Eine Schweizer Springreiterin und Marokkos Königshaus sind in eine abenteuerliche Dopinggeschichte involviert

Die Springreiterin Nadja Peter Steiner wird gesperrt, weil ihr Pferd positiv getestet wurde. Die Anwältin sagt, der Medikationsbefund sei fremdverschuldet.

Marco Ackermann
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Nadja Peter Steiner und ihr Pferd Saura de Fondcombe wurden für zwei Jahre gesperrt.

Nadja Peter Steiner und ihr Pferd Saura de Fondcombe wurden für zwei Jahre gesperrt.

Tt News Agency / Reuters

Wer diese Geschichte liest, wähnt sich in einem orientalischen Abenteuerfilm. Mittendrin: Nadja Peter Steiner, 35 Jahre alt, 2017 EM-Bronzegewinnerin mit der Schweizer Springreit-Equipe. Weiter beteiligt: der Reitsport-Weltverband FEI und das marokkanische Königshaus.

Am Mittwochabend veröffentlichte die FEI ein Schreiben mit brisantem Inhalt. Der Verband teilte mit, wie sein Tribunal in vier Fällen entschieden habe, in denen es um den Nachweis verbotener Substanzen gehe. Der eine Fall betrifft Nadja Peter Steiner. Die FEI hat in dieser Woche gegen sie eine Sperre von zwei Jahren ausgesprochen.

Der in Frankreich wohnenden Schweizerin wird zur Last gelegt, dass bei ihrem Pferd Saura de Fondcombe im Oktober 2017 am Drei-Sterne-Turnier in Tétouan, Marokko, Spuren der unerlaubten Substanz O-Desmethyltramadol gefunden worden seien. O-Desmethyltramadol ist ein Zwischenprodukt des Mittels Tramadol, das Schmerzen mindert. Es wird in der Humanmedizin eingesetzt und ist für Pferde nicht zugelassen. Fünf Tage nach der Medikationskontrolle in Tétouan wurde Saura de Fondcombe an einem anderen Ort in Marokko erneut getestet; bei jenem Mal fiel das Resultat negativ aus.

Die Vorwürfe sind nicht neu, sie sind Ende 2017 an die Öffentlichkeit gelangt. Doch weil Peter Steiner inzwischen wieder an Turnieren teilnehmen durfte, 2019 am CSI Basel den 6. Rang erreichte, und weil sich der Fall endlos hinzuziehen schien, dachte man, die Sache könnte für die Athletin glimpflich ablaufen. Wie der Schweizerische Verband für Pferdesport am Mittwoch schreibt, war das Verfahren so lange hängig, weil beim Medikationsbefund ein Fremdverschulden eines Angestellten des Turnierveranstalters vermutet wurde. Nun also die Kehrtwende: Laut FEI-Tribunal ist das Fremdverschulden nicht bewiesen.

Für die Anwältin von Nadja Peter Steiner ist das nun gefällte Urteil schwer verständlich. Und sie präsentiert eine Theorie, wie es zum positiven Test hat kommen können. Sie schildert Vorgänge, wie sie sich im Oktober 2017 in Tétouan zugetragen haben sollen. Nadja Peter Steiner sei angewiesen worden, ihr Pferd während der rund dreissigminütigen Siegerehrung einem ihr unbekannten Angestellten des Turnierveranstalters zu übergeben, einem Mitglied der königlichen marokkanischen Garde.

Ein Fotograf habe dokumentiert, dass das Pferd dieser Person während der Siegerehrung die Hand ableckte. Tramadol werde in Nordafrika weit verbreitet missbraucht, es gelte als «Kokain der Armen». Dass ein Ablecken der Hand in dieser Situation genügt hätte, um einen positiven Test zu verursachen, sei bekannt. Ihre Mandantin habe keine Möglichkeit gehabt, um mit dieser Person Kontakt aufzunehmen.

Die Anwältin schreibt weiter, im Widerspruch zum Fotobeweis habe die königliche marokkanische Garde im April 2018 behauptet, dass die Angestellten des Turnierveranstalters keinen Kontakt mit den Pferden gehabt hätten. Sie kommt zum Schluss: «Nadja Peter Steiner wird für einen Vorgang verantwortlich gemacht, über den sie keinerlei Kontrolle hatte.»

Peter Steiner hat drei Wochen Zeit, um beim Internationalen Sportschiedsgericht TAS gegen das Urteil des FEI-Tribunals Berufung einzulegen. Rund neun Monate ihrer Sperre hat sie verbüsst.

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