Reutlingen. Blitzsauber ist das Erfolgskonto von Annika-Berenike Dörr aus Reutlingen: Mit ihrem Pferd Salitos hat sie die Voraussetzungen geschaffen für das Goldene Reitabzeichen: acht Siege in Dressuren der Klasse S* und zwei in Klasse S**. Das Besondere an der Leistung ist, dass die Reiterin das Pensum in zwei Jahren schaffte und mit einem Pferd. Das zeugt von Konstanz und einem guten Arbeitsverhältnis zwischen Mensch und Pferd. Im August 2020 erritt sich Annika-Berenike Dörr in Pfullendorf ihren ersten Sieg in Klasse S* und legte damit die Richtung fest. Bei ihrem Heimatturnier in Reutlingen folgte im gleichen Jahr ein weiterer S-Sieg. 2021 heimste die junge Reiterin in Aulendorf und Neu-Anspach zwei Siege ein und in Pforzheim einen Sieg Klasse S**. In der aktuellen Saison liefen Annika-Berenike Dörr und ihr Salitos quasi zur Hochform auf, denn in Balingen gewannen sie zweimal, in Meißenheim und Aulendorf je einmal und in Zeutern gelang erneut ein Sieg in Klasse S**. Besser kann es nicht laufen.
Man darf jetzt nicht denken, diese zehn Turniere seien alles, was die Reiterin investieren musste. Weit gefehlt, denn hinter dieser schlichten Zahl stehen ungezählte Starts bei vielen Turnieren, bei denen es keine Siege oder „nur“ Platzierungen gab und lange Jahre der Entwicklung. Schließlich reitet Annika-Berenike Dörr ja im Kreis zahlreicher Konkurrenten, die ebenfalls auf Sieg aus sind. Da gilt es sich zu behaupten. Gleichwohl finden sich Platzierungen in der Liste der Reiterin, die durchaus gefühlt einem Sieg gleichkommen: Da wäre zum Beispiel der fünfte Platz im iWEST-Dressur-Cup-Finale zu nennen, den sie vor heimischem Publikum in Reutlingen errungen hatte. Auch der dritte Platz einer Dressur beim Turnier auf dem berühmten Schafhof in Kronberg kann man als besonderen Erfolg nennen. Mit den Siegen gab es allerdings auch einen „Titel“, für den es sich auch zu reiten lohnt: Annika-Berenike Dörr errang bei der Landesmeisterschaft 2022 in Meißenheim drei Siege und sie wurde damit in der Altersklasse U21 Baden-Württembergische Meisterin. Damit war ihr die Nominierung für die Deutschen Jugendmeisterschaften in Verden sicher. Man sieht, wer sich anstrengt und fleißig bleibt wird mit Erfolg belohnt.
Wer ist der Mensch hinter den reiterlichen Erfolgen? Annika-Berenike Dörr ist noch Studentin und bereitet sich gerade auf ihren Bachelorabschluss vor, der sich mit internationalem Management befasst. Dazu arbeitet sie gerade als Werksstudentin bei tisoware GmbH, wo ihre Mutter Sabine Dörr in der Geschäftsführung tätig ist. Vater Joachim Dörr ist Rechtsanwalt. Indes reichen die ersten Erfahrungen mit Pferden in ihre frühe Kindheit zurück. Sie erinnert sich: „Begonnen hat meine Reiterei als Vierjährige, weil meine große Schwester damals schon auf Ponys reiten konnte. Später habe ich durch Petra Höss im Reitsportzentrum Lichtenstein Reitunterricht bekommen. Zwölf Jahre lang hatte ich dann viel Training und schöne Erfolge mit Carolin Völker in Trochtelfingen. Darauf aufbauend trainiere ich seit November 2021 bei Dorothee Schneider in Framersheim, wo ich auch wohne. Sie ist bis heute mein großes Vorbild, weil sie nicht nur „pro-Pferd“ denkt sondern täglich enorm motiviert ist und unheimlich fein reitet.“ Solche Ausbilder färben natürlich ab und erziehen den „Reitschüler“ in gewisser Weise. So sagt Annika-Berenike Dörr zum Beispiel über sich und ihre Reiterei: „Ich verspüre große Motivation, bin lernwillig und einfühlsam und habe auch die nötige Willenskraft dazu, mich immer weiter zu schulen.“ Allerdings, sagt sie selbstkritisch, „bin ich manchmal wohl etwas zu perfektionistisch.“ Und die junge Frau kann auch richtig schwärmen von ihrem Pferd Salitos und schönen Erfolgen: „Da muss ich an den ersten Sieg in Klasse S** in Pforzheim denken. Das war völlig unerwartet und ich freute mich riesig. Und kürzlich errangen Salitos und ich unsere ersten Platzierungen auf internationalem Parkett, nämlich auf dem wunderschönen Schindelhof in Österreich. Ein wunderbares Erlebnis! Darüber habe ich mich enorm gefreut und bin so dankbar, dass mir Salitos so viel Schönes beschert!“
Überhaupt, Salitos ist ein tolles Pferd, schwärmt Annika-Berenike Dörr. „Er ist mein Herzenspferd. Salitos von Spielberg/Goya hat es mir anfangs dabei nicht einfach gemacht. Deshalb bin ich sehr stolz, dass wir inzwischen ein so tolles Team geworden sind. Doch auch Louis von Londontime möchte ich nicht vergessen. Er bescherte mir ebenso viel Spaß und Freude. Er hat mich durch viele Turniere in Klasse L und M getragen bis hin zu den ersten Dressuren in Klasse S. Noch früher hatte ich Locksley unter dem Sattel, mit dem ich erste Reiterwettbewerbe bestritt und auch hier und da ein Springen. Er ist mit 21 Jahren ein munterer Rentner und für jeden Spaß zu haben. Und ganz am Anfang gab es unser Pony Tiffany, das mir erste Erfahrungen auf Turnieren bescherte. An unsere Pferde denke ich immer sehr gerne und mit Herzblut.“ Wie sehr ihr die Pferde tatsächlich am Herzen liegen, macht diese freimütige Erzählung deutlich: „Als mein Louis an einem Tumor verstarb, hatte ich sehr mit mir zu kämpfen. Er hat mir sehr gefehlt und ich wusste nicht, ob ich den Sport je wieder so intensiv betreiben möchte.“ Diese Krise zu überstehen halfen ihr ihre Familie und auch Salitos. Beide haben ihr also die Freude am Sport zurückgebracht.
Als junge Frau mit Lebenszielen weiß sie genau, was ihr die Pferde und das Reiten bedeuten und wie gerade junge Menschen durch die Pferde ein Stück weit erzogen werden: „Durch den Reitsport gewinnen gerade wir jungen Leute sehr an Disziplin und Verantwortung. Diese Stärken versuche ich in mein privates und berufliches Leben zu übertragen. Und: Es ist jeden Tag toll, mit unserem Partner Pferd zu arbeiten. Jeden Tag kann man an kleinen Anzeichen feststellen, wie es den Pferden geht. Und es beindruckt mich immer wieder, wie tief die Verbindung zu solch einem Tier gehen kann.“
Wer so von seinen Pferden sprechen und sich darüber freuen kann, dem wird auch die Freude zuteil, die eine Ehrung wie das Goldene Reitabzeichen mit sich bringt. Die Ehrung ist der Beweis für kontinuierliche, verlässliche, ehrliche Arbeit und ständige Weiterentwicklung. Außerdem ist das Goldene Reitabzeichen im Leben einer Pferdesportlerin im Sinne des Wortes einmalig. Während man Titel, Medaillen und Erfolge wiederholen kann, bleibt das Goldene Reitabzeichen eine einmalige Station im Sportlerleben. Die Ehrung kommt einer Art Ritterschlag gleich, der Ansporn sein soll, so weiterzumachen wie bisher: Arbeit mit den Pferden und als Reiter auch an sich selbst. Das zu feiern hat Annika-Berenike Dörr verdient, wenn sie umgeben von ihrer Familie, ihrem Partner Maximilian Schwarz und ihren Konkurrenten beim Turnier auf dem Gestüt Birkhof in Donzdorf das Goldene Reitabzeichen verliehen bekommt.
Autor Martin Stellberger Pferdesportverband Baden-Württemberg e.V.