Jung Doppel-Olympiasieger der Vielseitigkeitsreiter

Foto: Gleich mit zwei Goldmedaillen strahlt Michael Jung um die Wette. - Fotograf: Jochen Luebke - dpa

Foto: Gleich mit zwei Goldmedaillen strahlt Michael Jung um die Wette. - Fotograf: Jochen Luebke - dpa

 

London (dpa) - Michael Jung hatte schon die Gratulation seines Vaters Joachim zu Silber entgegen genommen, als das Pech seiner Konkurrentin Sara Algotsson-Ostholt ihn doch noch zum Doppel-Olympiasieger machte.

 

Am letzten Hindernis riss die vor dem finalen Sprung-Durchgang führende Schwedin mit ihrem Pferd Wega eine Stange - aus Silber war für Jung und Sam wenige Stunden nach dem Triumph mit der Equipe Einzel-Gold geworden. «Das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Ich muss das erst einmal Revue passieren lassen», sagte Jung

 

Das Glück der deutschen Reiter machte im Greenwich Park in London Sandra Auffarth aus Ganderkesee mit Opgun Louvo mit der Bronzemedaille perfekt. Die 25-Jährige schaffte wie Jung im Springen zwei Nullrunden.

 

Flankiert von Algotsson-Ostholt und Auffarth blickte Jung noch immer ungläubig, als der DOSB-Präsident und IOC-Vize Thomas Bach ihn ehrte. Algotsson-Ostholt - Ehefrau des deutschen Team-Olympiasiegers von Peking, Frank Ostholt - hatte indes mit den Tränen zu kämpfen. «Das ist natürlich schwierig für sie. Es war ein Pechfehler», sagte Jung verständnisvoll.

 

An seinem 30. Geburtstag krönte sich das Ausnahmetalent aus Horb vor den Augen der britischen Königsfamilie zum König der Vielseitigkeitsreiterei. Als erster in der Geschichte ist er nun gleichzeitig Weltmeister, Europameister und Olympiasieger. Jung wiederholte zudem das Kunststück von Hinrich Romeike aus Nübbeln mit Marius, der vor vier Jahren in Hongkong ebenfalls Doppel-Gold holte.

 

Zuvor hatten Jung und Auffarth gemeinsam mit Ingrid Klimke (Münster) auf Abraxxas, Dirk Schrade (Sprockhövel) auf King Artus und Peter Thomsen (Lindewitt) auf Barny auch den Mannschafts-Coup von 2008 wiederholt. Es war die erste deutsche Goldmedaille der Spiele in London.

 

Souverän und überlegen hatten die schwarz-rot-goldenen Reiter die Konkurrenz hinter sich gelassen und auch im abschließenden Springen die Nerven behalten. Die Gastgeber durften sich mit Silber trösten, Bronze ging an die Neuseeländer.

 

Außer Jung und Auffarth blieb auch Schrade mit King Artus ohne Abwürfe. Bei Peter Thomsen (Lindewitt) mit Barny waren zwei Stangen gefallen. «Diese drei Nullfehlerritte waren super für uns», sagte Bundestrainer Hans Melzer. «Das ist supergut. Das ist schön mit ganz vielen ööös», rief Schrade. «Das ist ein wunderbares Team. Das spürt man», erklärte Chef de Mission Michael Vesper.

 

Melzer hatte Jung vor dessen Ritt nicht gesagt, dass er schon die Goldmedaille sichern könnte. Deshalb wusste der Ausnahmereiter aus Horb zunächst auch nicht, was seine Glanzvorstellung bedeutete. «Ich musste erst noch einmal nachfragen», verriet er. «Das ist fantastisch. Die Anspannung war schon groß.»

 

Die große Stärke der deutschen Vielseitigkeitsreiter ist der Zusammenhalt. Wie stark der ist, bewies nach dem Team-Gold Ingrid Klimke. Nach ihrem verpatzten Ritt im Springparcours verzichtete sie zugunsten von Schrade auf ihren Startplatz im Einzelwettbewerb. «Dirk hat noch ein reelle Chance auf eine weitere Nullrunde», sagte die 44-Jährige, die schon 2008 dabei war. Doch die Regeln verhinderten Schrades Start. Klimke hatte noch nach Dressur und Geländeprüfung geführt und lag auch vor der abschließenden Springrunde als Achte aussichtsreich im Rennen.

 

Zu den Besonderheiten des deutschen Teams gehört die Lockerheit. Nach jedem Wettkampf-Tag trafen sich die Reiter und ihre mitgereisten Angehörigen in einem Pub um die Ecke zu einem kleinen Umtrunk. Später am Abend gab es im olympischen Dorf noch ein letztes Bier. «Der Teamchef hat irgendwo im Keller etwas versteckt und stellt dann ein Sixpack auf den Tisch», verriet Klimke. «Mehr als eins für jeden gibt es aber nicht.»

 

Die sportliche Voraussetzung für die Medaille schaffte das Team schon mit der Führung nach der ersten von drei Teilprüfungen. «Die Dressur ist immer die Grundlage», erklärte Jung. «Wenn man da führt, müssen die anderen hinterher reiten.»

 

Obwohl ausgerechnet der erste von insgesamt 15 Ritten für die Team-Wertung daneben ging und Peter Thomsen mit Barny in der Dressur Probleme hatte, führte das deutsche Team von Beginn an. Auch im Gelände blieb jeder der fünf Starter ohne Springfehler. «Das ist eine klasse Mannschaftsleistung», lobte Bundestrainer Melzer.

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