aufgewachsen

Reiten als Beruf. Reiten als Hobby. Reiten als Leidenschaft. „Ich bin mit Pferden groß geworden und wollte nie etwas anderes machen“, berichtet der junge Pferdemann. Im kleinen Ort Silgaliai im westlichen Litauen ist Jonas Bacevicius aufgewachsen. Dort im ehemaligen Ostpreußen liegt das größte und berühmteste Trakehnergestüt Litauens. Dementsprechend früh ist der kleine Jonas damals aufs Pferd gekommen. Sein neun Jahre älterer Bruder ist am Gestüt als Bereiter und Hufschmied tätig und sein Vater ist dort für die landwirtschaftlichen Arbeiten zuständig.

Bruder Mindaugas förderte das Talent seines kleinen Bruders früh. 2013 wurde Jonas Bacevicius litauischer Meister der Junioren Springreiter und holte 2012 und 2014 zudem die Bronzemedaille. In Litauen ist er bis S**-Springen geritten. Nach der Ausbildung zum Pferdewirt suchte er eine neue Herausforderung in Deutschland. „Hier gibt es bessere Perspektiven für Berufsreiter. Turniere und der Reitsport haben noch einmal mehr Qualität“, bereut Jonas Bacevicius das Verlassen seiner Familie und der 1400 Kilometer entfernten Heimat im schönen Litauen nicht.

Nach Tätigkeiten in Verkaufsställen in Minden und Lastrup hat der Profi beruflich auf dem Sudheimer Hof und privat sein Glück in Brakel gefunden. Im August vergangenen Jahres hat er die Nachfolge von Kai Schäfer, der sich selbstständig gemacht hat, bei Sagels angetreten.

Im Training mit jungen Pferden viel Geduld

Das Konzept des Sudheimer Hofes hat sich grundlegend vom internationalen Turnierstall hin zum Zucht- und Ausbildungsstall geändert. Die Familie Sagel hat sich in den vergangenen Jahren eine Top-Pferdezucht aufgebaut. Carolin Lenz-Sagel betreibt zudem eine Tierarztpraxis und die Fohlenaufzucht „Global Foals“ am Sudheimer Hof. Die junge Betriebsleiterin schätzt die Arbeit von Jonas Bacevicius sehr: „Jonas passt perfekt in unser neues Konzept und unser junges Team. Er leistet exzellente Arbeit mit den jungen Pferden.“

Von hochkarätigen ganz jungen Springpferden aus der Sagelschen Zucht reitet der 22-Jährige zudem drei Pferde, mit denen er auch in S-Springen startet. Und so sammelte er bereits einige Platzierungen für den Sudheimer Hof. „Jonas zeigt insbesondere beim Training mit den jungen Pferden viel Geduld und Mut. Zudem will er immer das Beste aus jedem Pferd herausholen“, sagt die ehemalige Deutsche Meisterin Susanne Behring, die regelmäßig ins Sudheim kommt und Bacevicius trainiert.

Wie alle Berufsreiter vermisst der Jung-Profi zur Corona-Zeit insbesondere die Turniere. Vor allem für die jungen Pferde sind die Turnierstarts wichtig. Der Startschuss soll für ihn beim Turnier der RSG Eggeland Alhausen Ende Juni fallen. Und dann endet ein typischer Tag am Sudheimer Hof für ihn auch mal wieder mit einem Turnier.

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