Leserbrief zum Blog über #MeToo im Pferdesport

Von
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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

In ihrem allwöchentlichen Blog über den Pferdesport hatte St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer vor drei Tagen ein heikles Thema angesprochen: #MeToo. Dazu hat eine Leserin Stellung bezogen.

Den Blog von Gabriele Pochhammer zur #MeToo-Debatte im Pferdesport finden Sie hier. Eine Leserin hat dazu wie folgt Stellung bezogen (Text ist stellenweise gekürzt):

Meiner persönlichen Beobachtung zufolge – und ich betone, dass es sich hier um einen subjektiven Eindruck handelt – ist diese Problematik im Reitsport sogar noch massiver vorhanden als in anderen Sportarten! Allerdings wird darüber „nicht geredet“, und wenn, dann nur hinter vorgehaltener Hand. Vielfach findet sogar eine Täter-Opfer-Umkehr statt.

Ich bewege mich seit 25 Jahren im Reitsport und in dieser Zeit habe ich sehr viele Fälle von (sexueller) Nötigung oder Belästigung mitbekommen, die vielfach leider auch bagatellisiert wurden. Autoritätspersonen will man ja „nicht anpatzen“.

So wurde beispielsweise eine Pflegerin in einem Reitbetrieb, wo ich mein Pferd eingestellt hatte, über Monate vom Stallpächter anzüglich angesprochen und betätschelt. Darauf angesprochen, winkte sie ab, das sei halt der Chef. Eines Tages, als ich in den Stall kam, war sie nicht da. Man sagte mir, sie sei wegen Unterleibsschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert worden … Man will sich eigentlich nicht vorstellen, was damals passiert sein könnte. Ich sage bewusst, „könnte“, weil es ja keine Aussage dazu von ihr gab. Eine Anzeige gab es auch nicht. Die Pflegerin verließ den Stall, ihre Sachen wurden von ihrer Familie ein paar Tage später abgeholt. Was bleib, waren Gerüchte.

Im Mai 2017 versuchte eine junge Pferdepflegerin in den Duschräumen auf einem großen internationalen Springturnier in Österreich, Selbstmord zu begehen. Sie würde entdeckt, reanimiert und verstarb Wochen später im Krankenhaus. Zuvor hatte sie beim Stallmeister um Hilfe gebeten – ihr Chef, ein bekannter Springreiter, mache ihr Angst und sie wolle nicht im Lkw schlafen. Er soll sie geschlagen, möglicherweise auch missbraucht haben. Der Fall wurde totgeschwiegen, Beweise gab es ja keine, niemand traute sich, auszusagen. Was blieb, waren Gerüchte.

Das sind nur zwei Fälle, die mir im Gedächtnis geblieben sind, vieles verblasst auch im Laufe der Zeit. Und vieles erfährt man auch überhaupt nicht, da Betroffene aus Scham schweigen. Ich meine, dass hier die im Reitsport doch weit verbreitete Neidkultur eine Rolle spielt. Hat ein junges Mädel ein gutes Pferd von einem Sponsor, kommen vielfach automatisch Gerüchte auf: Was hat sie wohl dafür getan? Bevorzugt ein Reitlehrer einen Schüler besonders, so MUSS dahinter ja wohl eine Gegenleistung stecken… usw. Und ich verwende hier bewusst die männliche Form, denn nicht nur Frauen sind davon betroffen.

Kurzum: Ja, der Reitsport hat meiner Meinung nach seit Jahrzehnten ein weit größeres Problem, was (sexuelle) Belästigung und Nötigung angeht, als andere Sportarten – die Aussage, dass man darauf „nicht sofort käme“, ist absurd. Geht man selbst mit nur einem offenen Auge durch die Reiterwelt, stolpert man immer wieder darüber. Dass die FEI und auch die nationalen Verbände handeln, ist längst überfällig. Und auch medial gehört das Thema vor den Vorhang. Denn totgeschwiegen wurde lange genug.air jordan 1 mid outlet | Sneakers Draked Viola | Atelier-lumieresShops | Sneakers search engine

Dominique WehrmannRedakteurin

Studierte Politologin, seit 2006 bei St.GEORG. Als Jugendliche Dressurtraining bei Hans-Georg Gerlach, Michael Settertobulte und Reitmeister Hubertus Schmidt und das auf einem selbstgezüchteten Pferd. Verantwortet die Bereiche Spitzensport und Pferdezucht. Im Presseteam des CHIO Aachen und der Pferdemesse Equitana, hat für den NDR im Fernsehen kommentiert.