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Frage aus dem Reiterleben

Was bedeutet Erfolg?

Diese Frage stellte sich Redakteurin Kirsten Ahrling. Wie viele Teenager träumte sie einst von sportlichen Erfolgen im Sattel. Ehrgeizig ist sie heute immer noch. Aber ihre Definition von Erfolg hat sich verändert.

Für manche Reiter bedeutet Erfolg, über eine bestimmte Hindernishöhe zu springen oder eine Schleife auf dem Turnier zu holen.

An dieser Stelle beschäftigen wir uns mit Themen, die uns Reiter bewegen. Manche Fragen stellen wir uns bewusst, andere durchkreuzen hin und wieder unsere Gedanken, bleiben aber oft unbeantwortet. Wir sprechen sie an.

Mit 14 dachte ich noch, ich werde eines Tages Olympiasiegerin. Oder zumindest erfolgreich in der schweren Klasse. Irgendwann. Ich bräuchte nur endlich einmal das passende Pferd. Und ich müsste genug trainieren. Man konnte mir als Teenager ja so einiges vorwerfen, mangelnden Ehrgeiz im Sattel aber sicher nicht.

Im Laufe der Jahre schraubte ich meine Erwartungen herunter. Gut auf L-Niveau unterwegs zu sein, hat ja auch was, dachte ich mir. Es muss schließlich nicht jeder S reiten. Zwischenzeitlich hatte ich das Anreiten junger Reitponys für mich entdeckt. Eine Arbeit, mit vielen kleinen Erfolgserlebnissen. Denn die gutmütigen, schlauen Ponys lernten schnell. Das war ganz nach meinem Geschmack. Ich definierte meinen Erfolg kurzerhand um. Und rechtfertigte vor mir selbst: Wenn du immer nur die Jungen reitest, kannst du schließlich nicht weiterkommen.

Doch so ganz hatte ich meine sportlichen Ambitionen noch nicht an den Nagel gehängt. Ich machte mein Abi. Und statt nach der Schule ein Jahr ins Ausland zu gehen oder ein Praktikum zu machen hatte ich nur eines im Kopf: reiten! Den Sprung in die nächsthöhere Klasse schaffte ich trotzdem nicht. Kein Wunder, wenn die Pferde dauernd verkauft werden, dachte ich in meinem jugendlichen Trotz. Kurzum: Immer war etwas, das meinen sportlichen Zielen im Weg stand. Frust machte sich breit. Für ein eigenes Pferd hatte das Geld nie gereicht.

Mittlerweile, mehr als zehn Jahre später, reite ich nicht mehr täglich. Sportliche Ziele sind weitestgehend in den Hintergrund gerückt. Der Wallach, den ich momentan reite, macht es mir leicht. Er ist rittig, super ausgebildet, begeisterungsfähig. Ein Haflinger – die Rasse, die ich früher nicht einmal geschenkt haben wollte. Weil ich sie immer für total unsportlich und stur gehalten habe. Das mit der Unsportlichkeit nehme ich zurück. Das mit der Sturheit nicht. Damit umzugehen, musste ich erst lernen. Kompromisse eingehen, auch mal alle Fünfe gerade sein lassen. Etwas, das mir früher nie in den Sinn gekommen wäre. Doch diese neue Art zu reiten, einfach nur noch, weil es Spaß macht, tut mir gut. Der Druck ist irgendwie raus. Und der Frust ist weg. Bin ich früher oft mies gelaunt abgestiegen, weil ich mit meiner Leistung nicht zufrieden war, krieg ich heute das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht, wenn ich vom Reiten komme.

Reiten ist eine Frage der Prioritäten. Wer sportlich was erreichen will, muss viel Zeit und Geld in sein Hobby stecken. Bei mir war es vor allem Zeit. Sehr viel Zeit. Und ich war lange nicht einverstanden mit dem, was unterm Strich dabei heraussprang. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe es immer geliebt, mit Pferden zusammen zu sein und das tue ich auch heute noch. Was sich verändert hat, ist meine persönliche Definition von Erfolg. Es gibt schließlich nichts Frustrierenderes, als sich Ziele zu stecken, die man nicht erreichen kann.

War Erfolg für mich früher, über eine bestimmte Hindernishöhe zu springen oder eine bestimmte Lektion oder Aufgabe zu reiten, gibt es für mich heute keinen schöneren Erfolg, als auf einem zufriedenen Pferd zu sitzen. Ob beim Ausreiten, bei der lockeren, dressurmäßigen Arbeit, beim Gymnastikspringen. Zu spüren, dass dem Pferd das, was wir gemeinsam tun, genauso viel Freude bereitet wie mir, ist mittlerweile die schönste Bestätigung für mich. Ich gehe an keine Grenzen mehr, bin zufrieden mit dem, was ich habe, denke nicht ständig: Da muss doch noch was gehen! Was nicht bedeutet, dass ich heute keine Ansprüche mehr an mein eigenes Reiten habe. Vielleicht sind sie sogar höher als früher.

Dieser Text ist in der Mai-Ausgabe der Reiter Revue erschienen. Das Heft können Sie hier versandkostenfrei bestellen.