Foto: Konzentrierte Medienkompetenz: Die Medienexperten Jörg Althoff, Sportchef der Sportbild Süd (li.), und Dr. Peter Figge, Vorstand der Jung von Matt AG (re.), in der Diskussion rund um die Werbung für Sportstars - Fotograf: Pantel
In Liebenberg wurde viel diskutiert, wurden neue Kontakte geknüpft und spannende Vorträge in einer hochkarätigen Veranstaltung von der Deutschen Kreditbank AG (DKB), dem Oldenburger Pferdezuchtverband und den Persönlichen Mitgliedern der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) organisiert. Mit 250 interessierten Zuhörern war der ehemalige Rinderstall von Schloss & Gut Liebenberg nördlich von Berlin wieder voll besetzt.
Die Erfolge von Werth, Jung und Co. sind in Reiterkreisen unbestritten. Doch populäre Stars, Sieger in der Gunst des Publikums und Markenrepräsentanten fehlen. Diese brauchen wir allerdings, um neue Menschen für das Pferd zu gewinnen. „Leere Ränge in Rio – wie muss geworben werden, damit mehr Menschen Reitsport wollen?“ hieß das Thema, dem Dr. Peter Figge, Vorstand der renommierten Werbeagentur Jung von Matt AG und selbst Liebhaber des Dressursports, nachging. „Wie müssen wir werben, um Menschen zu erreichen?“. Er führte den Zuhörern zunächst vor Augen, wie sehr sich die Medienlandschaft in den vergangen 25 Jahren verändert hat. „Heute haben wir es immer noch mit einem sozialen Gebilde namens Familie zu tun, doch in der Regel sitzen alle zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Räumen vor unterschiedlichen Geräten.“ Dabei ist nicht nur der Medienkonsum selbst deutlich angestiegen, sondern auch die Vielfalt der Inhalte. „Wir leben in einer Gesellschaft, die zur Selbstdarstellung neigt. Langfristig wird man ohne eine gewissen mediale Präsenz keinen Erfolg mehr haben.“ Das betrifft auch die Reiter.
Es ist nicht mehr das Unternehmen allein, das seine Marke bewirbt, vielmehr tauschen sich auch die Nutzer auf allen möglichen Kanälen in allen möglichen Varianten über die Marke „Reitsport“ aus. Es braucht also Inhalte, die die Menschen freiwillig konsumieren. Moderne Medien bieten moderne Möglichkeiten, um junge Stars zu inszenieren. „Wer junge Menschen begeistern will, muss ihre Sprache sprechen“, brachte es Dr. Figge auf den Punkt. Die junge Zielgruppe muss zum Austausch animiert werden. Die Werbung sollte besser, schneller, aggressiver ausgerichtet werden, es sollten Vorbilder mit Ecken und Kanten gezeigt werden. Statt krampfhaft zu versuchen, ein Mediensport zu werden, muss versucht werden, die Kräfte zu bündeln, um mehr Reichweite für den Reitsport zu erziehlen. Und das über moderne Medien, wie auch der zweite Medienexperte, Jörg Althoff, meint. Der Chefredakteur von der Sportbild Süd empfiehlt als Lösung für mehr Medienpräsenz des Reit-sports mehr Geschichte, Emotionen und Reiter mit Profil. Als Beispiel zeigte er die professionell gemachten Video-Clips des jungen Formel E-Fahrers Daniel Abt, der Jugendliche seines Alters für diese neue Sportart begeistert. So etwas ist für junge Nachwuchsreiter im Sport vorstellbar und ausbaufähig. Eine gute Selbstvermarktung ist bedeutender denn je.
Kathleen Keller, aufstrebende Grand Prix-Siegerin, wies aber auch auf die Problematik der Selbstvermarktung hin. Es koste viel Geld und vor allem auch Zeit, was es jungen Berufsreitern schwer mache, Social Media professionell zu betreiben. In dieser Hinsicht appellierte Petra Wilm, FN-Präsidiumsmitglied, an die Medienvertreter mit Herz für Pferdesportler, künftig Patenschaften für Nachwuchsspitzenreiter zu übernehmen.
Diesen Zusammenhang von Sport und Zucht machte auch Dr. Dietrich Plewa, Rechtsanwalt und internationaler Dressurrichter u.a. der DKB-Bundeschampionate, deutlich. „Die Zucht hat in den vergangenen 30 Jahren erhebliche Fortschritte gemacht“, leitete er seinen Vortrag zur Ausbildung junger Talente ein. Diesen Zuchtfortschritt belegte er anhand verschiedener Fotos von der Historie bis zur Gegenwart und spann den Bogen weiter bis hin zu Weihegold OLD, Mannschaftsolympiasiegerin 2016 und aktuelle Weltcupsiegerin unter Isabell Werth. Dr. Plewa beschrieb die Don Schufro-Tochter als Ideal des modernen Dressurpferdes. Dabei lobte er nicht nur das Exterieur und die Bewegungsqualität der Oldenburger Siegerstute, sondern auch deren Einstellung und Leistungsbereitschaft.
Gerade für die Beurteilung der Pferde brauchen wir aber auch mehr Experten, fordert Dr. Plewa. Denn Rittigkeit und Gesundheit stehen für viele Reiter im Vordergrund. Dies sei vor allem auch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit zu beachten. Gerade im unteren Preissegment basieren die meisten Rückabwicklungen auf Mängeln bei den Reiteigenschaften. Dr. Plewa ging damit auf den Vortrag seines Vorredners Jan Pedersen ein.
Der Präsident der World Breeding Federation for Sport Horses, referierte unter der Überschrift „Informationsdefizit – was muss der moderne Züchter wissen, damit Zuchtfortschritt entsteht?“. Hierbei ging er unter anderem auf Verfahren wie die Lineare Beschreibung und die Genomische Selektion ein, die er eher kritisch betrachtet. „Dazu gehört auch die Bereitschaft, die Daten offen zu legen“, so Dr. Plewa. „Und der Widerstand dagegen scheint mir sehr groß zu sein“.
Ist Weihegold OLD das ideale Dressurpferd, so ist Michael Jung der Prototyp des perfekten Reiters. Zweimaliger Olympiasieger, Weltmeister, viermaliger Europameister, Grand-Slam-Sieger – die Erfolgsbilanz ist nahezu einmalig. „Für Michael war schon als Zwölfjähriger klar, dass er einmal Berufsreiter werden will“, berichtete sein Vater Joachim Jung. Der Vater, der Michael Jung zum Erfolg verholfen hat, in dem er ihm eine grundsolide und handwerklich perfekte Reiterei beigebracht hat;Trainer, Manager und Mentor in einem. Im Fokus stand dabei immer die vielseitige Ausbildung von Michael und seinen Pferden. „Und nach einem Besuch in Badminton 1996 war ihm auch klar: Dort will er einmal hin.“
Außergewöhnliche Reiter mit außergewöhnlichen Geschichten, das ist das Rezept der Zukunft für mehr Medienpräsenz. Mehr Internet, mehr Social Media, mehr Pferdesportveranstaltungen, ergänzt durch besondere Events – so können künftig wieder Menschen für den Spitzensport begeistert werden – so wie auf Schloss &Gut Liebenberg.
PM