Durchsuchung beim Pferdestammbuch
Auktionen mit Pferdefuß: Zuchtverband im Zwielicht
Münster/Warendorf
Schon wieder Ermittlungen gegen das Westfälische Pferdestammbuch. Schon wieder Gerede, schon wieder der alte Verdacht in neuem Gewand, dass bei den Auktionen in Münster nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Dass das Mauscheln immer noch dazugehört. Weil‘s doch angeblich alle machen und es darum allenfalls ein Kavalierdelikt ist.
Am Donnerstag haben Beamte des Landeskriminalamtes die Räume des Züchtervereins in Münster durchsucht. So viel hat Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt am Freitag am Telefon bestätigt. Dann machte er zu. Etwas mehr verrät der Verband selber.
„Im Zusammenhang mit Hengstverkäufen“, hat der Vorsitzende Ralf Johanshon auf der Homepage platzieren lassen, habe das Amtsgericht Münster die Maßnahme „wegen des Verdachts der Untreue und Steuerhinterziehung“ angeordnet. Die Ermittlungen richteten sich gegen den Verband und seinen Geschäftsführer Wilken Treu. Der Verband sicherte den Behörden seine Zusammenarbeit „zur vollständigen Aufklärung“ zu. Und hüllt sich darüber hinaus in Schweigen.
Mit zweierlei Maß gemessen
Andere hingegen reden: Insider. Züchter. Kenner. Und sie alle erzählen eine unglaubliche Geschichte. Eine Geschichte, die vom Pferdestammbuch in Münster einen Bogen schlägt zum NRW-Landgestüt in Warendorf, wo seit 2014 gegen drei Ex-Spitzenbeamte ermittelt wird. Und die so oder so ähnlich angeblich in ganz Deutschland spielt, „jedenfalls überall dort, wo Pferdeauktionen in großem Stil stattfinden“, berichtet ein Züchter.
Danach wurde in Münster bei solchen Versteigerungen mit zweierlei Maß gemessen. Für alle Käufer und Verkäufer gilt eigentlich die Vorgabe, dass die Geschäfte über das Stammbuch abgewickelt werden müssen. Bei Premiumkunden aber, also solchen, die auch mal hohe oder höchste Preise für ein Pferd zahlen, gibt es offenbar eigene Gesetze.
Wer die Auktionsbedingungen zu lesen weiß, findet darin angeblich Formulierungen, die es dem Käufer und Verkäufer ermöglichen, sich am Züchterverband vorbei und mutmaßlich mit dessen Billigung vor den Auktionen auf einen Kaufpreis zu einigen. Bei der Versteigerung kann der Käufer den Preis damit folgenlos nach oben treiben.
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So vorzugehen klingt irrational, bringt aber allen Beteiligten Vorteile. Der Verkäufer erhält einen Garantiepreis. Der Käufer kann sicher sein, dass die Besitzer von Stuten bei ihm Schlange stehen, weil ein als superteuer deklarierter Hengst auch ein ganz toller Kerl sein muss. Das treibt die Deckgebühr in die Höhe und garantiert Top-Fohlenpreise. Der Verband, der mit anderen konkurriert, kann seinerseits mit hohen Auktionspreisen für sich werben. Das ist die beste Politur fürs Renommee.
Unstimmigkeiten bei An- sowie Verkäufen
Beim Westfälischen Pferdestammbuch ermitteln die Behörden dem Vernehmen nach in zwei Fällen. Ins Rollen gekommen ist das Ganze nach Durchsuchungen bei einem Züchter aus dem Emsland. Er ist im Zusammenhang mit den Vorteilsnahme-Vorwürfen gegen die frühere Leiterin des Landgestüts in Warendorf, dessen Ex-Verwaltungschef sowie den ebenfalls entlassenen Ersten Hauptberittmeister ins Visier geraten. Der Verdacht gegen das Trio gründet unter anderem in Unstimmigkeiten bei An- sowie Verkäufen von Pferden.
Ein Teil der Tiere im Landgestüt sollen aus dem Stall des besagten Züchters stammen. Er soll der Hauptlieferant gewesen sein und seinerseits an Auktionen des Pferdestammbuches teilgenommen haben.
Hier schließt sich nun der Kreis: Bei der Durchsuchung im Emsland fanden die Behörden Material, das den Verband in Münster in Verdacht geraten ließen. Woraufhin auch dort die Ermittler vorstellig wurden.