Foto: Sophia Kastner/KarnaVal - Fotograf: www.lightwork.photo
Sandhausen/Heidelberg-Kirchheim. Sie ist seit 2023 selbständige Bereiterin und Trainerin. Sie will die Prüfung zum Pferdewirt ablegen und bildet auf der elterlichen Reitanlage in Sandhausen und mobil im Rhein-Neckar-Kreis Reiter und Pferde aus. Diese Ziele sind noch nicht ganz erreicht. Erreicht aber hat die junge Frau aus Sandhausen, ihren Traum zu verwirklichen: Sophia Kastner wird mit dem Goldenen Reitabzeichen geehrt. Diese hohe Ehre wird ihr beim Turnier in Heidelberg-Kirchheim am 9. August 2025 zuteil. Das Goldene Reitabzeichen ist die höchste Auszeichnung, die die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) zu vergeben hat außerhalb von Meisterschaften und Championaten. Allerdings gibt es die Ehrung nur für außerordentliche Erfolge. Die Ansprüche dafür sind ziemlich hoch. Als Faustregel gilt im Falle der Dressurreiterin Sophia Kastner: neun Siege in der Dressur Klasse S* und ein Sieg in Klasse S**. Sophia Kastner hat diese Voraussetzungen erfüllt - mit einem einzigen Pferd und innerhalb von nur fünf Jahren: KarnaVal HB heißt das Herzenspferd der jungen Frau, die mit gerade 26 Jahren diese Ehrung bekommt. Das „Goldene“ hat zudem noch eine Besonderheit im Reitsport: Während man Titel und Medaillen wiederholt erringen kann, wird das Goldene Reitabzeichen nur einmal im Leben eines Pferdefreundes verliehen. Als äußeres Zeichen dieses großen Erfolgs wird künftig ein golden schimmerndes Emblem am Revers ihrer Reitjacke glänzen.
Erfolge in Serie
Sophia Kastners Erfolgssammlung mit ihrem Pferd KarnaVal HB begann im September 2021 in Ladenburg. Dort gewann sie erstmals eine Dressur Klasse S* mit ihrem Julius, wie sie das Pferd liebevoll nennt. In Rheinzabern folgte ein weiterer Sieg. 2022 und 2023 gewann sie in Heiligenwald und Darmstadt-Kranichstein jeweils in Klasse S*. Dann hatte das Mensch-Pferd-Paar so richtig Lust bekommen, den „Plan Gold“ mit aller Konzentration anzugehen: 2024 gewann Sophia Kastner in Weismampach, Heiligenwald und Ober-Ramstadt. 2025 siegte die junge Frau in Heiligenwald und Wartenberg-Angersbach bei drei Wettbewerben in Klasse S*. Jetzt standen also neun Siege im Erfolgsbuch. Es fehlte jedoch noch die größte Herausforderung: ein Sieg in Klasse S**. Die Reiterin hatte sich dafür einen Wettbewerb Intermediaire I beim Turnier in Vreschen-Bokel im Juni 2025 ausgesucht und dort dann auch gemeldet. Und siehe da, Sophia Kastner war mit ihrem Pferd auf den Punkt genau vorbereitet und gewann die Dressur Klasse S**. Die Freude war riesig, denn die Konkurrenz auf diesem Niveau ist beachtlich.
Ein Traum von einem Pferd
KarnaVal HB alias Julius stammt aus der Linie Kardinal x Sir Chamberlain. Sophia Kastner ist ganz hingerissen von ihrem Julius: „Er ist mein erfolgsreichstes Pferd mit zahlreichen Erfolgen, darunter mittlerweile 15 Siege in der schweren Klasse. Seine Entwicklung ist sinnbildlich dafür, was möglich ist, wenn man an sich und sein Pferd glaubt, ihm die Zeit gibt, die es braucht und man selber auch dran bleibt!“ Die Grundlagen für den Erfolg mit KarnaVal aber legte ihre Reiterei mit Fabalou 9 von Fürst Piccolo x Grosso Z: „Fabalou war mein Lehrmeister in Klasse L und M“, erzählt die Reiterin dem PRESSEDIENST. „Er brachte mir die ersten Erfolge und ließ mich „SLuft“ schnuppern. Fabalou war absolut wegweisend für mich und meine Reiterei. Er ermöglichte mir Starts auf größeren Turnieren und so konnte ich viel Erfahrung sammeln.“ Und wenn sie gerade dabei ist über ihre Pferde zu sprechen, denkt sie mit großer Freude an Donna von Golden Dancer x Condor I: „Donna war mein erstes Pony. Hier lernte ich durchzuhalten und Herausforderungen zu meistern, denn das Palomino-Endmaßpony war sehr eigenwillig, dafür aber treu.“ Eigentlich kam das Pony in die Familie, ohne dass seine Reiterin zunächst an Turniere dachte. „Doch wir wurden ein tolles Team und ich hatte in Donna mit der Zeit eine zuverlässige Partnerin, so dass wir von der Führzügelklasse über Reiterwettbewerbe schließlich auch Dressuren in Klasse L angehen konnten.“ Das Paar entwickelte sich so gut, dass es in den Ponykader Nordbaden aufgenommen wurde.
Springen – naja: Es fehlte ein wenig der Mut
Ob Sophia Kastner denn immer nur Dressur geritten ist? Neben Donna ritt sie „sicherheitshalber“ auch weiterhin Schulpferde und mit dem Norwegerpony Trolly bekam sie eine Reitbeteiligung. Und Springen? „Ich machte einen relativ kurzen Ausflug ins Springen. Aber mir fehlte der Mut, hier mehr zu machen. Vielleicht hatte ich auch nicht genug Talent für diese Disziplin“, erzählt Sophia Kastner lächelnd. Das hat sie aber nicht abgehalten, weiter an ihrer Reiterei zu feilen und zu üben. Das alles passierte neben Schule und Studium: Nach dem Abitur 2017 studierte sie Betriebswirtschaft mit Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung. Sie arbeitete anschließend in einer Steuerkanzlei und von 2021 bis 2023 als Business Analystin bei SAP. Die Reiterei ließ sie aber nicht „schleifen“. Vielmehr bot sie in ihrer Freizeit Reitunterricht und Beritt an und entschloss sich 2023, die Reiterei ganz zu ihrem Beruf zu machen. Die elterliche Reitanlage in Sandhausen ist dafür ihr Anker. Als Quereinsteigerin geht sie aktuell die Prüfung zum Pferdewirt Klassische Reitausbildung an und plant auch schon den Ausbau gemeinsamer Projekte mit ihrem Partner Frederik Schröder, der ebenfalls bei SAP arbeitet. „Er unterstützt mich in meiner Reiterei sehr und begleitet mich auf Turniere, obwohl er sportlich gesehen seit seiner Jugend Golf spielt und ein ambitionierter Rennradfahrer ist.“ Manchmal fährt Sophia Kastner mit oder spielt auch manche Runde Golf mit ihm.
Wenn es den Pferden gut geht…
„Ich selber reite von Kindesbeinen an“, erzählt Sophia Kastner. Ihre Mutter, Ulrike Kastner, viele Jahre aktive Reiterin, nahm sie schon bald mit in den Stall und fördert die Reiterei ihrer Tochter im Stallalltag, bei Turnieren und „sie kümmert sich liebevoll um unsere Pferde.“ Viele Stunden verbrachte Sophia als Mädchen auch auf der Kollerinsel an einem Altrheinarm bei Jeanette Erny, wo sie Grundlagen erlernte und viele unterschiedliche Pferde reiten durfte. „Mein Vater, Klaus Kastner, ist Landwirt aus Überzeugung. Er ist das technische Rückgrat unserer Reitanlage und sorgt dafür, dass alles gut funktioniert und sauber ist.“ 2010 errichtete die Familie einen Stall mit acht Boxen und einen Reitplatz. Aus den Anfängen entwickelte sich eine moderne, pferdegerechte Anlage, „ein Ort der Ruhe und Qualität“, betont Sophia Kastner. „Unsere Pferde haben viel Raum, großzügigen Auslauf, lange Ruhezeiten und erstklassiges Futter. „Unsere Philosophie ist einfach: Wenn es den Pferden gut geht, können sie auch Leistung bringen!“ Diese Leistung bringt die Reiterin auch als Mitglied im Reiterverein Mannheim.
Geduld und Struktur prägen ihren Alltag: Den Pferden muss es gut gehen
Fragt man Sophia Kastner nach ihren Eigenschaften, sagt sie selbstbewusst: „Ich bin ein sehr fleißiger, disziplinierter und zielstrebiger Mensch. Das hilft mir im Training genauso wie bei der langfristigen Ausbildung meiner Pferde und dem Aufbau meiner Selbstständigkeit. Geduld ist für mich entscheidend. Ich glaube an konsequentes Dranbleiben und bin sehr organisiert. Genau das liebe ich. Ich strukturiere meinen Tag bewusst und effizient. Das gibt mir Sicherheit. Denn: wer weiterkommen will, muss konstant an sich arbeiten.“ Dieser Weg ist jedoch nicht allein zu schaffen: Eine Reiterin mit Ambitionen, wie sie Sophia Kastner hatte und hat, kann ihren Weg nicht alleine gehen. Neben der Familienbasis gibt und gab es zahlreiche Reitlehrer, „von denen ich immer profitierte. Früh schon lernte ich bei Jeanette Erny in Otterstadt sowie bei Manuela Gorski in Dielheim und Anica Fröhling in Mannheim, was es heißt, mit Pferden so zu arbeiten, dass sich Erfolge einstellen unter dem Credo: Den Pferden muss es dabei gut gehen!“ Und dann ist da noch Christian Bauer aus Schriesheim. „Seit 2024 begleitet er mich sportlich und ist eine prägende, impulsgebende Persönlichkeit auf meinem Werg. Er bietet ein klar fokussiertes Training und hat ein feines Gespür für Reiter und Pferde.“
Wer Ziele hat, kommt weit herum!
Die Reiterkarriere von Sophia Kastner begann in der Führzügelklasse 2007 mit dem Pony Donna, mit dem sie 2008 erste Turniere bestritt. Allmählich steigerte sich der Anspruch von Klasse E über Klasse A in den Ponykader Nordbaden. Jugendförderpreis und Siege und Platzierungen stellten sich ein bis Klasse L und M. 2015 startete sie mit Fabalou für den Regionalkader Nordbaden, wurde Ringmeisterin und durfte zum Bundesnachwuchschampionat. 2016 gelang dem Duo Sophia/Fabalou die erste Platzierung in Klasse S*. Die erfolgreiche Arbeit mit diesem Pferd brachte ihr die Berufung in den Landeskader Baden-Württemberg ein. So konnte sie auch die Baden-Württembergischen Meisterschaften bestreiten. 2018 begann eine neue Phase: Fabalou wurde verkauft und der Fokus der Arbeit Sophia Kastners lag auf der Ausbildung junger Pferde. Parallel gewann sie mit KarnaVal HB die Ringmeisterschaft sowie die Bronzemedaille bei der Nordbadischen Meisterschaft in Klasse M. Dazu kam der erste S*-Sieg mit KarnaVal. Die Erfolge konnten sich sehen lassen und förderten die Motivation der Reiterin weiter: 2022 wurde sie Dritte im Großen Preis des Saarlandes, schaffte etliche Platzierungen und Siege in Klasse S*. In den Jahren danach gab es weitere Erfolge bei den Nordbadischen Meisterschaften. Besonders stolz ist Sophia Kastner auf die aktuelle Saison 2025: „Das Goldene Reitabzeichen habe ich komplett und schaffte zudem innerhalb weniger Wochen acht Siege in Klasse S*, davon vier in Serie bei Turnieren in Luxemburg.“ Wer Ziele hat, kommt weit herum!
Junge Pferde sind eine Herausforderung
Die Ausbildung junger Pferde ist immer eine Herausforderung. Das erlebte Sophia Kastner besonders deutlich mit KarnaVal, ihrem Julius, den sie 2018 direkt von Züchter Hans Josef Brömmel erworben hat, der damals in Dorsten-Lembeck wohnte. Sie erzählt: „Die Ausbildung von Julius hat mir gezeigt, dass mit Geduld, Fleiß und Disziplin alles möglich ist. Es gab anfangs viele Leute, die ihn heruntergeredet haben. Ich selber hatte deshalb immer wieder Zweifel. Es lief nicht nach Plan. Aber ich habe ihn nicht aufgegeben. Wir arbeiteten gemeinsam jeden Tag Schritt für Schritt. Plötzlich war da nicht mehr das schwierige junge Pferd sondern ein selbstbewusster Sportpartner, der mittlerweile erfolgreich in der schweren Klasse glänzt. Diese Erfahrung hat mich gelehrt: Man darf sich nicht von Meinungen anderer entmutigen lassen. Wenn man überzeugt ist von seinem Tun und bereit, die Arbeit zu investieren, dann zahlt sich das aus.“ Was sich da „ausgezahlt“ hat, war eine große Überraschung. Sophia Kastner erzählt über Julius alias KarnaVal: „Da gab es in Ladenburg eine riesige Überraschung und das schönste Geschenk nach dreieinhalb Jahren Ausbildung!“ Sie gewann nämlich mit dem damals achtjährigen Julius nicht nur die M**-Dressur sondern auch die S*-Dressur und damit den Wettbewerb der Youngster-Tour mit über 70 Prozent.
Mit Leidenschaft, Hingabe und Disziplin
Aus Niederlagen und Tiefen geht man gestärkt hervor, wenn man nicht aufgibt. Das kommt den jungen Pferden zugute, sagt Sophia Kastner: „Ich habe für jedes Pferd einen groben Fahrplan im Kopf, den ich regelmäßig überdenke und flexibel anpasse. Ich genieße die Fortschritte, die wir erarbeiten. Wenn ich dann das Gefühl habe, dass alles passt, freue ich mich umso mehr, aufs Turnier zu fahren. Und ich freue mich auf künftige Projekte mit jungen Pferden – und darauf, auch in den kommenden Jahren neue Talente zu entdecken, behutsam auszubilden und auf ihrem Weg zu begleiten.“ Gleichwohl ist ihr bewusst: „Die Ausbildung von Pferden kann auch ein steiniger Weg sein.“ Diese Haltung passt zu ihrem Blick auf andere Sportler: „Ich finde Inspiration auch außerhalb des Reitsports, z.B. bei Athletinnen und Athleten anderer Disziplinen, die mit der gleichen Leidenschaft, Hingabe und Disziplin ihren Weg gehen. Am Ende eint uns alle die Liebe zum Sport, der Wille zur Weiterentwicklung und die Bereitschaft, täglich an sich zu arbeiten.“ Insofern ist ihre Antwort auf die Frage nach dem „Privatleben“ neben der Reiterei auch schlüssig: „Der Reitsport hat mich früh geprägt, mir Disziplin, Durchhaltevermögen beigebracht und das Verständnis, dass nachhaltiger Erfolg Zeit braucht. Der Sport nimmt viel Raum ein und genau das gibt mir Energie. Ich lerne ständig dazu, treffe interessante Menschen und wachse mit jeder neuen Herausforderung.“
Faszination Pferd kann wie Gold glänzen
Wer wie Sophia Kastner die tägliche Arbeit mit den Pferden als etwas ganz Besonderes erlebt und intensiv lebt, ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie sehr Pferde das Leben eines Menschen prägen können. Sie erklärt sich das so: „Es ist faszinierend, wie fein Pferde unsere Körpersprache wahrnehmen, wie sensibel sie auf Stimmungen reagieren, wie ehrlich ihre Reaktion ist. Pferde fördern uns im besten Sinne: Sie erinnern uns täglich daran, im Moment zu leben.“ Und einen solchen Moment wird Sophia Kastner am 9. August 2025 beim Turnier in Heidelberg-Kirchheim erleben: Dort wird ihr das Goldene Reitabzeichen verliehen, das einer Art Ritterschlag in der deutschen Reiterei gleichkommt. Deshalb wird es auch „nur verliehen“ für Beständigkeit, Fairness gegenüber den Pferden und für schöne Erfolge. Das darf dann auch beim Turnier gefeiert werden mit den Eltern, dem Partner, mit Ausbildern und Weggefährten und vielen Freunden aus der Reiterfamilie, die dann einmal nicht Konkurrenten sind sondern sich mitfreuen am besonderen Erfolg von Sophia Kastner.
Das Porträt verfasste Martin Stellberger für den Pressedienst des Pferdsportverbands Baden-Württemberg