Die Veränderung annehmen (Editorial Reiterjournal 07/2022)

Foto: Roland Kern - Fotograf: TOMsPIC

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Corona wird den Turniersport verändern.“ Was man vor zwei Jahren vielleicht noch für eine Floskel halten konnte und schnell mal so daher sagte, stellt sich mittlerweile als schlicht und ergreifend wahr heraus. Ein Beweis hierfür waren die Pfingsttage in diesem Jahr mit einer großen Zahl an Turnieren mit S-Springen und an den meisten Plätzen (viel) zu wenigen Startern. Es prägt überhaupt das ganze Frühjahr im Land: Turnierleiter telefonieren wie Bittsteller den guten Reitern hinterher, Große Preise sind nach einer halben Stunde fertig. Es gibt mittlerweile S-Springen, die werden mit zwei Abwürfen gewonnen. Mancher Parcourschef ist froh, wenn wenigstens alle Reiter ins Ziel kommen.

 

Die Gründe, die den Turniersport im Moment schrumpfen lassen, sind vielfältig. An Pfingsten waren schnell die „Winterlingen Winners“ als Ursache ausgemacht. Dieses Turnier des Springprofis Andy Witzemann ist ein Corona-Kind, geboren aus der Sorge des Ausbilders und Pferdeverkäufers, der Turniersport – seine Existenz – könnte auf Dauer an der Pandemie leiden.

 

Es stimmt schon, solche Turniere haben den Karren gezogen, als viele der traditionellen Veranstalter nicht konnten – oder auch nicht wollten. Winterlingen und Durmersheim und die anderen Profi-Turniere dieses Landes mit ihren Top-Bedingungen sind aber gekommen, um zu bleiben. Etwas anderes zu erwarten, wäre auch naiv gewesen. Es ist aber auch gut so! Der Turniersport in seiner vielleicht größten Krise seit seinen Anfängen braucht im Moment alles, nur keinen Stillstand. Reiter-Unternehmer wie Witzemann und Co. bringen neue Ideen und frischen Wind in die Szene. Und man kann ihnen nun definitiv nicht vorwerfen, ihnen gehe es nur um die Elite und nicht um die Basis. So viel Platz für Kinder und Regio-Reiter wie bei den „Winners“ sieht man nur selten im Land.

 

Und doch, man muss mit der Situation konstruktiv und kreativ umgehen. Welche Rolle spielen Traditionsvereine in Zukunft, wenn sie zum Beispiel bei der Bodenqualität schon aus Kostengründen nicht mithalten können? Wo finden sie ihre Nische und ihre Wirtschaftlichkeit? Wer hat die beste Idee? Ein gutes Beispiel ist Schutterwald in der Ortenau, wo am Samstagabend ein „Derby-Springen“ ins Programm genommen wurde. Woanders gibt es kombinierte Prüfungen mit Kutschen, mit Ponys, Jump and Run und andere Angebote, die Lust und Laune machen. Ja, es stimmt, Corona hat den Turniersport verändert. Aber Veränderung ist besser als Stillstand.

 

Die neue Ausgabe des Reiterjournals ist ab Freitag im Handel erhältlich oder auf reiterjournal.com im Abo erhältlich!

 

Mit reiterlichen Grüßen

 

Roland Kern, Redaktion Reiterjournal

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