Leseprobe: Wer sich stärkt, hat´s leicht
Fit in den Sattel: Für mehr Balance und ein besseres Körpergefühl
Da dam, da dam, da dam. Rhythmisch setzen die Hufe von Coconut Kiss auf der Wiese auf. Im gleichen Takt federt Bettina Hoys Absatz nach unten. Sie gleicht die Galoppbewegung ihres Wallachs spielerisch aus. Selbst ein kleiner Hüpfer zur Seite kann sie nicht erschrecken, er zaubert ihr ein Lächeln ins Gesicht. Die beiden sind im Gleichgewicht, in absoluter Balance. Sie wirken entspannt, obschon ihre Muskeln arbeiten, perfekt aufeinander abgestimmt.
„Ohne Körperspannung geht im Sattel nichts“, meint Bettina Hoy. Die Mannschaftsweltmeisterin von 2006 geht aber noch einen Schritt weiter: „Die positive Körperspannung begleitet mich immer. Ich hänge nicht mit rundem Rücken vor dem Laptop, ich sitze aufrecht. Genauso gehe ich auch durchs Leben – aufrecht“, lacht sie. Denn wer diese Körperhaltung einmal verinnerlicht hat, muss sich auf dem Pferd nicht darauf konzentrieren, die Schultern zurück zu nehmen. Das pas-siert automatisch.
„Je weniger ich auf dem Pferd über meinen Sitz nachdenken muss, desto besser“, stellt Bettina Hoy fest. Denn wer damit beschäftigt ist, seine Ellenbogen am Körper zu halten, kann nicht gleichzeitig seine Gewichtshilfen reflektieren. „Ein guter Sitz macht so vieles leichter“, hebt sie hervor. Sie hat ihn von der Pike auf gelernt, ihr Vater legte großen Wert darauf und scheute sich auch nicht, Bettina ohne Bügel und Zügel Reihen springen zu lassen. Keine Angst, das müssen Sie nicht. Aber jeder Reiter kann eine Menge für einen guten Sitz und ein gutes Maß an Körperspannung im Sattel tun. Mit Sport.
Einfache Übungen helfen dabei, die eigene Körperhaltung zu verbessern und Muskeln aufzubauen. Denn fehlende Muskeln sorgen für Instabilität im Sattel und können damit auch der Grund sein, warum manche Reiter im Sattel nahezu erstarren. Klingt unlogisch? Ist es aber nicht. Wer genügend Kraft im Rumpf besitzt, kann flexibel auf die Bewegung des Pferdes eingehen, mitschwingen, treiben, aussitzen, ohne instabil zu werden. Wessen Muskeln im Rumpf jedoch schnell ermüden, kann nicht mehr auf das Pferd eingehen. Er hält sich fest, um so die Balance zu wahren. Wenn er loslassen würde, wäre er nämlich sofort instabil im Rumpf.
Spannung hilft beim Loslassen
Körperspannung klingt zunächst einmal nach Anspannung, nach Kraftaufwand und irgendwie auch starr. Das darf aber kein Reiter im Sattel sein, denn kein Pferd kann über den Rücken schwingen, wenn der Reiter sich festhält, seine Muskeln versteift und die Bewegung blockiert. Körperspannung sollte positiv besetzt sein. Sie macht Bewegung erst möglich, lässt zum Beispiel Balletttänzer elegant aussehen und verleiht Boxern ihre Schlagkraft. Soll heißen, wir brauchen Sie, um gut reiten zu kön-nen.
Doch wie findet ein Reiter das richtige Maß an Körperspannung? „Als Reiter muss man loslassen können, ohne die positive Anspannung zu verlieren“, meint Bettina Hoy. Dafür zwingend notwendig ist eine gute Haltemuskulatur. „Besonders die Rumpfmuskulatur muss gut ausgeprägt sein“, sagt Niklas Heine. Er ist Fitnesstrainer und hat sich auf funktionelles Training spezialisiert. Das bedeutet, dass bei dem Training immer mehrere Muskelgruppen gleichzeitig angesprochen werden. „So wie wir es im Alltag und beim Reiten auch brauchen“, sagt Niklas Heine. Für Reiter legt er den Fokus auf Beinübungen sowie auf eine stabile Mitte. Rücken- und Bauchmuskulatur leisten im Sattel Schwerstarbeit. Zum einen fangen sie Bewegung ab, zum anderen animieren sie das Pferd zu mehr Bewegung. Dafür braucht es positive Grundspannung.