Springreiterin Elizabeth Madden:Noch mal ein Pferd fürs Leben

Paris France 12 4 2018 Reitsport LONGINES FEI World Cup Finals Paris Longines FEI World Cup J

Lohn der Präzision: Elisabeth Madden gewinnt auf Breitling in Paris die Weltcupserie der Springreiter.

(Foto: imago/ThomasReiner.pro)

Im Stall der Eltern hatte Elizabeth Madden als Kind Reiten gespielt. Später gewann sie Olympiamedaillen und mit 53 Jahren nun den Weltcup - dank ihrer Routine und dank Breitling, des hochbegabten Hengstes.

Von Gabriele Pochhammer

Elizabeth Madden, die alle nur "Beezie" nennen, ist keines dieser strahlenden All American Girls. Sie ist ruhig und überlegt und zügelt ihre Emotionen. Wenn die 53-Jährige mal lacht, muss sie einen guten Grund haben. Beim Weltcupfinale der Springreiter in Paris hatte Beezie Madden davon gleich mehrere: Zum zweiten Mal nach 2003 holte sie den Weltcup, gewann zwei von drei Prüfungen und kassierte fast 250 000 Euro Siegprämie. Sie weiß spätestens jetzt, dass sie mit dem zwölfjährigen Hengst Breitling eines der besten Pferde der Welt hat.

Zwar gewann er in den Wochen vor dem Finale mehrere Große Preise, aber "ganz sicher waren wir uns nicht", sagt Madden, "dies war die schwerste Aufgabe für ihn bisher". Sie hatte Breitling als Siebenjährigen von Weltmeister und Olympiasieger Jeroen Dubbeldam gekauft, einem langjährigen Handelspartner ihres Mannes John Madden. Da hatte der Hengst schon eine Geschichte. Geboren ist er in Mexiko auf dem Gestüt des Milliardärs Romo Silla, der Sportpferde nach europäischem Rezept züchtet - im Fall von Breitling mit Holsteiner Genen. Dubbeldam, der das Talent des großen Braunen erkannt hatte, wollte ihn als Zuchthengst in den Niederlanden eintragen lassen. Aber die Herren der strengen Auswahlkommission senkten zweimal die Daumen. Denn der Hengst setzte so gewaltig über die Hindernisse, dass man Manipulationen befürchtete, Breitling sprang einfach zu gut - auch Hochbegabte haben's manchmal schwer. Erst im dritten Anlauf erhielt er die Zuchtzulassung.

An Beezie Maddens Talent und Ehrgeiz zweifelte von Anfang an niemand. Zwar gehörte sie nie zur Jeunesse Doré aus dem Silicon Valley, in deren Familien Pferdepreise keine Rolle spielen. Aber ihre Eltern unterstützten sie nach Kräften. Wie so viele kleine Mädchen war auch sie schon als Kind nicht aus dem Pferdestall zu vertreiben, setzte sich auf die Sättel, die zum Trocknen auf dem Bock lagen, und galoppierte in ihrer Fantasie über Stock und Stein. Ihr erstes Pony bekam sie zunächst nur mit Trense geschenkt. Bevor der Sattel folgte, musste sie erst beweisen, dass sie es ernst meinte mit dem Reiten. Dass sie gelernt hat, sich auch ohne Steigbügel auf dem Pferd zu halten, sollte sich im späteren Reiterleben als nützlich erweisen. Als 1989 in einem Nationenpreis der Bügelriemen riss, konnte Madden den Parcours ohne Bügel beenden.

Erste Erfolge feierte sie als Juniorin in der College-Mannschaft. Nach der Schule begann Madden, damals noch unter ihrem Mädchennamen Patton, ein Studium in Charlottesville. Dann kam das Job-Angebot von Kathie Prudent, einer renommierten Trainerin, selbst Siegerin im Großen Preis von Aachen.

Die Entscheidung, ihr Studium aufzugeben, fiel Madden nicht leicht. Mit dem Job als Working Student würde sie aber genug verdienen, um ihre Pferde selbst zu finanzieren. "Meine Eltern brauchten mich nicht mehr zu unterstützen, das machte die Entscheidung leichter", sagt sie. Madden reifte somit zu einer Weltklassereiterin heran. In Paris konnte man erkennen, dass hohe Reitkunst nicht nur auf dem Dressurviereck geboten wird, sondern die Harmonie zwischen Reiter und Pferd auch im Spring-Parcours entscheidend ist. Mit viel Gefühl und Kontrolle verschenkte Madden nicht einen Zentimeter und sparte so wichtige Sekunden. Es sah nicht schnell aus, aber die Uhr wusste es besser.

Fünf Jahre blieb sie bei Kathie Prudent, dann erhielt sie 1987 ein Angebot, von John Madden, der im US-Bundesstaat New York einen Handelsstall für Sportpferde betrieb. Inzwischen galt sie als eine der erfolgreichsten Springreiterinnen in den USA. Für John Madden war sie die Idealbesetzung, sie konnte jedes Pferd dazu bringen, sich von seiner besten Seite zu zeigen. "Ich gab ihr das Fundament, aber John Madden weckte ihre Killerinstinkte im Parcours", sagte Prudent später. Madden musste dennoch lange warten, bis sie ihren ersten Titel, den Weltcup, gewann. Da sie in einem Handelsstall arbeitete, waren die besten Pferde schon oft am Tag nach einem großen Sieg verkauft. Das änderte sich erst, als aus dem Chef und seiner Angestellten allmählich ein Paar wurde. Nach elf Jahren wurde 1998 geheiratet.

Von den vielen Pferden, die Maddens Karriere begleiteten, war der Wallach Authentic wohl das beste, er war das, was Reiter als "Pferd meines Lebens" bezeichnen. Mit ihm wurde sie 2006 in Aachen WM-Zweite, gewann 2008 in Hongkong olympisches Mannschaftsgold und Einzelbronze. 2014 wurde Authentic dann in den Ruhestand geschickt.

Doch ganz selten, da hält das Schicksal auch mehrere Lebenspferde für einen Reiter bereit. Vielleicht ist Breitling so eines. Hochbegabt ist er jedenfalls.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: