Marbach, 23.08.2013 (HuL). Der Albsommer neigt sich dem Ende zu und im Haupt- und Landgestüt Marbach laufen die Vorbereitungen für die traditionsreichen Hengstparaden, die in diesem Jahr am 29. September sowie am 3. und 6. Oktober stattfinden. Doch nicht nur die zwei- und vierbeinigen Akteure des Gestüts fiebern ihren Auftritten vor dem großem Publikum in der Marbacher Arena entgegen, auch die Teilnehmer des Gastlands Tschechien hat bereits das Hengstparade-Fieber gepackt. Hier wie dort wird an Schaubildern gefeilt, die so noch nie zu sehen waren. Entwürfe für Choreographien, Musikvorschläge und Bilder von Pferden, Wagen und Kostümen werden hin- und her geschickt, um die einzelnen Zutaten des vielfältigen Programms aufeinander abzustimmen.
Die Zuschauer können sich auf einen bunten Mix aus traditionellen Marbacher Schaunummern, neue Kreationen mit Partnern aus dem Umfeld des Gestüts und ausgewählte Darbietungen der Gäste aus Tschechien freuen. Vier tschechische Partnerinstitutionen werden Reiter, Fahrer, Pferde und Wagen zu den Hengstparaden entsenden: das Nationalgestüt Kladruby nad Labem, die Hengstdepots Písek und Tlumačov, sowie der Zuchtverband der Kinsky-Pferde.
Die Region um Kladruby und Pardubice ist seit Jahrhunderten bekannt für ihre Pferdezucht. 1579 machte Kaiser Rudolf II. Das abgelegene Kladrub, 75 km östlich von Prag (und damit in der Nähe des wichtigsten mitteleuropäischen Hofes seiner Zeit), zum Gestüt. Damit sind die Altkladruber die älteste, planmäßig gezüchtete Kulturpferderasse in Mitteleuropa, die Stammherde des Gestüts zählt heute zum tschechischen Kulturerbe. Mit Hilfe altspanischer und italienischer Pferde bemühte man sich systematisch um die Entwicklung eines schweren Gala-Zugpferdes für die aufwändigen kaiserlichen Karossen. Unter Kaiser Leopold I. beherbergte das Gestüt rund 300 Mutterstuten und 30 Beschäler, zu seiner Blütezeit in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts tummelten sich in Kladrub mehr als 1000 Pferde! Bis 1918 bestand die Hauptaufgabe des Gestüts darin, dass der Hof jederzeit über zwei tadellose Schimmel- und zwei Rapp-Achterzüge für weltliche und klerikale Anlässe verfügen konnte.
Heute bewähren sich die Altkladruber im nationalen und internationalen Sport. Rasante, spektakuläre Zwei- und Vierspänner dieser Rasse überzeugen Fahrer und Zuschauer gleichermaßen auf den Turnierplätzen in aller Welt. Auch an klassischer Reitkunst interessierte “Barockreiter” schwärmen für die eleganten Pferde. In farbenfrohen, historischen Kostüm lassen sie ihre repräsentativen Altkladruber auf den großen Pferdeshows Europas in den schwierigsten Lektionen der Hohen Schule tanzen. Eine ständig wachsende Freizeitreiterszene entdeckte die “sanften Riesen” ebenfalls für sich. Die langlebigen Pferde brillieren mit ihrem besonders gutartigen, nervenstarken Charakter. Ein durchgehendes Gespann war schließlich keinem k.u.k. Monarchen zuzumuten!
Die Landgestüte Písek und Tlumačov wachen über die staatliche Pflege der tschechischen Pferdezucht. In Marbach präsentieren sie mächtige Kaltbluthengste, die in verschiedenen Anspannungen gezeigt werden.
Das rund 100 Kilometer südlich von Prag in Südböhmen gelegene, 1902 gegründete Hengstdepot Písek unterstand bis 1924 dem Militär, denn Písek war Garnisonsstadt. Heute bietet das Gestüt Dienstleistungen rund um das Pferd, vom Züchterservice über die Hengstaufzucht an zwei Fohlenhöfen, bis hin zu Schulungen und Fortbildungen für Pferdezüchter und die interessierte Öffentlichkeit an. Das architektonisch wertvolle Gebäudeensemble in Sichtmauerwerk mit Jugendstilelementen wurde 2010 zum nationalen Kulturdenkmal ernannt.
Das Gestüt Tlumačov, 20 Kilometer westlich von Zlín im Osten Tschechiens gelegen, wurde im Jahre 1925 zur Verbesserung der Landespferdezucht gegründet. Heute dient das Hengstdepot als nationales Bildungszentrum für alle Züchter und Freunde der Pferdezucht. Neben Zuchtveranstaltungen werden Ausstellungen und Vorführungen organisiert. Tlumačov präsentiert sich in Verbindung mit dem regionalen Tourismus und dem hippologischen Fremdenverkehr der Tschechischen Republik. Das Gestüt unterstützt das Projekt „Hyje Pferde der Region Zlín“. Dieses Projekt soll die Zucht und die Nutzung der Pferde in Region Zlín garantieren und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.
Weitere Botschafter des Pferdelands Tschechien sind die Kinsky-Pferde, deren Zucht auf die gleichnamige Adelsfamilie zurückgeht. In alten Urkunden aus dem Jahr 1281 wird die Familie Kinsky erstmals erwähnt. Der Bau ihres repräsentativen Herrensitzes Schloss Karlskrone in Chlumec nad Cidlinou wurde im Jahr 1723 zur Krönung des bedeutenden Pferdekenners Kaiser Karel VI. beendet. In königlichem Auftrag wurden bereits damals überwiegend falbfarbene Pferde für militärische und wirtschaftliche Zwecke gezüchtet. Große Beachtung fanden die „Chlumetzer Isabellen“, als Kristina Kinsky-Lichtenstein im Jahr 1815 beim Wiener Kongress im Viererzug mit Isabellen einfuhr.
Oktavian Graf Kinsky (1813 - 1896) war die Schlüsselfigur im Aufbau von Pferdezucht, Parforcejagden und Hindernisrennen in Ostböhmen. Als großer Kenner und Pferdeliebhaber reformierte er die Zucht und erstellte ein genaues Verzeichnis des Pferdematerials. Im Jahr 1832 lies er das Gestüt Ostrov bei Chlumec bauen und 1836 erstellte er ein eigenes Zuchtbuch. Zur Blutauffrischung und Veredelung, um das Zuchtziel eines Jagdpferdes zu erreichen, verwendete Oktavian aus England importierte Vollbluthengste.
Die Zucht wurde vom Zdenko Kinsky erfolgreich fortgeführt, der sich verstärkt dem Rennsport widmete. Sechs Mal gewannen Pferde aus dieser Zucht die „Große Steeplechase“ in Pardubice. Eine berühmte Siegerin war die Isabellen-Stute NORMA im Jahr 1937 mit Komtesse Lata Brandisova im Sattel. Bis heute ist Lata die einzige Frau, die dieses berühmte Traditionsrennen gewinnen konnte.
In der heutigen Zucht werden die Bemühungen fortgesetzt, leistungsfähige Pferde mit überdurchschnittlichen Grundgangarten und Springvermögen zu züchten. Besonderer Wert wird auf die Erhaltung des ausgeglichenen Charakters gelegt, der aus dem Kinsky-Pferd ein ideales Familienpferd macht. Der Zuchtverband Equus Kinsky erfasst alle Hengst- und Stutenbesitzer der Kinsky-Pferde, sowie Liebhaber der Rasse.
Bereits der Eröffnungsabend der Hengstparaden am 28. September verspricht ein Auftakt nach Maß zu werden. Im stimmungsvoll dekorierten historischen Reithaus werden die Gäste mit kulinarischen Köstlichkeiten aus der Region verwöhnt. Lenka Gotthardová, ehemalige Leiterin des Nationalgestüts Kladruby nad Labem, Vorsitzende des Equus Kinsky-Zuchtverbands und international geschätzte Pferdezucht-Expertin, wird den Zuhörern das Pferdeland Tschechien in einem reich bebilderten Vortrag in deutscher Sprache näher bringen. Die böhmische „Dudelsack-Kapelle aus Ledce“, die auch während der Hengstparaden zum Einsatz kommen wird, begleitet den Abend musikalisch und läd zu den ersten Polkas und Walzern der schwäbisch-tschechischen Hengstparade-Saison. Der Eintritt zum Eröffnungsabend ist frei.
Eintrittskarten für die Hengstparaden sind an allen EasyTicketService-Vorverkaufsstellen, unter www.easyticket.de oder per Telefon (07 11) 2 555 555 erhältlich. Weitere Informationen finden Sie im Internet www.gestuet-marbach.de
PM