Mit dem Lambertz Nationenpreis können die deutschen Starter sich bereits Mannschaftsentscheidung Nummer vier beim CHIO Aachen 2017 auf die Fahnen schreiben. Und Laura Graves konnte sich pünktlich zu ihrem 30. Geburtstag freuen, nach mehreren vergeblichen Versuchen, endlich ihr großes Ziel erreicht zu haben.
Der Lambertz Nationenpreis 2017 setzte sich zusammen aus Grand Prix und Grand Prix Special, dem MEGGLE-Preis. Schon nach Teil eins waren die Deutschen auf Siegkurs. Heute hieß es dann fürs Team: Titel bestellt, Titel abgeholt. Isabell Werth und Weihegold, Sönke Rothenberger mit Cosmo, Dorothee Schneider auf Sammy Davis Jr. sowie Hubertus Schmidt und Imperio sammelten in beiden Prüfungen 471,046 Punkte und ließen damit die US-Amerikaner (450,392) und die Schweden hinter sich (437,635).
Für die USA ritten Adrienne Lyle/Salvino (73,608 Prozent), Kasey Perry-Glass/Goerklintgaards Dublet (71,608), Olivia Lagoy-Weltz/Lonoir und Laura Graves/Verdades (81,824). Die schwedische Equipe bildeten Malin Nilsson/Bon-Ami (72,294), Juliette Ramel/Buriel K.H. (im Grand Prix Special nicht gestartet), Therese Nilshagen/Dante Weltino (74,784) und Patrik Kittel/Delaunay (74,157).
„Wir haben ein starkes und erfahrenes Team“, erklärte Deutschlands Equipechef Klaus Roeser, der das Siegen ja gewohnt ist. Und das, obwohl heute doch so einiges nicht ganz nach Plan lief. Hubertus Schmidts Imperio musste sich heute untypischerweise mit 69,451 Prozent begnügen, nachdem er sich unter anderem im ersten starken Trab – eigentlich die Paradelektion des Trakehner Hengstes – einmal deutlich herausgehoben hatte und Schmidt sich zudem einmal verritt. Danach waren Dorothee Schneider und Sammy Davis Jr. an der Reihe. Der bildschöne Rappe konnte die Erwartungen mit einer 75,261 Prozent-Runde voll erfüllen. In der Einzelwertung des MEGGLE-Preises war das Rang sechs. Dorothee Schneider: „Ich bin sehr stolz auf mein Pferd! Vor vier Monaten war er international noch ein Niemand. Und nun gehörte er in Aachen zum Nationenpreisteam.“ Außerdem konnte die Mannschaftsolympiasiegerin sich darüber freuen, dass der elfjährige in Bayern gezogene San Remo-Sohn heute schon viel sicherer war in der beeindruckenden Atmosphäre des Deutsche Bank-Stadions. „Er wollte das heute mit mir zusammen machen!“, so Schneider.
Die Grand Prix-Sieger Isabell Werth und Weihegold waren die nächsten auf der Starterliste. Für die Oldenburger Don Schufro-Tochter war es der erste Grand Prix Special seit den Olympischen Spielen in Rio. Das Weltcupfinale, das sie im Frühjahr in Omaha gewann, wird bekanntlich in der Kür entschieden. Das habe sie heute zu spüren bekommen, berichtete Isabell Werth. Im ersten starken Trab schlich sich ein Taktfehler ein, in die erste Piaffe kam die Rappstute etwas zögerlich und dann passierte auch noch ein massiver Fehler in den fliegenden Wechseln zu zwei Sprüngen. Die Richter gaben trotzdem noch 81,059 Prozent war vorläufig die Führung bedeutete.
Aber dann kamen die Herausforderer aus Übersee und setzten sich vor die Dressurkönigin. Laura Graves‘ Verdades war heute gut drauf. „Er (Verdades, Anm. d. Red) hat heute gesagt: ,Ah es geht rechts herum, ich weiß, es ist der Grand Prix Special, Mami!‘“ Nach einem weitgehend fehlerfreien Ritt standen 81,824 Prozent auf der Tafel. Der Sieg. Endlich! „Ich habe es so oft versucht“, gab Graves ehrlich zu und schob hinterher: „Das war ziemlich ermüdend!“ Heute habe ihr Pferd ihr ein wunderbares Geburtstagsgeschenk gemacht.
Das hatte Isabell Werth ja bereits gestern an ihrem Ehrentag von Zweitpferd Emilio im Lindt-Preis bekommen. Weshalb es heute nicht hatte sollen sein, konnte sie erklären. Den Kommentar von Laura Graves aufgreifend meinte sie: „Also, bei uns war es heute nicht so, dass Weihe beim Abwenden sagte: ,Ach, das möchtest Du von mir, Mutti!‘“ Stattdessen habe sie gespürt, dass die Stute lange keinen Special mehr gegangen war: „Ich habe gemerkt, dass sie unsicher war. Uns fehlte das Selbstvertrauen vom Grand Prix.“ Werth gratulierte Laura Graves von Herzen, setzte aber mit Blick auf die morgige Kür um den Deutsche Bank Preis gleich darauf hinterher: „Aber ich will auch gewinnen!“
Zwischen Werth und Graves war noch Sönke Rothenberger als letzter Reiter des deutschen Teams am Start. Er und sein zehnjähriger Cosmo begannen ganz stark. Doch im starken Schritt erschrak der KWPN-Wallach und sprang zur Seite. Es war aber wirklich nur eine Sekunde, die er abgelenkt war, danach marschierte er gelassen weiter über die Diagonale. Wer in diesem Moment nicht hingesehen hatte, hätte gar nichts bemerkt. Doch zu diesem Versehen gesellten sich noch Aussetzer in den fliegenden Wechseln von Sprung zu Sprung sowie Taktfehler in der Trabtour. 78,314 und Platz drei sind ein gutes Ergebnis, aber es wäre wohl mehr drin gewesen. Rothenberger: „Ich bin vor allem enttäuscht von mir selbst! In den Einerwechseln habe ich mich nicht genug konzentriert.“ Ob er zu viel gefeiert habe, wurde er gefragt – „Ne, gar nicht. Das war wahrscheinlich der Fehler!“ Das kann er ja jetzt nachholen nach dem zweiten Sieg in Folge im Lambertz Nationenpreis beim CHIO Aachen.
PM