Die neue Normalität ist für Turnierveranstalter eine Herausforderung
Neues versuchen und Neues wagen und sich an die Spitze des Fortschritts setzen, ist in Zeiten, die sich geändert haben, ganz besonders wichtig. Und genau das ist sein Ding. Manfred Marschall hat mit seiner Challenge auf seiner weitläufigen Reitanlage im oberschwäbischen Heiligkreuztal schon bewiesen, wie Stillstand überwunden werden kann. Zunächst hat der ehemalige Nati-onenpreisreiter zusammen mit seinem Partner Andy Witzemann aus Winterlingen ein Trainingswo-chenende initiiert und dann noch mit dem ersten Turnier in Baden-Württemberg für die Springreiter genau den Nerv getroffen.
„Stillstand ist für uns im Pferdegeschäft nicht hinnehmbar“, war die einhellige Meinung der beiden international agierenden Profis längst bevor der gordische Knoten durchschlagen werden konnte. Also wurde zunächst an einem Trainingswochenende gebastelt, das mit modifizierter Behördenge-nehmigung gleich professionell aufgezogen wurde: Mit Ansager, mit großer Leinwand, mit Life-Übertragung, unter der Aufsicht der Landeskommission und mit vorschriftsmäßiger Turnierkleidung der zugelassenen Berufsreiter aber ohne Ergebnisse.
Jetzt gelten auch andere Regelungen. Also wurde auf dem gesamten Gelände nach der persönlichen Registrierung Mund- und Nasenschutz angeordnet. Security überwachte das gesamte Gelände und achtete auf Abstände genauso, wie auf Schutzmaßnahmen die der Sicherheitsbeauftragte Stephan Merkel mit den Behörden ausgehandelt hatte.
Es war der wichtige Schritt zurück in die sportliche Normalität, gewissermaßen der Hauch, der die Lebensgeister des Turniergeschehens geweckt hat. Zwei Wochen, gefüllt mit unzähligen persönlichen und telefonischen Gesprächen und Konferenzen mit den verschiedensten Behörden und Verbänden hatten ihren Zweck erfüllt: Die 2. Heiligkreuztal Challenge wurde zum ersten Springturnier bis zur Klasse S in Baden-Württemberg. Mit Günter Schmaus aus Hauerz, dem Experten für Kunststoffzäune, konnte ein dem Stall Marschall äußerst eng verbundener Pferdemann als Hauptsponsor gewonnen werden. Immerhin wurden im S-Springen 3000 Euro ausgeschüttet. Dass ausgerechnet Tim Hoster, als ehemaliger Reiter bei Marschall, den Großen Preis gewinnen konnte und Witzemann als Initiator Zweiter wurde, rundete die gelungene Veranstaltung auch noch ab. Neben den Profis wurde sogar noch in einem Nachtrag für die Amateure eine Startgenehmigung erreicht, die in vier Prüfungen den Sonntag als zusätzlichen Turniertag voll ausfüllten. Die 60 Startplätze in den insgesamt zwölf Wettkämpfen gingen weg, wie warme Semmel und waren im „Windhundverfahren“ schon nach einer viertel Stunde und die der Amateurreiter in zehn Minuten komplett ausgebucht.
Der zweimaligen Hallen-Champion Andy Witzemann hatte schon im Vorfeld immer wieder die Amateure in das Konzept integrieren wollen und war am Ende froh, dass sie zuletzt „ebenfalls mit im Boot saßen“. Mindestens genauso wichtig war die Botschaft: Wir haben die Vorgaben der Ämter ernst genommen und die doch massiven Hygiene-Maßnahmen eingehalten. Was ist geblieben? Hochmotivierte Reiter konnten sich endlich auch in Baden-Württemberg im sportlichen Wettkampf messen. Bis an die Grenze belastete aber zufriedene Veranstalter waren glücklich „einen gewaltigen Motivationsschub ausgesendet“ zu haben.
Getreu dem Motto „Stillstand ist Rückschritt“ sind aber schon längst die Gedanken von Manfred Marschall weit in die Zukunft gerichtet. „Ich denke über ein internationales Event auf unserer Reitanlage in Heiligkreuztal nach“, gibt er wieder einen Hoffnungsschimmer für die arg gebeutelte Reiterschar, nachdem gerade auch noch die Springreiter in Donaueschingen „ausgeladen“ wurden und somit, wie in Mannheim, Immenhöfe und Albführen, keine internationalen Startmöglichkeiten im Lande haben.
Jörn Rebien