Foto: Roland Kern - Fotograf: TOMsPIC
Keine Frage, die FN hat mit dem Verbot des Touchierens von Springpferden richtig gehandelt. Die Entscheidung war alternativlos nach der medialen Berichterstattung und den Diskussionen der vergangenen Wochen. Auch wir hatten diesen Schritt an dieser Stelle gefordert. Der Karren war im Dreck. Es musste Schaden begrenzt werden. Gleichwohl, es war mehr eine politische Entscheidung als eine sportfachliche. Der Passus in den Richtlinien war schlichtweg unvermittelbar.
Daher ist es nun entscheidend, was man daraus lernt. Im Nachhinein ist man immer schlauer, aber es ist offensichtlich, dass eklatante Fehler passiert sind. Nach der ersten Barr-Affäre vor 30 Jahren haben die Autoren der Richtlinien die Touchier-Anleitung fast unbemerkt in das Kapitel der Springausbildung aufgenommen. Danach hätte man das Thema am liebsten verschwiegen – was sogar eine erstaunliche Zeit lang gelungen ist. Dafür kam es jetzt mit umso größerer Wucht zurück und hat allen geschadet, die mit Pferden Sport treiben.
Und nun? Jene Leute, die Reitsport ohnehin für Tierquälerei halten, weil sie jede fachlich-intensivere Beschäftigung mit dem Pferd verweigern, frohlocken, blasen womöglich schon zur nächsten Attacke.
Und darin liegt die große Gefahr. Wir alle müssen höllisch aufpassen, dass die Touchier-Debatte keinen Dammbruch auslöst. Das Touchieren (das „Barren“ sowieso) war und ist nicht nötig. Aber wir kennen eine ganze Reihe von Ausbildungsmethoden und Ausrüstungen, die für ein pferdegerechtes Reiten im sportlichen Sinne erforderlich sind, im Rahmen der korrekten Ausbildung auch gut für das Pferd auf dem Weg zum vierbeinigen Sportler. Wir müssen aus der Barr-Affäre 2.0 zumindest lernen, dass wir deren Einsatz selbstbewusst, fachlich und als Pferdeleute diskutieren müssen. Auch kontrovers, bevor es andere tun, die den Pferdesport nicht kritisch begleiten, sondern abschaffen wollen (und zwar egal, was dann mit den Pferden passiert).
Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, winkt uns Günter Wallraff irgendwann mit einer Gerte oder mit einem Paar Sporen aus RTL entgegen und deckt angeblich erlaubten Missbrauch auf. Oder irgendwann mit Kandare und Trense. Dann kommen Hufeisen dran. Wir müssen reden! Auch selbstkritischer müssen wir sein. Wenn es Missstände gibt, müssen wir Reiter sie selbst aufdecken, nicht andere! Wenn Kontrollmechanismen nicht taugen, brauchen wir eben andere. Wie peinlich ist das denn, dass Leute, die ein Pferd nicht vom Esel unterscheiden können, am Ende uns vorschreiben, was falsch und was richtig ist?! So weit sind wir schon gekommen.
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Mit reiterlichen Grüßen
Roland Kern
Redakteur Reiterjournal
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