Lars Ligus: „Pfleger sind die halbe Miete!“

Was bedeutet es eigentlich Pferdepfleger zu sein? Interview mit Lars Ligus

Egal ob es zum Championat geht, zu einem Nationenpreis- oder sonstigem großen Turnier: Sie wirken im Hintergrund, fiebern mit und sind so wichtig – die Pferdepfleger. Was ihren Job im Spitzensport ausmacht, verrät Lars Ligus im Interview.

 

Lars Ligus begleitet Frederic Wandres als Turnierpfleger zu wichtigen Entscheidungen. Er war dabei, als Wandres 2022 bei der WM in Herning sein erstes Championat ritt. Seither sind die EM in Riesenbeck und die Olympischen Spiele in Paris hinzugekommen. Dieses Jahr wurde Wandres ins EM-Quartett für die Europameisterschaftem im französischen Crozet Ende August berufen. Lars Ligus ist der Groom, aber auch Coach, Mentalstütze und Lebensgefährte des Mannschafts-Olympiasiegers.

 

Lars, du bist einerseits Bereiter im Stall Kasselmann und eng in das Leben von Frederic Wandres involviert. Wer oder was genau bist du, wenn du mit „Freddy“ Wandres auf Turnieren unterwegs bist? Groom? Coach? Lebensgefährte?

 

Lars Ligus: Da bin ich alles in einem (lacht) – seelische Unterstützung, Pfleger und wenn Moni (Monica Theodorescu) nicht da ist, dann bin ich auch der, der das Coach-Phone auf dem Abreiteplatz im Ohr hat.

 

Okay, lass uns heute über Lars, den Groom, sprechen. Was unterscheidet eine EM von anderen Turnieren?

 

Lars Ligus: Das Packen im Vorfeld ist nicht anders als sonst. Aber vor Ort spricht man sich sehr eng im Team ab, gerade die Pfleger untereinander. Zum Beispiel, wann wir füttern. Wir achten sehr darauf, dass nicht kurz vor dem Start jemand mit einem vollen Futtereimer in die Box nebenan geht. Die Absprachen sind anders als bei normalen Turnieren. Und man fiebert wirklich bei jedem Teammitglied, bei jedem Ritt voll mit. Wir sind meistens bei den Pferden im Stall, dann läuft Clipmyhorse.tv und wir gucken zusammen.

 

Wir stellen uns vor, es ist ein Prüfungstag, an dem Frederic Wandres reitet. Wie sieht dann dein Tag aus?

 

Lars Ligus: Der Plan wird mindestens einen Tag vorher gemacht. Meistens geht Freddy mit dem Pferd früh morgens aufs Viereck und reitet Schritt, dafür mache ich natürlich das Pferd fertig und danach richtet sich, wann ich füttere. Danach machen wir den Plan fürs Abreiten: Wann genau wird fertiggemacht, wann eingeflochten, wann geht das Pferd nach dem Einflechten noch mal Schritt, damit es danach noch mal Pippi machen kann. Wann kommt der Sattel drauf, wann geht es tatsächlich mit dem Abreiten los? Das ist alles auf die Minute getaktet. Freddy zieht sich nach dem morgendlichen Reiten meistens zurück und kommt zum Fertigmachen für den Start wieder. Ich mache alles andere dazwischen. Ich kümmere mich auch nach dem Ritt um das Pferd und abends sprechen wir noch einmal die Prüfung durch.

 

Einerseits ist der Kontakt zwischen Pfleger und Pferd unglaublich wichtig…

 

Lars Ligus: Ja, absolut. Ich glaube, ich kann für alle Pfleger sprechen. Unsere Verbindung zum Pferd ist mindestens genauso eng wie die zwischen Reiter und Pferd. Am Ende kümmern wir uns hauptsächlich um die Pferde, nicht, weil die Reiter das nicht wollen, aber auf den Championaten haben die Reiter einfach x-andere Verpflichtungen mit Presse und so weiter. Wir gucken die Pferde morgens einmal an und wissen, was Sache ist. Pfleger sind die halbe Miete, würde ich behaupten.

 

… andererseits spielt auch die Kommunikation zwischen Pfleger und Reiter eine riesige Rolle?

 

Lars Ligus: Das ist sicher bei mir und Freddy noch mal ganz besonders, weil wir auch Lebenspartner sind. Dass wir alles gemeinsam so erleben können, ist natürlich extrem speziell. Wir kennen uns so in- und auswendig, da reichen Blicke zur Verständigung. Beim Abreiten guckt Freddy mich oft nur kurz an und dann muss ich nur nicken und er weiß, dass es dann wirklich gut ist. Zu Hause kommt Monica auch zum Training, aber wir beide arbeiten auch viel zusammen. Also sind wir gut aufeinander abgestimmt.

 

Pferdepfleger – was macht dieser Teil Deines Berufs aus?

 

Lars Ligus: Ich bin unendlich dankbar, dass ich das alles so miterleben darf. Ich darf mit Freddy auf die tollsten Turniere dieser Welt fahren. Aber dieser Beruf bringt auch sehr viel Verantwortung mit sich, die man nicht unterschätzen darf. Ich habe den Lkw-Führerschein und wenn wir mit mehreren Pferden fahren, dann sitze ich am Steuer. Wenn wir nur ein Pferd mitnehmen – wie nach Crozet – dann wechseln Freddy und ich uns meistens im Sprinter ab. Das ist einfach eine Riesenverantwortung und man gibt immer 110 Prozent, damit es den Pferden gutgeht. Man tut alles für sie und achtet auf jedes Detail. Ganz wertvoll ist für mich auch die „One-on-One-Time“, also die Zeit, die man allein mit dem Pferd verbringt. Das genießen ich und auch die Pferde sehr.

 

Hast Du als Groom auf einem Turnier schon mal einen Schreckmoment erlebt? Stiefel oder Sattel vergessen?

 

Lars Ligus: So ähnlich (lacht). Ich habe mal einen Fehler in unserem Zeitplan gemacht und mich um eine Stunde vertan. 40 Minuten vor der Prüfung stand das Pferd noch uneingeflochten in der Box. Alle haben mitgeholfen, wir haben das Pferd so schnell wie noch nie fertiggemacht und haben es noch ganz gut hinbekommen. Aber seitdem gehe ich immer zehnmal über den Plan und checke alle Zeiten, damit mir das nicht noch einmal passiert.

 

Du warst schon einige Male dabei – worauf freust du dich in Crozet am meisten?

 

Lars Ligus: Mit diesem Team dahinzufahren. Ingrid (Klimke) mit Carmen, Isabell (Werth) mit Steffi und Katha (Katharina Hemmer) – bei ihr weiß ich nicht genau, wer als Groom mitfährt – das wird super. Wir kennen uns inzwischen alle ziemlich gut, das ist eine coole Clique.

 

Kommen wir noch einmal zu deiner dreigeteilten Rolle Pfleger, Trainer, Lebensgefährte. Wer von den dreien ist am nervösesten, wenn Frederic Wandres ins EM-Viereck einreitet?

 

Lars Ligus: (lacht) Das ist ganz witzig. Bis zum Fertigmachen bin ich 100-prozentig als Pfleger dabei und mache meinen Job, aber sobald er aufsitzt, kann ich ja nicht mehr so viel tun. Und wenn er einreitet, ist der Trainer und Partner in mir am nervösesten.

 

Crozet im Blick – was darf vor Ort auf keinen Fall fehlen?

 

Lars Ligus: Emma, die Tochter von Francois und Diana Kasselmann, macht uns für jedes Turnier selbstgebastelte Armbänder mit dem Pferdenamen. Das hat Freddy beim Reiten immer in der Hosentasche – dieser Glücksbringer darf auf keinen Fall fehlen! fn-press

 

Das Interview führte Kim Kreling für das PM-Forum. 

 

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