Foto: Paul Schockemöhle (l) will einen Neustart mit dem Dressurpferd Totilas - Fotograf: Ingo Wagner - dpa
Aachen (dpa) Paul Schockemöhle schaute bei den Fragen nach dem teuersten Dressurpferd der Welt, für das er vor zwei Jahren rund zehn Millionen Euro in die Niederlande überwiesen hatte, grimmig drein. Die Idee, aus viel Geld Gold zu machen, ist nicht aufgegangen.
«Das Finanzielle steht nicht im Vordergrund», knurrte der Unternehmer, der als Pferdehändler und Spediteur zum Millionär geworden ist. «Das lässt mich natürlich nicht kalt», gab der ehemalige Springreiter zu, der durch Totilas sein Herz für die Dressur entdeckt hat. Olympisches Gold lautete das erklärte und im Herbst 2010 mit viel Tamtam verkündete Ziel des spektakulärsten Transfers in der Geschichte des Pferdesports. «Im Sport gehen eben nicht alle Pläne auf», sagte Schockemöhle zum Olympia-Aus wegen der Erkrankung des Reiters Matthias Rath. Einen Reiterwechsel lässt das Reglement nicht zu, wäre für Schockemöhle aber ohnehin keine Alternative gewesen.
«Der Spuk ist vorbei», kommentierte die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» - und das klang ziemlich erleichtert. Das Bohei um das schicke schwarze Pferd, von Michael Mronz' Marketingfirma noch angeheizt -, hatte viele Reitsport-Fans abgeschreckt. Totilas-Tassen, T-Shirts mit der Aufschrift «Champion» und sogar eine eigene Internet-Seite für das Pferd sind halt nicht jedermanns Geschmack.
«Irgendwann wird er wieder gesund, und dann werden wir wieder neu anfangen», sagte Schockemöhle - und wirkte dabei nicht gerade zuversichtlich. Denn 2016, wenn es in Rio de Janeiro die nächste olympische Chance gäbe, wäre Totilas 16 Jahre alt. Angesichts der vielen Verletzungen, die den Hengst in den vergangenen Monaten immer wieder plagten, gibt es von daher nur wenig Grund zu Optimismus.
Um Schockemöhle muss sich keiner Sorgen machen, der Mann hat genug Geld und kann mit den Samen von Totilas weiterhin gut verdienen. Schließlich hat der Hengst mit den drei goldenen WM-Medaillen unter dem Niederländer Edward Gal seine Klasse schon eindrucksvoll bewiesen und sich den Ruf des Wunderpferdes erworben.
Die wirtschaftlich attraktive Alternative, das Pferd nach dem geplatzten Gold-Traum zu versilbern, schloss Schockemöhle aus. «Das steht nicht zur Diskussion» versicherte der 67-Jährige. Zuletzt hatte er im Frühjahr eine verlockende Offerte von dem österreichischen Waffenproduzenten Gaston Glock erhalten. Als Sponsor des ehemaligen Totilas-Reiters macht der im Moment viele Pferdehändler glücklich.
Auch für die Familie Rath/Linsenhoff, die von Schockemöhle Anteile an dem sündhaft teuren Pferd erworben hatte, dürften keine wirtschaftlichen Probleme entstehen. Man muss es ja nicht gleich so bollerig ausdrücken wie Ludger Beerbaum, der im «Tagesspiegel» in seiner unnachahmlichen Art geätzt hatte: «Die könnten es sich sogar finanziell leisten, das Pferd morgen auf den Grill zu legen und aufzuessen.»
Sorgen muss man sich eher um den Reiter machen. Matthias Rath, der in dem ganzen Wirbel der zurückliegenden Monate immer noch den besonnensten Eindruck gemacht hatte, muss sich nun nicht nur vom Pfeiffer'schen Drüsenfieber erholen.