Mit gebrochenem Bein zum Deutschen Meistertitel – Michael Brauchle sieht sich trotz des Handicaps auf gutem Wege – Erneuter Sieg für Gerrit Nieberg im Großen Preis der Springreiter

Foto: Michael Brauchle - mit Handicap zum Titel - Fotograf: RI Foto: RI

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„Riesenbeck ist Riesenbeck. Das sagt eigentlich alles!“ Der neue Deutsche Meister der Vierspännerfahrer meint damit, „Wer nach Aachen kommt, weiß, was ihn in Aachen erwartet“. Dasselbe gelte für Riesenbeck: „Hier ist es spitze. Die Bedingungen, die Organisation, der Zustand der Hindernisse. Einfach alles“. Dennoch war der 29 Jahre alte Schwabe, der 2015 schon Europameister und auch Deutscher Meister war, froh, dass das Turnier „endlich vorbei ist“. Denn: „Morgen werde ich auf dem Sofa verbringen und mich keinen Meter bewegen.“ Der Grund dafür war ein herber Unfall vor zwei Wochen beim Turnier in Valkenswaard, als die Kutsche bei der Marathonfahrt umgekippt ist und den Fahrer unter sich begraben hatte.

 

Brauchle fährt inzwischen mit gebrochenem Wadenbein, angebrochenem Schienbein und kaputtem Kreuzband. „Es geht schon, ich bin ja nicht aus Zucker,“ sagt er tapfer. Gespannfahrer sind harte Kerle, da wird dann halt mit dem anderen Fuß das Bremspedal getreten und in den Schlaglöchern kurz die Luft angehalten. Er gibt aber zu, dass er echte Schmerzen hat und nächtens mit Eiswürfeln und Schmerzmitteln versucht, das Beste aus der Verletzung zu machen.

 

Dass er wieder Deutscher Meister werden würde, und damit Georg von Stein (Modautal) und Anna Sandmann (Lähden) auf die Plätze zwei und drei schicken würde, hat Brauchle selbst nicht gedacht. „Der Bundestrainer sagte, er braucht ein Ergebnis vor Aachen. Das hat er jetzt!“ Das Grinsen ist ihm jedenfalls nicht vergangen.

 

Trotz der widrigen Umstände sieht sich der Vierspännerfahrer auf allerbestem Weg zurück an die Spitze. „Ich hatte zwei schwierige Jahre, jetzt geht es wieder aufwärts!“ Mit der Mischung aus neuen Pferden und erfahrenen Tieren im Gespann will er wieder ganz nach oben. Seine Ziele für dieses Jahr heißen: Teilnahme am CHIO Aachen und an den Europameisterschaften in Donaueschingen. Und danach wird das Bein operiert.

 

In der internationalen Wertung siegte bei seinem ersten Start in Riesenbeck der Spross einer holländischen Vierspänner-Fahrer-Dynastie: Bram Chardon, Sohn des 5fachen Weltmeisters Ijsbrand Chardon. Der 25 jährige frühere Pony-Weltmeister vereinigt Talent, Fleiß, und großzügige finanzielle Unterstützung aus dem Elternhaus, von der ein Selfmade-Mann wie Michael Brauchle nur träumen kann. Bram verwies auf Anhieb seinen Vater auf den zweiten Platz und den amtierenden Mannschafts- und Vize-Weltmeister im Einzel, Chester Weber (USA) auf Platz drei.(alle Informationen unter www.pferd-aktuell.de/37883).

 

Drei Disziplinen – ein Turnier – das war das Motto der Veranstaltung, die wieder einmal viel mehr zu bieten hatte als Spitzensport. Schon die Umgebung ist eine Reise wert. Am Rande des Surenburger Waldes, der mit seinen sattgrünen Bäumen eine einzigartige Ruhe ausstrahlt, können sich die Zuschauer auf der weltläufigen Anlage von Riesenbeck International bei freiem Eintritt unbedrängt bewegen und verweilen. Die Kinder spielen auf dem Rasen rund um das Stadion, hören der Autorenlesung im Academy Ring zu oder freuen sich über Hunde- oder Pony-Vorführungen. Derweil  verfolgen die Sportinteressierten die international renommierten Vierspänner auf den weitläufigen Rasenplätzen,  verfolgen die Dressur in der Halle oder sitzen im Schatten der Bäume am Rasenstadion auf dem erhöhten Wall und beobachten das Geschehen bei den Springreitern. Zum Essen trifft man sich unter dem großen Schirm am Marktplatz, wo es am Freitagabend bei lauschigen Temperaturen Live-Musik gab. Diese Veranstaltung, das meinten auch viele Aktive, vermittelt eine wohltuende Entschleunigung aus dem sonst so hektischen Turnieralltag.Und – oder vielleicht gerade deshalb – wurde auch guter Sport von den zwei- und vierbeinigen Akteuren geboten.

 

Einmal mehr konnte Toni Haßmann (Lienen) wieder Siegerschleifen und beste Platzierungen  sammeln und damit die Zahl der über 600 Siege in seiner Karriere nochmals erhöhen. Vor dem Großen Preis von Surenburg – in Memoriam Baron Constantin Heereman hatte der 43jährige schon dreimal gewonnen. Am Samstagabend blieb er im Finale der Mittleren Tour sogar als Einziger im Feld fehlerfrei und gewann das Springen mit Call me Diva ohne in ein Stechen zu müssen.

 

Das 1,45 m -Hauptspringen am Sonntag sah 17 Reiter im Stechen. Katrin Eckermann zeigte als vorletzte Starterin wieder einmal ihre Schnelligkeit mit Ca va bien (0/41.21). Doch der Vorjahressieger Gerrit Nieberg (Münster) machte ihr mit dem Schlussritt einen Strich durch die Rechnung. Er gewann mit seiner bewährten Stute Quibelle de la Coeur erneut (0/40.58) und wurde dafür vom Publikum gefeiert. Bei seinem Hausturnier ritt Ludger Beerbaum erstmals den 11 Jahre alten Canturo-Sohn Camargo, der bisher von Luciana Diniz vorgestellt wurde. Er belegte nach fehlerfreiem Umlauf und Stechen den siebten Platz.

 

Im Grand Prix der U25 Jahre alten Reiter gewann einmal mehr Bianca Nowag (Ostbevern) mit auf ihrem Sir Hohenstein mit 73,632 %. In der Kür belegte das Paar ebenfalls den ersten Platz.   Bundestrainer Sebastian Heinze konnte wichtige Erkenntnisse nach den Auftritten seiner Schützlinge sammeln. Das Turnier diente als offizielle Sichtung vor den anstehenden Europameisterschaften Ende Juli in San Giovanni (Italien). Heinze: „Wir haben hier sehr gute Bedingungen vorgefunden und hatten die Möglichkeit, das Team über drei Prüfungen zu testen. Wichtig war auch, dass eine Kür geritten wurde.“

 

Die Nominierungsliste der FN steht unter: www.pferd-aktuell.de

 

PM

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