Zeit für klare Kante (Editorial Reiterjournal 02/2022)

Foto: Florian Adam - Fotograf: TOMsPIC

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Die Barr-Affäre Anfang der 90er-Jahre endete mit einem Interview von Paul Schockemöhle.
Seine Worte: „Das Barren gab es immer und wird es immer geben.“ Er sollte Recht behalten, Stand heute. Diese Offenbarung brachte uns Investigativ-Reporter Wallraff am 11. Januar zur Prime-Time im meistgesehenen Privatsender der Republik. Die Bilder von damals und heute aus dem Stall Beerbaum, sie ähneln sich. 30 Jahre später öffnet sich für die Betroffenen anders als in der Vergangenheit aber ein Schlupfloch. Denn das Touchieren fand im Anschluss an den Schockemöhle-Skandal Einzug in die Richtlinien. Im Gegensatz zum Barren ist diese „Ausbildungsart“ erlaubt.

 

Unterschiede auszumachen, fällt sichtlich schwer. Selbst denjenigen, die das Touchieren in die Regelwerke mitaufgenommen hatten. FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach sagte dazu: „Die Grenzen sind fließend.“

 

Um die Abgrenzung im Detail zu definieren, musste gar eine Kommission einberufen werden. Nicht einmal ausgewiesene Experten können aus dem Stegreif die „Trainingsformen“ differenzieren. Von einer „Wischiwaschi“-Regel ist die Rede. Die damit einhergehende Außenwirkung ist katastrophal. Den Fall Beerbaum betreffend, verspricht die Deutsche Reiterliche Vereinigung eine gründliche Aufarbeitung. Es wird spannend zu verfolgen sein, ob die Geschichte nicht doch klammheimlich im Sande verläuft. Fest steht bereits jetzt, der Leidtragende ist wieder Mal der Sport selbst.

 

Anders als bei Olympia müssen wir uns nun an die eigene Nase packen. In Tokio ging der Fingerzeig aus gutem Grund noch in Richtung Fünfkampf. In Zeiten, in denen unser Sport kritischer betrachtet wird als je zuvor, wurde den Gegnern Futter geliefert, um weiter die Reiterszene zu diskreditieren. In Erinnerung bleiben am Ende in der öffentlichen Wahrnehmung nicht nur die Namen von Schockemöhle und Beerbaum. Es bleibt: Reiter barren ihre Pferde.

 

Zumindest, wenn wir jetzt nicht klare Kante zeigen und dagegen vorgehen. Tierschutz und Pferdewohl haben wir uns längst auf die Fahnen geschrieben. Alles, was auch nur im Ansatz dem Sport schaden kann, gehört aus den Leitlinien katapultiert.

 

Wegducken gilt nicht! Jetzt ist es Zeit, das Ganze durchzuziehen.

 

Beste Grüße

 

Florian Adam
Redaktionsleiter, Reiterjournal und Bayerns Pferde

 

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