Ungeheuerliche Begründungen von Seiten der Offiziellen der verantwortlichen Gremien
Momentan gibt es ein vorherrschendes Thema in der Pferde- und Reiterszene: die Einführung der Pferdesteuer. Es wird wild und heftig über die Folgen diskutiert und alle Gremien rennen mit unterschiedlichsten Methoden dagegen an. Im Zuge dessen scheinen die Neuregelungen der LPO, die ab 2013 in Kraft treten, völlig an Aufmerksamkeit zu verlieren. Einschneidend wird nämlich die neue Platzierungsreglung in Finalprüfungen der Dressur. Bisher wurden in Finals so viele Teilnehmer platziert wie Geldpreise ausgeschrieben waren, heißt im Klartext, wenn aus einer Qualifikation mit beispielsweise 30 Startern die besten 12 Paare mit einer Wertnotensumme von mindestens 60% ins Finale kamen, welches mit 12 Geldpreisen ausgeschrieben war, wurden alle 12 Teilnehmer platziert und diese Platzierungen wurden auch von der FN in Warendorf anerkannt. Ab 2013 wird sich das grundlegend ändern. In den Finalprüfungen, unabhängig in welcher Klasse, werden lediglich zwei Drittel der tatsächlich gestarteten Teilnehmer platziert. Der Veranstalter kann zwar z.B. in einem Finale mit 12 Startern auch 12 Geldpreise ausschreiben und diese auch verteilen, in Warendorf werden aber nur die besten 8 anerkannt. Diese Regelung ist in unseren Augen und auch nach Auffassung vieler Aktiver und Turnierveranstalter im wahrsten Sinne des Wortes ein Schlag unter die Gürtellinie des Dressursports. Warum? Diese Regelung trifft am meisten die hohen Dressurprüfungen der Klasse S und Grand Prix, da in diesen Klassen hauptsächlich Prüfungen mit Qualifikationen und angeschlossenen Finalprüfungen ausgeschrieben werden. Wenn wir jetzt einmal betrachten, wer auf den ländlich nationalen Turnieren die Plätze 9-12 in einem Grand Prix oder einer gut besetzten S-Dressur belegen, stellen wir fest, dass das zum Großteil die Amateure sind, welche die Turniere finanzieren. Jeder Veranstalter wünscht sich auf seinem Turnier die Langehananbergs, Schneiders und Wittigs dieser Welt, diese Klientel finanziert aber nicht unsere Turniere. Die werden finanziert von den Amateuren, die neben ihrem Job (und wir reden dabei in der Regel nicht vom Job des Sachbearbeiters) ein aufwändiges Hobby betreiben, froh sind, wenn sie unter der Woche zwei Stunden Zeit finden um ihr Pferd zu trainieren und stolz sind, wenn sie dann am Wochenende in einer schweren S-Dressur oder einem Grand-Prix die 60%-Hürde (welche im ländlichen Grand Prix schon schwer zu erreichen ist) knacken und mit ein bisschen Glück in ein Finale rutschen. Diese Leute werden dann im Finale 9. oder 10. und bekommen keine Platzierung. Was hat das zur Folge? Diese Amateure verlieren die Lust, bleiben ab einem gewissen Zeitpunkt lieber zur Erholung von ihrem Alltagsstress zu Hause anstatt auf ein Turnier zu fahren und werden ganz sicher keinen Cent mehr auspacken wenn es darum geht ein Turnier zu finanzieren.
Katastrophale Begründungen der Offiziellen in den zuständigen Gremien und von Seiten der FN
Reiterportal24 hat nach den Begründungen für diese Neuregelung recherchiert und ist dabei auf katastrophale und schockierende Begründungen der zuständigen Gremien gestoßen. Nachfolgend wollen wir mal einige Begründungen nennen und diese auch direkt kommentieren:
- „Wenn alle platziert werden, wo bleibt denn da der Wettbewerb?“ Da ein Finale nur durch eine vorgeschaltete Qualifikation erreicht werden kann, haben sich die betroffenen Finalteilnehmer bereits einem fairen Wettbewerb gestellt und die verlangten Mindestanforderungen (60%) erreicht. Vergleichen wir das einmal mit dem Skispringen, da bekommen auch alle diejenigen Teilnehmer Weltcuppunkte, die den 2. Durchgang erreicht haben!
- „Im Finale / Großen Preis eines Springens starten auch z.B. 40 Teilnehmer, 12 werden platziert und der Rest fährt ohne Schleife nach Hause!“ Diese Begründung ist wie der Vergleich zwischen Äpfel und Birnen. Dressur und Springen kann man nicht miteinander vergleichen. Vermarktungstechnisch lässt sich der Springsport viel leichter vermarkten als der Dressursport und ist nicht in dem Maße von den „eigenen“ Leuten abhängig. Im Springsport fällt die Stange oder sie bleibt liegen. In der Dressur zählen nicht nur die gute Leistung, sondern auch die Politik und der Name. Betrachtet man die Starterliste eines Finals in der Dressur, kann man als Kenner der Szene oft die Platzierung schon im Vorhinein machen. Der bereits angesprochene Amateur zieht da meist den Kürzeren, da er sich nun mal nicht mit einem Profi messen kann und auch oft nicht dessen „Lobby“ besitzt, auch wenn es ihm an diesem Tag gelingt eine bessere Leistung zu zeigen als manch ein Reiter, der gerade „in“ ist.
- „Die Reiter, die 8. oder schlechter sind, will doch eh keiner sehen!“ Diese Aussage ist absolut unsachlich und an Respektlosigkeit nicht zu überbieten. Die Tatsache, dass eine derartige Aussage von Offiziellen getroffen wird, ist absolut nicht tragbar. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei 12 Teilnehmern oder mehr einer erster und einer letzter wird. Jeder Teilnehmer, egal ob Amateur oder Profi, gibt sein Bestes und betreibt einen immensen Aufwand. Wie bereits angesprochen, ist oftmals der, den man nach Aussage einiger Offizieller eh nicht sehen möchte, derjenige der den Sport finanziert und unter Umständen auch dem Offiziellen seinen Arbeitsplatz sichert. Erschreckend ist auch, dass diese Aussage von Leuten kommt, die in ihrem Leben noch nie eine ordentliche Dressur geritten sind, geschweige denn in diesen Klassen. Ein Vergleich kann man hier mit der Formel 1 ziehen. Was wäre die Formel 1, wenn man nur die Teams Red Bull, Ferrari und Mercedes sehen wolle? Dann wäre der Milliarden-Zirkus Formel 1 schnell am Ende.
Fazit
Nicht nur nach unserer Meinung, sondern auch nach der der meisten Reiter und Veranstalter, wird durch diese Regelung der Dressursport mit der sog. Brechstange kaputt gemacht. An dieser Stelle sind alle Reiter, Veranstalter und Dressursportbegeisterte aufgefordert alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um diese Regelung wieder zu kippen, und wenn dabei Köpfe in einigen Gremien rollen. Denn eines wird klar, es ist schockierend, dass Leute bei den entsprechenden Abstimmungen eine Mehrheit erlangen, die offenbar völlig realitätsfern sind, vom Sport nicht die Ahnung haben die sie vorgeben zu haben, selbst nie ein ordentliches Turnier geritten sind geschweige denn die aktuellen Probleme unserer Disziplin erkannt haben. Zugleich sollte das auch ein Warnsignal an alle Aktiven sein, sich mehr in die Verbandsarbeit mit einzubringen, damit solchen Leuten keine Plattform zur Durchsetzung solcher Sinnlosregelungen geboten wird. Denn diese Regelung wird uns alle treffen: Profis, Amateure, Veranstalter und Pferdehändler. Die Haltung der FN kann einen an dieser Stelle nur sprachlos machen, da es zeigt, wie weit weg unser Dachverband vom Sport eigentlich ist. Es bleibt zu hoffen, dass diese Regelung ähnlich schnell wieder abgeschafft wird wie der „Sinnlos“-Grand Prix Spezial, den die FEI neu entwickelt hat und ganz schnell wieder aus dem Programm genommen hat.
Quelle: PM/Reiterportal24/Christoph Geibel-Böhn