London (dpa) - Der Bundestrainer strahlte glücklich. «Super!», frohlockte Hans Melzer kurz nachdem Weltmeister Michael Jung als letztere deutscher Reiter ohne Fehler im Gelände geblieben war.
Das deutsche Vielseitigkeits-Team hat das Olympia-Gold nun zum Greifen nahe und führt vor dem abschließenden Springen am Dienstag. «Das ist ein klasse Ergebnis für die ganze Mannschaft», kommentierte Melzer: «Alle fünf ohne Springfehler, was wollen wir mehr.»
Mit 124,70 Strafpunkten liegt die deutsche Equipe vorne. Es folgen Großbritannien (130,20) und Schweden (131,40). In der Einzelwertung liegt Ingrid Klimke aus Münster mit Abraxxas (39,30) auf Platz eins, allerdings gleichauf mit der Schwedin Sara Algotsson-Ostholt mit Wega. Weltmeister Michael Jung (Horb) schob sich mit Sam (40,60) auf Platz vier.
Klimke war «einfach überglücklich» nach ihrem famosen Ritt. Nach mehr als der Hälfte des Weges war sie noch hinter der idealen Zeit, ehe sie enorm aufholte. «Im ersten Teil hatte man keine Zeit nachzudenken», berichtete die 44-Jährige: «Die Strecke stellt unheimliche Anforderungen an das Gleichgewicht von Pferd und Reiter.» Vor allem tief hängende Äste störten beim Ritt mit ihrem 15-jährigen Wallach Abraxxas: «Ich bin so froh, dass Braxi so klein ist.»
Die Gold-Anwärterin war sogar ein bisschen zu schnell. Sara Algotsson-Ostholt würde mit Wega bei Punktgleichheit nach dem Springen vor Klimke liegen, weil die Schwedin auf der 5728 Meter langen Strecke näher an der Richtzeit von 10:03 Minuten lag.
Auch Weltmeister Jung arbeitete sich mit einem souveränen Ritt weit vor. «Meine Devise war, so schnell wie möglich zu reiten und so wenig Risiko wie nötig einzugehen», sagte Jung. «Die Zeit war sehr knapp bemessen.»
Gut im Rennen liegt auch noch Sandra Auffarth (Ganderkesee). Die 25-Jährige blieb mit Opgun Louvo nur knapp über der optimalen Zeit und berichtete: «In der letzten Minute wurde das Pferd müde, deshalb habe ich das Tempo rausgenommen, um kein Risiko zu gehen.» Die Olympia-Debütantin war dennoch «sehr, sehr zufrieden» mit ihrer Leistung.
Dirk Schrade aus Sprockhövel rangiert mit King Artus (50,60) an 17. Stelle. Er war entsprechend enttäuscht. «Es war unheimlich schwierig», kommentierte der 34-Jährige nach seinem viel zu langsamen Ritt mit King Artus, der unterwegs ein Hufeisen verloren hatte. «Es war ein ganzes Stück Arbeit», erklärte Schrade: «Ich musste in den Kurven vorsichtig sein, es war nicht schön.»
Zufriedener durfte Peter Thomsen sein. Nachdem der 51-Jährige aus Lindewitt in den Dressur gepatzt hatte, lief der Geländeritt mit Barby deutlich besser. «Es gibt drei Klippen auf der Strecke: Die Zeit, die Äste und die Kurven», schilderte der Senior des deutschen Olympia-Teams. Zu dem Tiefsprung nach ungefähr zweit Drittel der Strecke sagte Thomas: «Bei Hindernis 20 fühlt man sich wie ein Bungee-Jumper. Das kitzelt im Bauch.»
Überschattet wurde der Geländeritt von mehreren Stürzen. Am schlimmsten erwischte es die Kanadierin Hawley Bennett-Awad, die ins Krankenhaus gebracht werden musste. Ihr Zustand sei stabil, hieß es kurz vor Ende des Wettbewerbes.