Foto: Titelseite Reiterjournal 09/2023
Es waren dramatische Stunden von 8. auf den 9. August. Innerhalb kurzer Zeit wurde eine riesige Vermisstensuche aus dem Boden gestampft. Riesig und erfolgreich. Fritz Pape, überall geschätzte Reiter- und Trainerpersönlichkeit von Schloss Sindlingen, hatte sich bei einem Spaziergang verlaufen und war verschwunden. Eine ganze Nacht lang. Daraufhin rollte eine Welle der Hilfsbereitschaft los, die uns wie andere begeistert hat. Wir haben dem Netzwerk der Reiter, der sprichwörtlichen Reiterfamilie, daraufhin ein Editorial gewidmet.
Wenige Tage später, am 22. August, erreichte uns die traurige Nachricht, dass Fritz Pape verstorben ist. Nach dem zunächst glimpflichen Verlauf der Aktion, der Erleichterung und der Hoffnung hatten ihn die Strapazen wohl doch zu sehr geschwächt. Wir – und das ganze Land – sind in tiefer Trauer. Unser großes Mitgefühl gilt vor allem seiner Familie. Unser Nachruf ist am selben Morgen online erschienen und auf unserer Webseite » zu lesen.
Nun beginnt der Leitartikel in der Druckausgabe des neuen Reiterjournals aufgrund der aktuellen Gefühlslage vom 9. August mit dem freudig formulierten Satz „Fritz Pape lebt“. Als die Kunde von seinem Sterben die Runde machte, war das Heft gedruckt und auf dem Weg zu seinen Leserinnen und Lesern. Wie das Leben eines lieben Menschen – nicht mehr zurückzuholen.
Wir sind sehr betroffen von der tragischen Überschneidung der Ereignisse, die uns wieder einmal bewiesen hat, wie unwichtig die Zeitabläufe im Alltag werden, wenn es um das wirklich Wesentliche geht, um Leben und Tod. Wie unplanbar letztlich alles ist. Und so sehen wir das Editorial der gedruckten Reiterjournal-Ausgabe 9/23 auch als ein besonderes Zeitdokument, in dem Fritz Pape noch lebt – um für immer unvergessen zu bleiben.
Es waren noch andere Themen und Ereignisse, die uns dazu bewogen haben, dieses Leitartikel-Thema zu wählen. Fast 40 000 Personen hatten wir auf Facebook und Instagram erreicht, um Fritz Pape zu finden. Da hat man gesehen: obwohl uns die manchmal nur vermeintlich „sozialen“ Netzwerke oft Nerven kosten – wenn es gilt, sind sie ein großartiges Medium, schnell und weit verbreitet Nachrichten und Infos zu streuen.
Wobei man aber auch dazusagen muss: Das funktioniert natürlich nur bei einem hohen Vernetzungsgrad innerhalb der Zielgruppe und – ohne Eigenlob – einem starken Partner in der Medienlandschaft. Und die Reiterinnen und Reiter sind eben überzeugte Vernetzer. Noch zwei weitere Beispiele aus der jüngsten Zeit beweisen das. Als der Springreiter Sven Speidel nach einer Kolik seines Wallachs Dawson um dessen Leben bangen musste, bekam er stellvertretend für seinen vierbeinigen Freund weit über 500 Genesungswünsche. Und als Pony-Landestrainer Rudi Brügge – welch ein wundervoller Mensch! – Mitte des Monats verstarb, weinte die Community der Reiter gemeinsam und öffentlich um ihn. Die Anteilnahme war riesig: Rund 50 000 Menschen erfuhren die bittere Nachricht in den Netzwerken.
Aber Social Media ist nur dann gut und human, wenn die Menschen darin keine Parallelwelt aufbauen, sondern die Medien nutzen, um persönliche Kontakte zu verbessern. Das gelingt bei den Reitern – wie man sieht – außergewöhnlich gut. Reiter vernetzen sich aber auch gern und gut, sind Freud – und Leidensgenossen. Wer die Ställe im Land besucht, lernt die Leute kennen, die gegenseitig beim Füttern einspringen oder sich mit Bürsten und Huffett aushelfen, oder Mitfahrgelegenheiten aufs Turnier anbieten.
Reiten verbindet. Und das ist ein gutes Gefühl. Die meisten Turniere im Land werden wiederum von Pferdeleuten gefördert, die Unternehmer sind oder einfach nur etwas spenden wollen. Da sagen Reiter selten nein.
Auf eine beruhigende Weise sind Reiter eine Familie. Nicht immer sind alle lieb zueinander, aber man spürt irgendwie die Zusammengehörigkeit. Die letzten Wochen haben nochmal gezeigt, dass wir zusammenstehen, wenn es gilt. Wenn es darauf ankommt, ist man füreinander da. Wenn es Euch einmal nicht so gut geht, Leute, ruft einen Reiter an. Dann wird es bestimmt besser.
Die nächste Ausgabe des Reiterjournals erscheint am Freitag, den 25. August.
Mit reiterlichen Grüßen
Roland Kern
Redaktion Reiterjournal