Beim Reitverein Waiblingen wird um ein Pferd getrauert, doch das schnelle Handeln der Verantwortlichen hat nach dem Ausbruch der tödlichen Infektionskrankheit Pferdeherpes vielen Tieren das Leben gerettet.
Noch sind Sicherheitsvorkehrungen und Quarantänemaßnahmen nicht aufgehoben. Wer auf das Gelände des Reitervereins Waiblingen will, muss sich anmelden und wird vor dem Betreten desinfiziert. Doch die Lage hat sich deutlich entspannt. Rund vier Wochen, nachdem im Stall Pferdeherpes ausgebrochen ist, und eines der Tiere so geschwächt war, dass es eingeschläfert werden musste, ist die Fieberkurve bei allen Pferden, auch bei jenen, die Symptome der tödlichen Virusinfektion gezeigt hatten, wieder im normalen Bereich. Und die Menschen atmen auf. „Es war ein Schicksalsschlag“, sagt Stefanie Maier, die Vorsitzende des RV Waiblingen.
Anfang Februar hatte das Drama begonnen. „Wir hatten ein Pferd mit hohem Fieber, vier Tage später kam die Bestätigung, dass es Pferdeherpes ist. Wir haben dann sofort den Reiterverein gesperrt, und die Tiere so gut es ging voneinander isoliert“, sagt Stefanie Maier, die Vorsitzende des RV Waiblingen. Zum Glück hätten sie gleich reagiert, denn „ab dem nächsten Tag ging es raketenmäßig los“.
Sieben weitere Pferde hätten 24 Stunden später Fiebersymptome gezeigt, erzählt die Chefin der Waiblinger Reiterinnen und Reiter. „Darunter war auch das Privatpferd, das dann eingeschläfert werden musste.“ Insgesamt seien 27 Pferde der insgesamt 40 Tiere, die in Waiblingen stehen, infiziert worden, so Maier. „Viele hatten nur in Anführungszeichen Fieber mit Husten, aber die die es schwer erwischt hat, hatten neurologische Ausfälle. Sie konnten nicht mehr alleine aufstehen, nicht mehr Wasser lassen, und unser Pony ,Chupete‘ hatte auch Gesichtslähmung.“
Tag und Nacht, sagt Stefanie Maier, seien in der kritischen Phase Tierärzte und die Mitglieder auf dem Gelände gewesen. „Und jeder hatte Angst um die Pferde.“ Besonders schlimm hatte es neben dem Privatpferd, das nicht überlebt hat, das allseits beliebte Vereinspony „Chupete“ erwischt. „Wir haben uns alle eingesetzt, ,Chupete‘ wurde 24 Stunden, also rund um die Uhr, betreut.“ Der 14-jährige Wallach kämpfte tagelang ums Überleben, und er hat es geschafft. „Als ,Chupete‘ wieder stand, hatten alle Tränen in den Augen“, sagt Stefanie Maier. „Er braucht aber noch seine Zeit, und ob es auch wieder für den Reitunterricht reicht, müssen wir sehen.“
Im Waiblinger Stall herrscht schon lange Impfpflicht
Die Vorsitzende mag gar nicht daran denken, wie die Seuche verlaufen wäre, ohne die Impfpflicht, die es im Waiblinger Stall schon lange gibt. „Ohne sie wäre die Viruslast im Stall viel höher gewesen, und wir hätten sicher noch mehr schlimme Verläufe gehabt und wohl auch mehr tote Pferde.“ Ganz unumstritten sei die Impfung gegen das EHV I und EHV IV Virus, die zweimal jährlich gemacht werden muss, zwar nicht, so Stefanie Maier, und zudem auch recht teuer. „Aber bei uns ist sie vorgeschrieben und das wird auch so bleiben. Denn es kann jederzeit wieder passieren.“
In Waiblingen ist es zwar der erste Ausbruch seit 1958, erzählt die Vorsitzende, aber prinzipiell trage jedes Pferd den Virus in sich. Gefährlich seien vor allem die Zeiten des Fellwechsels im Frühjahr und Herbst, so Stefanie Maier. „Dann geht das Immunsystem der Pferde herunter, und es kommt immer wieder zu Ausbrüchen.“ Wenn diese nicht so schlimm seien, müsse man es aussitzen, die Pferde separieren und derweil deren Immunsystem stärken.
Das Quarantäne-Zelt steht noch immer auf dem Abreiteplatz. Noch immer sollen die Pferde möglichst mit Abstand gehalten werden. Jeden Montag werden zudem von Mitarbeitenden des Pferdegesundheitsamts in Fellbach Abstriche bei allen Pferden gemacht, um die Viruslast zu ermitteln. An normalen Reitschulbetrieb ist jedenfalls derzeit nicht zu denken. „Die Tiere sind zwar fieberfrei, aber noch zu geschwächt, deshalb gilt für alle nur leichte Arbeit“, sagt Stefanie Maier. Zweimal täglich messen die Mitarbeitenden und die Mitglieder Fieber bei allen Pferden. Denn erst wenn 21 Tage lang keines der Tiere eine erhöhte Temperatur habe, kann der Verein wieder geöffnet werden. „Am 17. März wird noch einmal bei allen Tieren ein Abstrich genommen, wenn alle negativ sind, können wir wieder aufmachen.“
Der Ausbruch bedeutet auch eine finanzielle Belastung für den Verein
Neben dem Leid und dem Stress bedeute der Pferdeherpes-Ausbruch auch eine enorme finanzielle Belastung, sagt Stefanie Maier. „Die Behandlungen der Schulpferde sind teuer, und es werden insgesamt wohl fast zwei Monate, in denen wir keinen Reitunterricht machen können.“ Dankbar ist die Vorsitzende über die vielen Spenden, die dem Verein helfen über die schwere Zeit zu kommen. „Die Spender haben den Schulpferden das Leben geschenkt.“
Pferdeherpes
Symptome
Hinter dem harmlosen Namen steckt eine für Pferde oft tödliche Infektion, die für Menschen und andere Tiere wie Hunde völlig harmlos ist, wobei alle jedoch Überträger sein können. Pferdeherpes oder auch Equines Herpesvirus genannt, ist ein hochansteckendes Virus, der durch Tröpfcheninfektion übertragen wird. Je nach Alter und Verfassung des Pferdes können die Beschwerden unterschiedlich stark ausfallen. Die Fieberphase kann mehrere Tage andauern, oder auch nach kurzer Zeit bereits wieder beendet sein. Infizierte Pferde scheiden das Virus allerdings bis zu zwölf Tage aus und können in diesem Zeitraum andere Pferde anstecken.
Isolation
Das Auftreten der gefürchteten neurologischen Form findet meist in einem späteren Zeitraum der Infektion und bei wieder abgesunkener Körpertemperatur, statt, kann aber auch zu einem früheren Zeitpunkt auftreten. Symptome der neurologischen Form sind eine Unkoordiniertheit (Ataxie) der Hinterhand, ein nicht Absetzen können von Urin (Blasenlähmung) und Schwierigkeiten beim Kopf absenken. Wenn ein Verdacht einer Equinen Herpesvireninfektion besteht, sollte das betreffende Tier unbedingt isoliert werden.