Mit dem Gewinn der Goldmedaille in der deutschen Equipe schrieb Isabell Werth in Paris Geschichte: Sie holte ihre achte Goldmedaille bei Olympischen Spielen, womit sie die bislang führende Kanutin Birgit Fischer als erfolgreichste deutsche Olympionikin überholte, da sie zudem sechs Silbermedaillen aufzuweisen hat (Fischer vier Mal Silber). Zugleich ist die Dressur-Ikone die erfolgreichste Reiterin der Welt, denn die Bilanz von Springreiter Hans Günter Winkler weist sieben Mal Gold sowie je einmal Silber und Bronze auf, und Dr. Reiner Klimke (Dressur) gewann in seiner Karriere sechs Gold- und zwei Bronzemedaillen.
Isabell Werth begann beim heimischen Reitverein „Graf von Schmettow Eversael“, dem sie bis heute treu geblieben ist, mit dem Reiten. 1986 entdeckte Dressurausbilder Dr. Uwe Schulten-Baumer das Talent der Reiterin aus der niederrheinischen Nachbarschaft. Im Sattel seiner Pferde und von ihm gefördert, etablierte sich Werth schon ein Jahr nach ihren ersten Europameisterschaften als Junge Reiterin an der Weltspitze. 1989 bestritt sie mit Weingart ihr erstes Senioren-Championat und gewann bei der EM zusammen mit Nicole Uphoff/Rembrandt, Monica Theodorescu/Ganimedes und Ann-Kathrin Linsenhoff/Courage die Goldmedaille.
Dem ersten olympischen Gold (Mannschaft) 1992 in Barcelona folgten zahllose Team- und Einzelmedaillen. Nur so viel: Werths Erfolgsbilanz beträgt sieben Goldmedaillen bei Olympia, neun bei Weltreiterspielen, 21 bei Europameisterschaften!
Die „Mission Titelverteidigung“ der 2021 in Tokio gewonnenen Team-Goldmedaille glückte in Paris, wo Isabell Werth mit Wendy, Jessica von Bredow-Werndl mit TSF Dalera BB und Frederic Wandres mit Bluetooth OLD sich Gold umhängen ließen. Zudem holten Isabell Werth und Wendy vor der herrlichen Kulisse von Schloss Versailles noch Kür-Silber. Damit zeigte sich die Rheinbergerin „mehr als zufrieden“, da sie erst seit Anfang des Jahres mit der Stute zusammenarbeitet. Von Anfang an habe sie das Gefühl gehabt, dass sie und Wendy „eine ganz besondere Verbindung“ zueinander hätten. „Jeder Tag hat uns einen Schritt weitergebracht. Auch hier in Paris haben wir uns jeden Tag noch mal ein Stück weiterentwickelt, und das hat dann dazu geführt, dass wir hier wirklich mit Gold und Silber nach Hause fahren dürfen“, sagte Werth.
Das prächtige Schloss Versailles, einst Hauptresidenz des französischen Königshauses, bot bei den Olympischen Spielen 2024 eine beeindruckende Kulisse für den Reitsport. „Ich bin noch nie in einem so wunderschönen Stadion geritten, mit einem so freien Blick auf das Schloss. Wir hatten tolle Tage und einen extrem spannenden Sport. Es war großartig“, so die Dressur-Ikone im Rückblick.
Die STUTTGART GERMAN MASTERS und Isabell Werth – diese Verbindung ist eine ganz besondere. 17 Mal konnte sie sich im Grand Prix Special als Siegerin umjubeln lassen und den GERMAN DRESSAGEMASTER gewinnen. Zehn Mal wurde sie als Erste in der Kür gefeiert. Seit vielen Jahren ist sie „Stammgast“ in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle und Botschafterin des Pferdesport-Highlights in der baden-württembergischen Landes- hauptstadt. Hier hat sie einige ihrer Pferde, zum Beispiel Gigolo, Satchmo oder Emilio, aus dem Sport verabschiedet und dabei für sehr emotionale Momente im Hallenrund gesorgt.
Die Motivation für die tägliche Arbeit mit ihren Pferden holt sich Isabell Werth – bei eben diesen Sport-Partnern. „Die Faszination für sie ist es, die mich antreibt. Das ist bei mir nicht anders als bei einem passionierten Hobbyreiter oder einem Züchter, der nicht damit aufhören kann und will, über Pferde nachzudenken. Dass ich Spitzensport betreibe und von meinen Pferden auch Leistung fordere, steht außer Frage. Aber was uns Reiter jeden Tag in den Stall treibt, ist der unbedingte Wunsch, sich jeden Tag immer wieder aufs Neue mit den Pferden zu beschäftigen. Dieses nie versiegende Interesse an ihren Charakteren, ihren Eigenheiten und Talenten ist der Ursprung von allem.“
Der Erfolg, erklärt sie, sei die Krönung des Ganzen. „Es macht mich stolz, dass ich mehr als 30 Pferde erfolgreich in den Spitzensport bringen konnte. Das sind die Früchte meiner Arbeit und meiner Leidenschaft. Doch die Freude daran ist das Wichtigste.“ Sie sammelte bei sieben verschiedenen Olympischen Spielen Medaillen – mit fünf verschie-denen Pferden. Für sie ist die tiefe Verbindung zu ihnen der Weg zum Ziel. Über Jahrzehnte hinweg hat sie die Fähigkeit perfektioniert, sich auf ihre tierischen Partner einzustellen.
Geboren am 21. Juli 1969, dem Tag, als der erste Mensch den Mond betrat, bezeichnet sie sich „eher als bodenständig, wie meine ganze Familie – Landwirte seit Generationen. Auf dem Hof in Rheinberg, den ich 2003 von meinem Vater übernommen habe, leben wir als Familie eng verbunden. Zu den besten Zeiten lebten hier vier Generationen: Meine Großmutter, die 102 Jahre alt wurde, und erst in den letzten beiden Jahren ernsthaft schwächelte, meine Eltern, und ich mit meinem Lebenspartner Wolfgang Urban und meinem 15-jährigen Sohn Frederik. Und meine ältere Schwester Claudia mit Familie“, gibt sie einen Einblick in ihre Welt.
Nach dem zweiten Staatsexamen 2000 arbeitete sie kurzzeitig als Anwältin, ehe sie zu einer großen Warenhaus-Kette in die Marketingabteilung wechselte. 2004 machte sie sich schließlich mit einem Turnier- und Ausbildungsstall in ihrer Heimatstadt selbständig.
Wichtigste Ansprechpartnerin und enge Vertraute ist ihre Mäzenin Madeleine Winter- Schulze, die ihr immer wieder Pferde zur Verfügung stellte und heute noch stellt.
Für ihre reiterlichen Leistungen wurde Isabell Werth mehrmals mit dem „Silbernen Lorbeerblatt“, der höchsten Auszeichnung im deutschen Sport, ausgezeichnet. Bei der Wahl zur „Sportlerin des Jahres 2017“ belegte die damals 48-Jährige in Baden-Baden den dritten Rang. 2024 wurde sie als „Legende des Sports“ mit dem Pegasos-Preis geehrt.
Die Buchautorin („Was für ein Mensch ist mein Pferd?“ und „Vier Beine tragen meine Seele“ – gemeinsam mit der renommierten Sportjournalistin Evi Simeoni, die Isabell Werths Werdegang von Anfang an begleitet hat, zeichnet sie ihr Leben nach und erzählt die Geschichte ihrer wichtigsten Pferde) wird jetzt auch Ehrenbürgerin ihrer Heimatstadt Rheinberg. So beschloss es der Stadtrat am 29. Oktober. Die Auszeichnung wurde dort über 60 Jahren nicht mehr verliehen, Isabell Werth ist die erste Frau in der illustren Runde der bisher elf Rheinberger Ehrenbürger.
Größte Erfolge (Auszug):
2024 Olympiasiegerin Mannschaft Paris (FRA)
Olympia-Silber Einzel Paris (FRA)
2023 EM-Silber Mannschaft Riesenbeck
2022 WM-Bronze Mannschaft Herning (DEN)
2021 Olympiasiegerin Mannschaft Tokio (JPN)
Olympia-Silber Einzel Tokio (JPN)
Europameisterin Mannschaft Hagen a.T.W.
EM-Silber Einzel Grand Prix Special Hagen a.T.W.
EM-Vierte Einzel Kür Hagen a.T.W.
2019 Europameisterin Einzel Grand Prix Special Rotterdam (NED)
Europameisterin Einzel Kür Rotterdam (NED)
Europameisterin Mannschaft Rotterdam (NED)
Weltcupsiegerin Göteborg (SWE)
2018 Weltmeisterin Einzel Tryon (USA)
Weltmeisterin Mannschaft Tryon (USA)
Weltcupsiegerin Paris (FRA)
2017 Europameisterin Einzel Grand Prix Special Göteborg (SWE)
Europameisterin Einzel Kür Göteborg (SWE)
Europameisterin Mannschaft Göteborg (SWE)
Weltcupsiegerin Omaha (USA)
2016 Olympiasiegerin Mannschaft Rio de Janeiro (BRA)
Olympia-Silber Einzel Rio de Janeiro (BRA)
2015 EM-Bronze Mannschaft Aachen
2014 Weltmeisterin Mannschaft Caen (FRA)
2013 Europameisterin Mannschaft Herning (DEN)
2011 EM-Silber Mannschaft Rotterdam (NED)
2010 WM-Bronze Mannschaft Lexington (USA)
2008 Olympiasiegerin Mannschaft Hongkong (CHN)
Olympia-Silber Einzel Hongkong (CHN)
2007 Europameisterin Einzel Grand Prix Special Turin (ITA)
EM-Silber Einzel Kür Turin (ITA)
EM-Silber Mannschaft Turin (ITA)
2007 Weltcupsiegerin Las Vegas (USA)
2006 Weltmeisterin Einzel Grand Prix Special Aachen
Weltmeisterin Mannschaft Aachen
WM-Bronze Einzel Kür Aachen
2003 Europameisterin Hickstead (GBR)
2001 Europameisterin Mannschaft Verden
2000 Olympiasiegerin Mannschaft Sydney (AUS)
Olympia-Silber Einzel Kür Sydney (AUS)
1999 Europameisterin Mannschaft Arnheim (NED)
1998 Weltmeisterin Einzel Rom (ITA)
Weltmeisterin Mannschaft Rom (ITA)
1997 Europameisterin Einzel Verden
Europameisterin Mannschaft Verden
1996 Olympiasiegerin Einzel Atlanta (USA)
Olympiasiegerin Mannschaft Atlanta (USA)
1995 Europameisterin Einzel Mondorf-les-Bains (LUX)
Europameisterin Mannschaft Mondorf-les-Bains (LUX)
1994 Weltmeisterin Einzel Den Haag (NED)
Weltmeisterin Mannschaft Den Haag (NED)
1993 Europameisterin Einzel Grand Prix Special Lipica (SLO)
Europameisterin Mannschaft Lipica (SLO)
1992 Olympiasiegerin Mannschaft Barcelona (ESP)
Olympia-Silber Einzel Barcelona (ESP)
Weltcupsiegerin Göteborg (SWE)
1991 Europameisterin Einzel Grand Prix Special Donaueschingen
Europameisterin Mannschaft Donaueschingen
1989 Europameisterin Mannschaft Mondorf-les-Bains (LUX)
PM