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Olympia-Bewerbung Rhein-Ruhr 2032 Reiterspiele auf einem toten Pferd

Obwohl das IOC sich für Brisbane ausgesprochen hat, will Nordrhein-Westfalen an der Olympia-Bewerbung für 2032 festhalten. Und wenn das nichts wird, dann eben 2036 – dem historisch belasteten Datum zum Trotz.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Bewerbungschef Michael Mronz bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Bewerbungschef Michael Mronz bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf

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FEDERICO GAMBARINI / AFP

Es gibt die alte Redewendung, man solle absteigen, wenn man entdecke, dass man ein totes Pferd reite. Die Bewerbung Nordrhein-Westfalens für die Olympischen Spiele 2032 ist seit Mittwoch so ein totes Pferd, und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und der Chef der Bewerbung, Michael Mronz, standen am Freitag vor der Frage: Absteigen oder das tote Pferd weiterreiten? Sie entschieden sich fürs Weiterreiten. Wenn auch eher im Trab als im Galopp.

Am Mittwoch hatte sich das IOC überdeutlich für den Favoriten Brisbane als Ausrichter der Sommerspiele 2032 ausgesprochen und Rhein-Ruhr damit kalt erwischt. »Diese Entscheidung hat uns überrascht und getroffen«, sagte Laschet, der die Initiative von Beginn an mit Wucht zu seiner Sache gemacht hatte. Jetzt geht es um Gesichtswahrung, und dazu gehört, den Anschein zu erwecken, es gebe noch eine Chance auf die Ausrichtung.

IOC-Chef Thomas Bach habe ihn im Gespräch »ausdrücklich ermutigt«, die Initiative für 2032 aufrechtzuerhalten, sagte Laschet, er habe auch in einer Videokonferenz mit den Bürgermeistern der beteiligten Städte »klaren Kampfeswillen« festgestellt, »die Region hat auch früher schon Rückschläge erlebt«. Dann zählte Laschet noch mal die Namen der Städte auf, die mitmachen wollen: von Aachen, Laschets Heimat, in dem die Reiterspiele stattfinden sollen, über Brühl und Düsseldorf bis hin zu Pulheim und Recklinghausen. 14 Kommunen sind es insgesamt.

Kiel will auch mitmachen

Zudem wurde auf der Pressekonferenz tapfer Kiel als Standort der Segelwettbewerbe vorgestellt, per Video wurde Schleswig-Holsteins Ministerpräsident und Laschets Parteifreund Daniel Günther eingeblendet, der freudestrahlend verkündete, dass »Kiel DER Ort für Segelsport in der Welt ist«.

Bach habe ihm mitgeteilt, das IOC halte Brisbane für den geeigneten Kandidaten, »ich teile diese Auffassung nicht«, so Laschet schmallippig. Er machte auch keinen Hehl daraus, wo er die Verantwortung für das Bewerbungsdesaster sah: »Im Deutschen Olympischen Sportbund hatte man offenbar kein Gespür dafür, was im IOC passiert.« Dass der DOSB nach Aussage des IOC bereits im Vorfeld keinen Willen erkennen ließ, die Rhein-Ruhr-Bewerbung beim IOC zum jetzigen Zeitpunkt intensiv voranzutreiben, darüber hatte allerdings auch Mronz »keinerlei Kenntnis«.

Der Bewerbungs-Boss war sichtlich angefasst davon, wie die Dinge in dieser Woche gelaufen sind, seine neue Strategie lautet: »Wir sind ja nicht an eine Jahreszahl gebunden.« Zwar prangt überall auf der Initiative das Logo 2032, aber sowohl Laschet als auch Mronz schlossen ausdrücklich auch eine Kandidatur um die Spiele 2036 nicht aus. Schließlich handele es sich um ein »Dekadenprojekt«, so Mronz. Und Laschet: »Wir bereiten uns auf die Spiele in den Dreißigerjahren vor.«

Laschet hat kein Problem mit 2036

Dass eine Bewerbung um 2036 ganz automatisch eine breite und hitzige politische Debatte über Olympia in Deutschland, genau 100 Jahre nach den Nazispielen von Berlin, auslösen würde, lässt den Ministerpräsidenten und CDU-Vorsitzenden kalt: Er habe damit »kein Problem«, so Laschet: Man könne damit sichtbar machen, dass »die Welt 100 Jahre später eine andere ist«.

Die Jahreszahl sei letztlich unerheblich, so der Eindruck, den beide Verantwortliche machten: »Wir könnten auch die Spiele 2024 ausrichten«, so Mronz, die aber ja bekanntlich in Paris stattfinden. Die Sportstätten seien schließlich weitgehend vorhanden, sogar darauf, welche Basketballspiele in Bonn und welche in Düsseldorf ausgetragen würden, hatte man sich schon festgelegt. »Wir stehen für jeden Moment bereit, wir könnten morgen sogar loslegen«, setzte Laschet zeitlich noch eins drauf.

Bis dahin jedoch bleibe die Bewerbung, wie sie sei: »Eine privatwirtschaftliche Initiative«, wie Laschet betont. Erst wenn Rhein-Ruhr den Zuschlag des IOC erhalte, würde dann die öffentliche Hand ihren Beitrag leisten. Die 300 Millionen Euro, die NRW jetzt bereits für den Breitensport zugesichert habe, werde es aber dennoch geben, »mit oder ohne die Spiele«. Das gelte auch für Infrastrukturmaßnahmen im Bundesland: »Alles, was Nordrhein-Westfalen modernisiert, wird jetzt nicht eingestellt, weil es keine Spiele gibt.«

So sehr sich Laschet bemühte, staatsmännisch zu bleiben, so sehr kam der Ärger über die Entscheidung vom Mittwoch doch immer wieder durch. Man müsse in Deutschland »den Anspruch haben, solche Spiele auszutragen«. Schließlich sei München als letzter deutscher Standort 2032 dann schon 60 Jahre her, während in Australien noch im Jahr 2000 Sommerspiele ausgetragen wurden. Die Frage sei, »ob man in der Zeit den vierten oder fünften australischen Bewerber abwarten will«.

Dem IOC-Präsidenten habe er im persönlichen Gespräch jedenfalls klargemacht, dass er in dem Verfahren »nicht die Transparenz, die man sich von einem solchen Verband wünschen würde«, erkannt habe. Woran man eben auch merkte, dass Armin Laschet noch nicht so oft mit dem IOC zu tun hatte.

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