Kein Reiter ist von Beginn an perfekt! (Editorial BAYERNS PFERDE 03/2024)

Foto: Titel BAYERNS PFERDE ZUCHT + SPORT 03/2024

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Wer geglaubt hat, es geht kaum noch schlimmer, wurde schnell eines Besseren belehrt. Nach den Bildern aus Dänemark kommt die nächste Flut an Aufnahmen, die grausamste Methoden im Umgang mit Pferden dokumentieren. Fußfesseln, Peitschen, Schlaufzügel in Verbindung mit Kandare – der Kolumbianer Cesar Parra hat sie alle eingesetzt, um Pferde gefügig zu machen und exaltierte Bewegungen aus ihnen heraus zu prügeln. Auch die Betreiber eines Dressurstalls in Deutschland waren beteiligt, ihre fadenscheinigen Ausreden folgten nach Bekanntwerden auf dem Fuße. FN und FEI haben schnell und vorbildlich reagiert, scharfe Konsequenzen gezogen, ebenso deutsche Zuchtverbände. Was bleibt ist die Frage nach dem Warum. Die Nachfrage regelt den Markt. Scheinbar gibt es nach wie vor genug potentielle Kunden, denen der Ausbildungsweg des Pferdes egal ist. Weil sie mit solchen Pferden Erfolg haben können, obwohl sie fernab von reeller Anlehnung und Versammlung, Durchlässigkeit oder Losgelassenheit präsentiert werden. Fernab der Skala der Ausbildung. Dabei dürfen wir keinesfalls alle Verantwortung an die Richter abgeben. Geritten wird wie gerichtet wird? Das darf nicht die Erklärung sein. Der Mensch im Sattel ist für sein Verhalten verantwortlich. Er muss das Pferd, das ihm anvertraut ist, schützen.

 

Während die Bilder von Parra um die Welt gingen, fanden in Bayern erste Lehrgänge der Kaderreiter und das Sichtungsturnier in München-Riem statt. Der Schweizer Nationaltrainer Oliver Oelrich hielt einen Trainingstag ab, er betont ganz klar, dass „gutes Reiten eine Entwicklung ist“. Kein Reiter ist von Beginn an perfekt, Momentaufnahmen, in denen es mal nicht so harmonisch ist, wie gewünscht, gehören zum Lernen dazu. Wichtig ist, dass die Einstellung zum Partner Pferd stimmt, der Respekt vor dem Tier sollte über allem stehen.

 

Landesponytrainerin Gesine Gebler freute sich in Riem darüber, dass bei den Kindern das Wohl ihrer Ponys an erster Stelle steht. Je öfter ich den Satz gelesen habe, umso mehr habe ich mich gefragt, wie weit es gekommen ist, dass wir glauben, etwas betonen zu müssen, was absolute Selbstverständlichkeit sein sollte. Das Pferdewohl muss einen solchen Stellenwert haben, dass es keiner Erwähnung mehr bedarf. Das muss unser aller Ziel sein! Um das zu erreichen ist die Arbeit der Ausbilder gerade an der Basis so wichtig, damit von Beginn an der Blick für die Bedürfnisse des Pferdes geschult wird. Und wir alle müssen noch mutiger werden. Hetzkampagnen in den sozialen Medien, wie sie gerade wieder bei Matthias Alexander Rath praktiziert werden, helfen niemandem. Ich frage mich, ob einer derjenigen, die das Video von ihm und Thiago auf dem Abreiteplatz gepostet haben, den Mut hatte, ihn anzusprechen. Oder die Bundestrainer. Die Gelegenheit hätte es sicherlich gegeben.

 

Herzlich, Ihre

 

Maria Jürgens

 

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