Foto: Titelseite Reiterjournal 08/2023
Im Rahmen der diesjährigen Landeschampionate hatte ich die Gelegenheit, zwei PM-Seminaren zu lauschen, übrigens beide sehr sehens- bzw. hörenswert. Der Vortrag von Dr. Dietrich Schüle, der für die Zuhörenden eine Reitpferdeprüfung für vierjährige Stuten und Wallache kommentierte, hat mich zum Nachdenken angeregt. Bei einem Pferd stellte Dr. Schüle, Ehrenrichter des Bayerischen Reiter- und Fahrerverbandes, die langen Beine der Remonte in den Fokus. „Bei diesem Pferd werden die Richter die langen Beine des Pferdes loben“, beginnt er seinen Satz. „Dabei weiß ich gar nicht so recht, warum man sich das immer wünscht, schließlich kann man mit denen später nicht besser passagieren“, schmunzelt er. Die Anwesenden pflichten ihm bei.
Zweites Beispiel beim Vormustern eines weiteren Teilnehmers. „Ich bin mir sicher, die Kollegen notieren sich, dass der Hals des Pferdes länger sein konnte“, so Schüle. „Dabei sind die später schwieriger zu reiten“, entgegnet eine Seminar-Teilnehmerin. Sie spricht darauf an, dass (vor allem junge) Pferde mit langem Hals schnell mit einem falschen Knick am Zügel gehen. Dr. Schüle gibt der aufmerksamen Beobachterin recht. Am Sonntag begegnete ich diesem Fall im Rahmen der Landesstutenschau erneut. Auch hier wurden lange Hälse von Stuten äußerst positiv hervorgehoben. Danach musterte ich die Bilder meiner zweijährigen Stute, die aktuell noch ihre Jugend auf der Koppel genießt. Ist ihr Hals nun zu kurz oder zu lang?
Ich komme zu dem Schluss, dass es nicht richtig sein kann, Sport- und Zuchteignung stets getrennt voneinander zu beurteilen. Schließlich ist doch das eine ohne das andere zwecklos. Ich schaue ja auch nicht nur durch ein Glas meiner Brille, sondern stets durch beide. Auf den Landeschampionaten in Weilheim gelang es bereits an vielen Stellen, Sport- und Zuchtgedanken näher zusammenzurücken, beispielsweise, indem neben ausgewiesenen Zuchtrichtern auch Aktive aus dem Sport über die Noten der vorgestellten Stuten mitentschieden. In den Statuten der Verbände scheinen aber gleichwohl noch einige überholte Einstellungen verankert zu sein, oder?
Ein spannendes Thema, wie ich finde, das sich lohnt, in einer der nächsten Ausgaben näher betrachtet zu werden. Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Lassen Sie es mich wissen! Ich freue mich auf Ihre Meinung per E-Mail an reiterjournal@matthaesmedien.de.
Die nächste Ausgabe des Reiterjournals mit allen Highlights der Landeschampionate und der Landesstutenschau steht bereits in den Startlöchern! Ab Freitag, den 21. Juli ist Ausgabe 8/2023 erhältlich. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Beste Grüße
Ann-Kathrin Brodbeck
Redaktionsleitung Reiterjournal