von Roland Kern am Sonntag, 05.05.2024 um 11:45

„Erbel und Lauterbach müssen zurücktreten“

Das wird eine ungemütliche Jahrestagung der FN in Dresden am Montag und Dienstag. Die große Delegiertenversammlung wird geprägt sein von der großen Finanzkrise, die in der vergangenen Woche bekannt geworden ist, verbunden mit der Kündigung (oder dem Rausschmiss, da gehen die Meinungen auseinander) des Finanzgeschäftsführers René Straten. Die Hütte brennt: Wie man hört, soll erstmals in der Geschichte des Verbandes auf eine Entlastung des Präsidiums verzichtet werden. Diese soll nachgeholt werden, nachdem ein externes Gutachten über strukturelle Probleme beim Reiterverband vorliegt. Ein solches soll nach Dresden in Auftrag gegeben werden, darauf hat sich das FN-Präsidium schon im Vorfeld der Jahrestagung verständigt. Unsere Redaktion führte zu den Vorgängen ein Interview mit dem Unternehmer und Funktionär Martin Richenhagen, der als Kenner aber auch Kritiker der FN bekannt ist. Er war in der Vergangenheit immer wieder als möglicher FN-Präsident im Gespräch.

Herr Richenhagen, Sie nennen die FN einen Sanierungsfall, was bei fast einer Million Defizit in einem Jahr sicher zutreffend ist. Fragen wir mal so: Ist die FN überhaupt sanierbar?

Grundsätzlich ja, dafür braucht es allerdings betriebswirtschaftliches Know How und entsprechende Erfahrung, sowie große Änderungsbereitschaft.

Sehen Sie in der FN überhaupt den Willen für eine Sanierung? Eine oder mehrere Personen, die es anpacken?

Absolut nein.

Am Montag und Dienstag werden die FN-Delegierten in Dresden tagen. Glauben Sie, dass dort ehrlich und schonungslos gesprochen wird?

Das hoffe ich, obwohl ja eher immer Probleme unter den Teppich gekehrt werden.

Sie haben vor Monaten vor größeren Defiziten gewarnt, war es seitens der FN fahrlässig, das in den Wind zu schlagen?

Ja.

Sie bezeichnen die Kündigung des Finanzgeschäftsführer Rene Straten als Bauernopfer. Wie würden denn Ihrer Ansicht nach die richtigen personellen Konsequenzen aussehen?

Erbel und Lauterbach mit der gesamten Geschäftsführung müssen zurücktreten.

Sie kennen sich an der Schnittmenge zwischen Haupt- und Ehrenamt bei der FN ja sehr gut aus. Inwieweit muss sich die ehrenamtliche Spitze des Verbandes nun Vorwürfe gefallen lassen, insbesondere Präsident Erbel und der Finanzkurator Gerhard Ziegler, der sicher am nächsten an der Finanzgeschäftsführung dran war?

Sie haben Ihre Aufsichtspflicht ungenügend wahrgenommen.

Die FN hat sicherlich gravierende strukturelle Finanzprobleme, die nicht mit kurzfristigem Stopfen von Löchern zu lösen sind. Wo sehen Sie diese strukturellen Probleme? Sind sie lösbar? Ist es die Finanzstruktur oder sogar die Verbandsstruktur?

Ja, beides. Die Leistungen, die wesentlich basisnäher und effektiver zu erbringen sind, sind bekannt. Die jährlichen Einnahmen können ebenfalls leicht geplant werden. Die Strukturen und Kosten müssen lediglich konsequent angepasst werden. 

Wenn die FN im Zuge dieser Diskussion einen neuen Präsidenten suchen  sollte, würden Sie zur Verfügung stehen?

Unter bestimmten Voraussetzungen als Turn-around-Leader für ein paar Jahre, einschließlich der Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Da ich noch ein Haus im Kreis Warendorf habe, würde ich dann natürlich mehr Zeit in Deutschland verbringen, wo ich ja auch noch vier Pferde und ein wunderschönes Auto habe.

(Das Interview führte Roland Kern)

 

Martin Richenhagen – zur Person

Martin Richenhagen gilt als einer der besten aber auch kritischsten Kenner der FN und der Reitsportszene in Deutschland. Der gebürtige Kölner, studierte Theologe, ehemalige Dressurrichter, -Reiter und Equipe-Chef sowie frühere Präsident des Landmaschinenherstellers AGCO, zu dem auch die Marke Fendt (früherer Hauptsponsor der FN) gehört, war einige Jahre auch des Sprechers des Stiftungsrats der Stiftung Spitzensport in Deutschland. Im November vergangenen Jahres trat er von diesem Amt zurück und sparte nicht mit Kritik an der FN. Grundsätzlich ging es um unterschiedliche Vorstellungen in den Bereichen Compliance und Corporate Governance. Richenhagen ist auch Herausgeber der „Reiterrevue“. Er wurde in der Vergangenheit immer wieder als möglicher FN-Präsident gehandelt. Der Mannheimer Reiterpräsident Peter Hofmann hatte ihn seinerzeit als Nachfolger von Breido Graf Rantzau vorgeschlagen.

Anmerkung der Redaktion: Wir haben uns auch um ein Interview mit Finanzkurator Gerhard Ziegler bemüht. Aus dem FN-Präsidium hieß es aber, dass Interviews für Medien erst nach dem Ablauf der FN-Jahrestagung gegeben werden.    Foto: Stefan Lafrentz

 

Roland Kern (Redaktion)

Der Ruhepol der Redaktion, der im Notfall immer noch eine Lösung parat hat. Die Stimme (The Voice) von Reiterjournal-TV, hat selbst Pferde bis zur Klasse S ausgebildet und kennt keinen Feierabend.

gleich gehts weiter...