Eine neue Gebührenordnung für Tierärzte. Bis zu 60 Prozent höhere Kosten für Behandlungen. Diese Botschaft ließ Tierärzte augenscheinlich jubeln und Pferdebesitzer die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Nun, ganz so einfach ist es nicht. Seit 23 Jahren hat die „alte“ GOT keine vollständige Überarbeitung erfahren, ausgenommen zweier Preiserhöhungen und einer Anpassung der Gebühren im Notdienst. Dass eine Novellierung fällig war, steht außer Frage. Viele Tierärzte sind 365 Tage pro Jahr im Einsatz. Die Kosten steigen, der Nachwuchs bleibt aus.
Ein Posten bringt die Gemüter besonders in Wallung: die Hausbesuchsgebühr. Die Gebühr gilt für alle Pferde, ausgenommen, sie laufen als landwirtschaftliches Nutztier. Tierärzte und Pferdebesitzer sind sich überwiegend einig: Das ist Schwachsinn. Rund 35 Euro netto muss der Pferdehalter dafür im einfachen Satz berappen. So kostet eine Impfung gegen Influenza und Herpes mit allen Teuerungen schnell 100 Euro mehr als zuvor. Da wägt die Durchschnittsfamilie doppelt ab, ob sie das Pony der Kinder halbjährlich impfen lässt, damit die Zöglinge ihre vier A-Dressuren pro Jahr reiten können. Es trifft wie so oft die Basis und den Hobbysportler. Reitschulbetreiber überlegen, wie sie die Kosten für Schulpferde tragen sollen, oft ehemalige Turnierpferde mit dem einen oder anderen Zipperlein, die etwas mehr tierärztliche Versorgung brauchen als andere, aber froh sind, eine Aufgabe als Lehrmeister zu haben. Doch deren Haltung wird immer weniger bezahlbar. Ganz klar, hier läuft es in die falsche Richtung. Für unser Thema des Monats haben wir Stimmen von Reitern und Tierärzten zu dieser Entwicklung eingefangen.
Bei der Ausarbeitung der neuen GOT wurden unter anderem auch Gespräche mit Versicherungen geführt. Versicherungen? Die Entwicklung seit Einführung der neuen GOT zeigt, warum. Denn die Versicherungen profitieren durchaus von der Novelle. Die Nachfrage nach Versicherungen bei den Pferdebesitzern steigt seit der Neuauflage, die Agenturen korrigieren ihre Preise bereits nach oben. Ältere Kandidaten sind dort allerdings nicht so gerne gesehen. Dabei sind heutzutage durch optimale Haltungs- und Trainingsbedingungen immer mehr Pferde auch jenseits der 15 im Sport aktiv.
Die Deutsche Reiterliche Vereinigung hat das Dilemma nun erkannt und handelt getreu dem Motto „Besser spät als nie“. Ob ihr Protest Früchte trägt, bleibt abzuwarten. Fragen beantwortet die Bundestierärztekammer erfahrungsgemäß nur schleppend oder gar nicht, im Zweifelsfall kommt der Verweis auf die Bundesregierung als ausführende Gewalt. Verantwortung übernehmen für Tier und Mensch – diese Fähigkeit können sich beide nicht auf die Fahne schreiben.
Unser Thema des Monats zur neuen Tierärztegebührenordung finden Sie in der neuen Ausgabe des Reiterjournals – ab Freitag, den 24. Februar, erhältlich! Auch hier im Print- oder Digital-ABO »
Herzliche Grüße
Ihre Maria Jürgens
Redaktion Reiterjournal