Die gebürtige Wiesbadenerin Anja Plönzke leitet das Gestüt...

Schon lange ein gut eingespieltes Team: Anja Plönzke ist ihr Pferd Fahrenheit zum ersten Mal vor über sieben Jahren geritten. Foto: Sabine Maurer  Foto: Sabine Maurer
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Es war und ist ein ereignisreiches Jahr für die Dressurreiterin Anja Plönzke. Sie zog von München auf das Gestüt Tannenhof ihres Vaters nach Heidenrod. Die Anlage wird nun...

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HEIDENROD. Es war und ist ein ereignisreiches Jahr für die Dressurreiterin Anja Plönzke. Sie zog von München auf das Gestüt Tannenhof ihres Vaters nach Heidenrod. Die Anlage wird nun von ihr geleitet. Und damit hat sie auch ein ebenso hübsches wie talentiertes Pferd unter dem Sattel.

Fahrenheit heißt der vierbeinige Star auf dem Tannenhof, in Fachkreisen ist das Temperamentsbündel längst bekannt. Ende des Jahres wird das neue Paar beim Festhallen-Reitturnier in Frankfurt zu sehen sein, die beiden haben sich für das Finale des renommierten Louisdor-Preises qualifiziert. „Der Trab ist seine große Stärke, aber auch der Schritt ist gigantisch“, erzählt die 48-Jährige, während sie in dem umgebauten Kuhstall auf dem Tannenhof steht und Fahrenheit über die Stirn streichelt.

Der Zehnjährige döst in seiner Box zur Mittagszeit ein wenig vor sich hin. Fast jeden Tag wird er von Plönzke geritten – mit Ausnahme der Wochenenden. Dann stürzt sich die Reiterin in das Großstadtleben von München. Dort hat sie trotz des Umzugs nach Hessen ihre Wohnung in der Innenstadt behalten. Sie braucht diesen Trubel, ist ein Stadtmensch – zu viel Idylle liegt ihr nicht.

Davon gibt es auf dem Tannenhof am Rande des winzigen Ortsteils Watzelhain reichlich. Da sind natürlich die vielen Pferde, der Blick auf die Wiesen und Wälder. Auf den Koppeln stehen Emus, Schafe und Strauße. Nahe der großen Reithalle scharren Hühner in einem Gehege, Enten watscheln umher. „Mein Vater ist ein großer Tierfan“, erklärt Plönzke.

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Der 81 Jahre alte Unternehmer Klaus Christian Plönzke hat vor fast 40 Jahren den damaligen Bauernhof gekauft. Anfangs lebten hier seine drei Pferde gemeinsam mit Kühen. Seit 1982 ist der Tannenhof ein Gestüt mit 65 Pferden, darunter 13 Hengsten. „Ich finde das zu viel“, sagt Plönzke, die mit halb so vielen Pferden glücklich wäre. Daher sollen nun einige der Tiere verkauft werden.

Im Eingang vor dem Stall hängen die grünen Stalltafeln der Hengste, die hier einst gelebt haben. Darunter auch die Schilder von Solero und Carabas, den ehemaligen Top-Pferden von Anja Plönzke. Sie selbst ist in Wiesbaden gemeinsam mit der Schwester bei ihrer Mutter aufgewachsen. Die Wochenenden und Ferien hat sie damals beim Vater auf dem Tannenhof verbracht.

Schon als Kleinkind saß sie das erste Mal auf dem Pferd, doch beim ersten Start auf einem Turnier war sie den Kindesbeinen schon fast entwachsen. „Eigentlich wollte ich auch gar nicht.“ Doch ihr Vater meldete sie an, schon beim ersten Start in einer A-Dressur war sie platziert – und die Turnierkarriere nahm ihren Lauf. Dabei hatte es ihr der Springsport anfangs mehr angetan, seit einem Sturz zieht sie jedoch den Dressursattel vor. „Ich mag es allgemein am Reiten, dass man das Pferd als Partner hat und zusammen arbeitet.“ Gerne bildet sie ihre Pferde selber aus.

Die Zucht ist ein schwieriges Geschäft

Allerdings kennt sie auch die Schattenseiten der Zucht und der Pferdeausbildung. Ihr ist bewusst, wie viel auf dem Weg zur Grand Prix-Reife eines Pferdes schief gehen kann. Schon die Zucht ist ein schwieriges Geschäft. „Unter zehn Fohlen ist vielleicht eines dabei, das sich für den großen Sport eignet“, sagt sie. Und auch bei einem talentierten Pferd kann während der Ausbildung viel passieren. Im besten Fall dauert es ab dem Anreiten etwa sechs Jahre lang, bis ein Pferd die Reife für Grand Prix-Prüfungen hat.

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Ihr Top-Pferd Fahrenheit wurde im Alter von zweieinhalb Jahren auf dem Hengstmarkt in Hannover gekauft. Schon als junges Pferd wurde er von Plönzke geritten, später übernahm eine Bereiterin die Ausbildung. Dann kam Fahrenheit unter den Sattel des früheren Tannenhof-Betriebsleiters Leif Hamberger, der mit dem Pferd viele Erfolge feierte. So wurde er zwei Mal hessischer Berufsreiterchampion.

Plönzke selbst war vor fünf Jahren nach München gezogen. Im vergangenen Jahr trennte sie sich von ihrem Ehemann, im Frühjahr 2017 zog sie nach Heidenrod. „Mein Vater hatte mich schon öfters gefragt, ob ich nicht auf den Tannenhof zurückkehren möchte“, erzählt sie. Schließlich willigte sie ein und wohnt seitdem unter der Woche über der Reithalle. Ihr Vater lebt ebenfalls auf dem Anwesen. Tagsüber reitet sie, gibt den Bereitern Unterricht, kümmert sich um das Büro, die Anfragen von Züchtern und auch um das stetig wachsende Unternehmen Clip my horse, das von Reitsportveranstaltungen live überträgt. Abends fährt sie gerne nach Wiesbaden oder Frankfurt, um sich mit Freunden zu treffen.

Fahrenheit steht dann schon längst wieder in seiner Box und knabbert am Heu. Als Abwechslung zum Alltag darf der Zehnjährige manchmal Freispringen. „Das findet er gigantisch“, so Plönzke. Fahrenheit hat gleich zwei Jobs: Er ist nicht nur Sportpferd, sondern auch Deckhengst. Etwa 200 Stuten werden jährlich mit seinem Samen beglückt. Allerdings kann Fahrenheit zwischen seinen Jobs gut unterscheiden. Er hat laut seiner Reiter in einer Prüfung noch nie einen Fehler gemacht, weil er nach anderen Pferden geguckt hat.