Um auf Nummer sicher zu gehen, haben die Mitarbeiter des Zuchthofs Sosath die große Reithalle an der Depenflether Straße am Mittwoch noch schnell auf Vordermann gebracht. Der Wetterdienst hatte für den nächsten Tag viel Regen vorausgesagt. Letztlich hat es gestern zwar geregnet, aber nicht so sehr, dass die Fohlenschau des Springpferdezuchtverbandes Oldenburg-International nicht unter freiem Himmel hätte stattfinden können.
„Wir hatten drinnen geschmückt“, erzählt Veranstalterin Janne Sosath. „Aber draußen ist eine Fohlenschau schöner. Die Fohlen zeigen sich einfach viel besser, sodass wir bessere Fotos und Videos machen können.“ Dieses Bildmaterial ist es, was viele Züchter neben einer Prämie von der Jury für ihre Fohlen anstreben. Hausherr Gerd Sosath betont dann auch, wie wichtig es in heutiger Zeit sei, Videos und Fotos bereits aus dem Fohlenstadium präsentieren zu können, wenn man sein Pferd einmal vermarkten möchte. „Viele Käufer wollen heute wissen, wie die Pferde aufgewachsen sind.“
So stehen ein Kameramann und eine Fotografin unter einem großen Regenschirm in der Mitte der Dreiecksbahn und drücken unablässig auf den Auslöser. Die Fohlen traben derweil neben ihren Müttern her und zeigen der vierköpfige Jury, was in ihnen steckt. Einige besonders Vorwitzige preschen der Mutter auch davon.
Damit sich der Pferdenachwuchs möglichst vorteilhaft präsentiert, treibt Hendrik Sosath mit einer lange Peitsche nach. Der Pferdefachmann berührt die Fohlen mit der Peitsche aber nicht, sondern erzeugt mit einer angehefteten Schleife aus rot-weißem Flatterband leichte Geräusche. Das regt die Fohlen zum Traben an. An einer Ecke der Dreiecksbahn schüttelt Gerd Sosath zusätzlich eine mit Kieseln gefüllte Dose, bei dessen Klang Stute und Nachwuchs die Ohren spitzen und so besonders hübsch aussehen.
Auszeichnungen für Elitefohlen
Unter einem Gartenpavillon sitzt Madeline Meyer und schießt weitere Fotos. Die Büromitarbeiterin des Zuchthofes sammelt Impressionen für die Website und die Social-Media-Kanäle des Gestüts. Einige Fotos werden vermutlich auch im Hengstkatalog des kommenden Jahres auftauchen.
Von Zeit zu Zeit drückt ihr Hendrik Sosath eine zu einer Schleife geformte blaue Plakette in die Hand. Auszeichnungen für Elitefohlen. Überhaupt scheint es sich um einen sehr guten Fohlenjahrgang zu handeln: Viele kleine Stuten und Hengste werden zu Elitefohlen ernannt oder erhalten eine Verbandsprämie.
Janne Sosath hatte beim morgendlichen Blick in den Himmel bereits mit einer Flut an Absagen gerechnet. Doch viele Züchter sind trotz Regens nach Lemwerder gekommen. „Die Leute freuen sich einfach, wieder rauszukommen“, stellt die Veranstalterin fest. Das letzte Mal, dass Sosaths ihre Züchter und andere Pferdefreunde zu einer Veranstaltung eingeladen hatten, war die Hengstvorführung Anfang Februar in Vechta. Der fürs Osterwochenende geplante Tag der offenen Tür sowie der Osterball einen Tag später waren der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen.
Den Auftakt zum zweitägigen Reigen der Fohlenschauen verschiedener Verbände machte die Nachzucht des Junghengstes Soundcheck. Seine fünf Fohlen wurden gesondert bewertet und rangiert, da der junge Hengst in diesem Jahr um die Hauptprämie des Oldenburger Zuchtverbandes konkurriert. Anschließend folgten die weiteren Fohlen mit springbetonter Abstammung.
Nach einigen Jahren der Abstinenz hat sich auch der Hannoveraner Verband wieder auf dem Zuchthof Sosath einquartiert. Seine Fohlen begutachtet eine Jury an diesem Freitag ab 10.45 Uhr. Um 13 Uhr wechselt das Richterquartett unter dem Zeltdach. Dann sind wieder die Oldenburger an der Reihe.
Auf die Mittagszeit freuen sich Janne Sosath und Madeline Meyer ganz besonders. „Dann werden die ersten Fohlen von Vivaldos gezeigt“, blickt die Bürokraft und ehemalige Dressurreiterin voraus. Der vierjährige Fuchshengst mit den zahlreichen Vorschusslorbeeren scheint den Erwartungen gerecht zu werden, die sowohl Sosaths als auch die Pferdezüchter in ihn gesetzt haben.
„Vivaldos war bei seiner Körung sehr auffällig und wurde zum Prämienhengst ernannt“, erinnert sich Janne Sosath an den Herbst 2018. Die Lemwerderaner sind froh, dass sie den Hengst bereits vor der Körung erwerben konnten, denn ein Halbbruder, der ebenfalls vom Vererber Vivaldi abstammt, habe dort für 2,1 Millionen Euro den Besitzer gewechselt.
In diesem Jahr haben sich bereits einigen Nachkommen des Junghengstes für Online-Auktionen qualifizieren können. Und der Vierjährige selbst, der mittlerweile auch als Vererber für den Oldenburger Verband anerkannt ist, hat bei seinem ersten Turnierstart gleich die Reitpferdeprüfung gewonnen. Nach Vivaldos Nachzuchtbewertung geht es bis voraussichtlich 17 Uhr mit den Nachkommen der übrigen Hengste weiter.