Ein möglicher Neuanfang (Editorial Reiterjournal 10/2024)

Foto: Titelseite Reiterjournal 10/2024

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Das sieht doch schon mal ganz gut aus. Wann hat man diesen Ausspruch im Zusammenhang mit der deutschen Reiterzen­trale FN zum letzten Mal wohl gehört? Das ist schon lange her. Negative Schlagzeilen, Fassungslosigkeit, manchmal auch Wut über „die da“ in Warendorf beherrschten den öffentlichen Diskurs – bis hin zu Medien, in denen der Pferdesport in der Regel so bedeutungslos ist wie Hallen-Halma. Trauriger Höhepunkt war ein mehrminütiger Bericht in der ARD-Sportschau wenige Tage vor Erscheinen dieser Ausgabe über finanzielle Verwerfungen, die jetzt offenbar auch eine strafrechtliche Relevanz annehmen. Schlechter kann ein Verband kaum dastehen. Aber es gibt auch eine Chance. Sagen wir es mal so:  Es gibt nichts Schlechtes, das nicht für irgendetwas auch gut wäre. Denn jetzt ist ein harter Schnitt unumgänglich – aber auch möglich. Wie gut war es, dass die Regionalverbände schon einen Schlussstrich unter die Ära Erbel/Ziegler gezogen haben. Mittlerweile wäre es noch schmerzhafter für alle Beteiligten.

 

Jetzt ist die Chance für einen Neuanfang da, es gibt keine Alternative, als sie zu nutzen. Die Zeiten der gegenseitigen Schuld- und Unfähigkeitszuweisungen sollten jetzt aber vorüber sein, wenn auch die juristischen Fragen natürlich schonungslos aufgearbeitet werden müssen, was angesichts der Konstellation, die zu erwarten ist, auch gelingen sollte. Es sieht nämlich wirklich schon mal ganz gut aus, was die künftige Verbandsspitze betrifft. Mitte September haben sich zumindest zwei Kandidaten vorgestellt, denen man es offenbar zutraut, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Das sind der Unternehmer und frühere Dressurreiter Dr. Martin Richenhagen und Hans-Jürgen Meyer (71). Der Tierarzt und frühere Staatssekretär Dr. Heinrich Bottermann scheint eher nicht infrage zu kommen. Aber auch sein Interesse ist aller Ehren wert. So lautet die erste Erkenntnis (was eine Weile anders zu befürchten war): Das oberste Funktionärsamt im organisierten Pferdesport hat trotz allem noch eine hohe Wertigkeit. Honorige und qualifizierte Herren streben danach. Das ist durchaus beruhigend. Richenhagen und Meyer sind beide Männer aus dem Sport mit Erfahrungen aus der Wirtschaft (Richenhagen mehr als Meyer) und der Pferdezucht (Meyer mehr als Richenhagen). Sie sind vor Ort und wollen viel Zeit und Energie opfern, die FN wieder in trockene Tücher zu packen. Schon mal gut. Der Stall muss ausgemistet werden. Sie wissen, dass es eine Mammutaufgabe ist – erstmals in der Geschichte des Verbandes weit über das Repräsentative hinaus. Und sie wollen es anpacken. Beide stehen nicht für ein „Weiter so“ dem Abgrund entgegen, sondern für neue Ideen und Ansätze. Das ist auch nötig. Nur dann sieht es auch weiter gut aus.

 

Mit reiterlichen Grüßen

 

Roland Kern

 

Redaktion Reiterjournal und BAYERNS PFERDE

 

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