WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Sport
  3. FC Bayern: Lisa Müller - „Thomas züchtet die Pferde, die ich reite“

Sport Lisa Müller

„Thomas züchtet die Pferde, die ich reite“

Sportredakteur
Ein Ehepaar mit großer Leidenschaft für den Reitsport: Lisa und Thomas Müller Ein Ehepaar mit großer Leidenschaft für den Reitsport: Lisa und Thomas Müller
Ein Ehepaar mit großer Leidenschaft für den Reitsport: Lisa und Thomas Müller
Quelle: PA/Sven Simon
Die Frau von Fußball-Weltmeister Thomas Müller ist eine etwas andere Spielerfrau. Der Reitsport ist ihr Leben. Sie schwärmt vom CHIO in Aachen. Wie die Dressurreiterin vom Bayern-Star unterstützt wird.

Pferd war das erste Wort, das sie als Kind sprechen konnte, hat Lisa Müller mal erzählt. An diesem Sommernachmittag sitzt die 27-Jährige in Poloshirt und Jeansshorts auf einer Terrasse zwischen Pferdeboxen und Koppeln. Die Ehefrau von Fußball-Weltmeister Thomas Müller ist Dressurreiterin, ihr Mann hat den Reitstall rund 30 Kilometer vor München gepachtet, beide wohnen in der Nähe. Lisa hat ihren Liebsten mit der Leidenschaft für den Reitsport angesteckt: Er züchtet, sie reitet. Beim Gespräch mit der WELT AM SONNTAG liegen die beiden Labradore der Müllers vor ihr: Lisa Müller, die etwas andere „Spielerfrau“.

WELT AM SONNTAG: Frau Müller, wie oft sind Sie hier auf dem Reiterhof?

Lisa Müller: Jeden Tag. Ich komme immer am Morgen und bleibe bis zum Abend, da ist oft open end angesagt. Ich habe täglich acht bis zehn Pferde zu reiten, jedes Pferd knapp eine Stunde. Dazu kommen Besprechungen, die Pflege der Tiere, die Futterbestellungen – mein Tag ist voll (lacht).

WELT AM SONNTAG: Der Zeitaufwand ist also deutlich höher als im Fußball und in anderen Sportarten. Wird das oft unterschätzt?

Müller: Außenstehende denken über das Reiten schon mal: Da setzt die sich auf ein schönes Pferd, reitet ein bisschen, gibt es danach wieder ab, und das war es dann. Das ist natürlich nicht so. Wir haben hier 40 Tiere, davon zehn Reitpferde und zwei sehr süße Shetlandponys. Das erfordert Zeit.

Lisa Müller mit dem Fohlen "Eine Süsse"
Lisa Müller mit dem Fohlen "Eine Süsse"
Quelle: Christiane Slawik

WELT AM SONNTAG: Wie sind Sie zum Reitsport gekommen?

Müller: Durch meinen Großvater. Ich war schon immer von Pferden begeistert, und mein Opa hat dieses Interesse im Rahmen seiner Möglichkeiten so gut es ging gefördert. Er hat mich mit zu Bekannten genommen, die ein Pony hatten. Da durfte ich als kleines Mädchen das Pony putzen und mal draufsitzen. Ich habe als Jugendliche dann im Stall mitgearbeitet, um mir Geld für Reitstunden zu verdienen. Später hat mein Opa mir mein erstes eigenes Pferd gekauft. Inzwischen ist der Sport meine Berufung – wenngleich er nicht mein Beruf ist.

WELT AM SONNTAG: Reiten ist für Sie mehr als ein Hobby?

Müller: Es ist für mich Leidenschaft. Beim Reiten habe ich das Gefühl, die Zeit bleibt stehen. Es ist sehr entspannend. Der Reiter muss konzentriert, darf aber nicht verbissen sein. Das merkt das Pferd sofort. Ich genieße das Gefühl, das mir die Pferde geben. Nach der Schule habe ich auch deswegen eine Ausbildung zur Pferdewirtin begonnen, sie aus verschiedenen Gründen aber nicht beendet. Vom Zeitaufwand und der körperlichen Intensität betreibe ich das Ganze inzwischen wie Menschen, die diesen Beruf erlernt haben und ausüben. Ich habe oft überlegt, ob ich die Ausbildung nachträglich noch abschließe. Mal schauen, ob ich dafür noch Zeit finde. (lacht)

Anzeige

WELT AM SONNTAG: Am Sonntag endet der CHIO in Aachen. Werden Sie dort sein?

Müller: Ich war in den vergangenen Jahren mit Thomas mehrmals dort, für uns ist das immer ein Höhepunkt. Dieses Jahr wollte ich auch gern hin, doch ich habe eine vierjährige Stute für das süddeutsche Landeschampionat bei uns in Bayern qualifiziert, und dort schauen die Verbände auch, welche Pferde sie zum Bundeschampionat schicken. Das geht jetzt vor. Ich werde den letzten CHIO-Tag aber online verfolgen.

WELT AM SONNTAG: Können Sie sich von den Reitern dort viel abschauen?

Müller: Beim Reitsport lernst du nie aus. Der Lieblingsspruch von Isabell (Werth, Müllers Trainerin und Deutschlands erfolgreichste Reiterin – d.R.) lautet: „Mit den Augen klauen.“ Und der ist wahr. Ich kann beim Zuschauen sehr viel lernen, gerade bei den Abreiteplätzen. Da sehe ich noch mehr als in den Prüfungen, das Vorbereiten finde ich noch spannender.

WELT AM SONNTAG: Sie haben mit Blick auf den Fußball mal gesagt: „Der CHIO ist wie die Champions League.“

Müller: Inzwischen sage ich: noch besser als die Champions League. Das ist wie die Weltmeisterschaft. So ein Turnier gibt es sonst nirgends. Die Bedingungen, die Stimmung, die Zuschauer – einmalig und wunderschön.

WELT AM SONNTAG: Wann starten Sie selbst beim CHIO?

Anzeige

Müller: Ich würde super gern mal in Aachen reiten. Dafür musst du vorher konstant Leistungen gezeigt und einige Turniere erfolgreich bestritten haben. Mir ist bewusst, dass wir in Deutschland viele gute Reiter haben. Doch wer geduldig ist, kann es schaffen. Und ich habe ganz tolle Pferde. Wenn ich mich auch noch so gut entwickeln kann, wird es hoffentlich so weit kommen.

Deutsche Springreiter gewinnen den Nationenpreis

Die deutschen Springreiter haben beim CHIO in Aachen nach acht Jahren Pause wieder den heimischen Nationenpreis gewonnen. Das Quartett um Ludger Beerbaum siegte vor rund 40 000 Zuschauern.

Quelle: Die Welt/CHIO Sport

WELT AM SONNTAG: Auf was kommt es im Reitsport an?

Müller: Du brauchst einen guten Partner, nämlich das Pferd. Und du benötigst viel Geduld und Gefühl. Es dauert lange, ein Pferd auszubilden, ab drei Jahren kannst du es reiten. Die Harmonie zwischen Mensch und Tier ist die Basis. Und genau das fasziniert mich so.

WELT AM SONNTAG: Betreiben Sie auch andere Sportarten?

Müller: Ich betreibe noch Hundesport in der Mannschaft „Flying Dogs“, das ist ebenfalls sehr anstrengend und komplex. Thomas und ich habe zwei Labradore, Murmel und Micky, mit denen ich Agility und Dogscooting mache, einmal pro Woche ist Training. Bei Agility geht es darum, dass der Hund auf Zeit einen Hürdenparcours durchquert, beim Dogscooting zieht er den Menschen, der auf einem Roller steht. Die Hunde reagieren auf Handzeichen, beim Pferd geht das nicht. Da muss ich mit dem eigenen Gewicht, mit Schenkeln und Zügelhilfen arbeiten. Diese Herausforderung macht mir großen Spaß.

WELT AM SONNTAG: Hat ein Pferd auch mal einen schlechten Tag und kann seinen Reiter wie ein Mitspieler in einer Mannschaft nerven?

Müller: Tiere sind grundsätzlich positiv. Stuten oder Hengste haben kleine Eigenheiten, sind aber nicht launisch. Sie sind sehr ausgeglichen.

WELT AM SONNTAG: Was waren bislang Ihre größten Erfolge?

Müller: Ich habe Springen bis zur Klasse M gemacht, Dressur mache ich bis zum Grand Prix. Bei den Meisterprüfungen bräuchte man M-Springen und M-Dressur. Im Reitsport ist es so: Wenn du gut bist, kannst du Pferde und Reiter ausbilden, ob mit Zertifikat oder ohne. Und wenn du nicht gut bist, bringt dir das Zertifikat auch nichts.

WELT AM SONNTAG: Ist Ihre Trainerin Isabell Werth gleichzeitig Ihr Vorbild?

Müller: Absolut. An sie wird nie jemand heranreichen. Sie ist die beste Reiterin, das wird auch so bleiben. Ich arbeite jetzt seit rund eineinhalb Jahren mit Isabell und profitiere sehr davon. Ich versuche, jeden Monat für ein paar Tage mit mehreren Pferden zu ihr nach Rheinberg am Niederrhein zu fahren.

WELT AM SONNTAG: Sie laden Ihre Pferde dann immer ein?

Müller: Ja, ich habe einen LKW, da passen fünf Pferde rein. Den fahre ich dann selbst. Wenn es gut läuft, brauche ich so neun Stunden pro Tour. Aber es lohnt sich.

WELT AM SONNTAG: Haben Sie ein Hauptpferd, mit dem Sie am häufigsten trainieren?

Müller: Das verteilt sich recht gleichmäßig. Ich habe ein älteres Pferd, mit dem ich Grands Prix reite, sein Name ist Dave. Dann hat Isabell ein Pferd von mir, mit dem sie sehr erfolgreich war zuletzt. Zudem habe ich eine Stute und noch drei- bis fünfjährige Pferde.

WELT AM SONNTAG: Stehen Sie bei Turnieren als Ehefrau eines Fußball-Weltstars besonders unter Beobachtung?

Müller: Ich merke das inzwischen nicht mehr so sehr. Sicher, manche Leute gucken besonders hin, aus Neugier. Das muss allerdings nicht immer negativ sein. Ist ja auch schön, dass sie sich für mich und meine Pferde interessieren. Manchmal bilden sich auf dem Weg vom Abreiteplatz zum Prüfungsplatz Menschentrauben um mich und mein Pferd. Das tut mir dann schon leid für den Reiter vor mir, weil dann so viel Trubel ist. Das ist mir eher unangenehm.

WELT AM SONNTAG: Ihr Mann Thomas ist bekannt für seine launigen Sprüche. Gibt er Ihnen vor Turnieren mit auf den Weg: „Schatz, heute will ich Leistung sehen von dir“?

Müller: (lacht) Nein. Er weiß selbst, wie es ist, wenn du dir viel für einen Wettkampf mit anderen guten Sportlern vorgenommen hast und viel erreichen willst. Thomas ist sehr aufbauend und motivierend. Er züchtet ja die Pferde, die ich reite, und hilft mir sehr. Wenn ich mir mal zu viel Gedanken mache vor einem Turnier, bringt er mich dazu, wieder etwas runterzufahren.

WELT AM SONNTAG: Pferdesport ist vor allem Kopfsache?

Müller: Für jeden Sportler ist das Mentale das schwierigste. Auf den Punkt Leistung zu bringen – das ist vor allem eine psychische Herausforderung, an der viele sehr gute Sportler scheitern.

WELT AM SONNTAG: Was ist Ihr Traum in Bezug auf Ihren Sport?

Müller: Besser werden. Ich möchte meine Pferde bestmöglich ausbilden.

WELT AM SONNTAG: Können Sie sich ein Leben ohne Pferdesport noch vorstellen?

Müller: Nein. Dieser Sport wird immer ein großer Teil meines Lebens bleiben.

WELT AM SONNTAG: Bei der Pflege Ihrer Pferde auf dem Hof hilft Ihnen ein junges Mädchen. Rücken generell viele Reiterinnen und Reiter nach – oder hat Ihr Sport ein Nachwuchsproblem?

Müller: Wie viele Sportarten hat auch der Reitsport mit einem Nachwuchsproblem zu kämpfen. Ich hatte damals bis 13 Uhr Schule und bin direkt mit dem Fahrrad in den Reitstall gefahren. Die Hausaufgaben habe ich abends erledigt. Heute sind viele Kinder und Jugendliche bis 16 Uhr oder länger in der Schule, zudem ist der schulische Druck gestiegen, und Freunde wollen sie auch noch treffen. Da bleibt wenig Zeit für ein so zeitintensives Hobby. Thomas und ich versuchen, unseren Teil dazu beizutragen, dass sich Kinder und Jugendliche für den Sport begeistern.

WELT AM SONNTAG: Auf welchem Weg?

Müller: Wir sind zum Beispiel Botschafter des Vereins „Pferde für unsere Kinder“. Ziel des Vereins ist es, den Kindern, die bislang keinen Zugang zum Pferd haben – zum Beispiel weil sie in der Stadt wohnen oder kein Geld dafür da ist - diesen Zugang zu ermöglichen. Sie sollen Spaß haben, ein Pferd zu putzen, und ein Gefühl für das Tier entwickeln. Der Sport lehrt Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein und kann einem Selbstbewusstsein geben. Das habe ich selbst erfahren, und deshalb ist uns das sehr wichtig.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Twitter
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema