CHIO Aachen - Veranstalter Frank Kemperman im Interview

Foto: Frank Kemperman - Fotograf: Rolex Grand Slam / Peggy Schröder

Foto: Frank Kemperman - Fotograf: Rolex Grand Slam / Peggy Schröder

Der Vorstandsvorsitzender des Aachen-Laurensberger Rennvereins und Turnierleiter des CHIO Aachen, Frank Kemperman, geht nach 29 Jahren in den Ruhestand. Das Rolex Grand Slam Team hat ihn interviewt, um herauszufinden, wie sich das Turnier entwickelt hat und was er am meisten vermissen wird.

 

Sie haben 29 unglaubliche Jahre beim CHIO Aachen erlebt. Was waren für Sie die drei größten Highlights?

 

Mein Highlight waren die FEI World Equestrian Games im Jahr 2006. Ich war zwar schon bei anderen Meisterschaften dabei, aber nichts ist mit dem CHIO Aachen vergleichbar. Es war eine Menge harter Arbeit für unser Team, und ich glaube, ich habe dabei auch meine ersten grauen Haare bekommen, aber es war ein großer Erfolg. Noch heute sprechen die Leute über diese Weltmeisterschaften, und ich denke, wir haben mit ihnen einen wichtigen Teil der Geschichte geschrieben. Es fällt mir schwer, zwei weitere Highlights auszuwählen, weil wir so viele unglaublich tolle Turniere und Prüfungen hatten!

 

Wie hat sich Ihre Karriere im Laufe der Jahre entwickelt?

 

Der CHIO Aachen ist eine wirklich geschichtsträchtige Veranstaltung. Im Jahr 2024 steht sein 100-jähriges Bestehen an, und der ALRV wird dann fast 125 Jahre alt sein. Ich habe das Turnier als Kind besucht und es hatte immer etwas Magisches an sich – meiner Meinung nach ist er das beste Turnier der Welt. Es ist sehr wichtig, die Traditionen, die wir auf diesem Turnier haben, zu bewahren. Genauso wichtig ist es aber auch, dass wir dabei innovativ sind und uns mit der Welt verändern. Qualität ist ebenfalls entscheidend. Als Turnier streben wir nach dem Besten von allem, und das kombiniert mit Tradition und Innovation macht den CHIO Aachen zum besten Turnier der Welt!

 

Als ich anfing, habe ich überall auf der Welt Turniere organisiert, und dann kam der CHIO Aachen. Zuerst fand ich es etwas seltsam, dass die Deutschen einen Niederländer gefragt haben, aber ich war bereits stark in das Medienzentrum des Turniers eingebunden. Ich glaube, sie wollten einfach professioneller und moderner werden. Gemeinsam mit dem Team habe ich dazu beigetragen, die Bedingungen immer weiter zu verbessern, viele Dinge wurden verändert und modernisiert, wobei die Traditionen und die Geschichte des Turniers erhalten geblieben sind.

 

Nun blickt das Turnier in die Zukunft, indem es versucht, innovativ zu sein, und ich finde, das ist etwas, das jedes Turnier oder jede Veranstaltung versuchen sollte. Ich weiß noch, als ich beim CHIO Aachen anfing, waren fünf oder sechs Leute im Büro, und heute sind es rund 35. Damals hatten wir keinen einzigen Medienprofi im Haus, sondern nur eine Dame von der Lokalzeitung, die einmal im Monat vorbeikam, um zu sehen, ob wir etwas Neues zu berichten hatten. Jetzt haben wir eine eigene Medienabteilung mit 10 Mitarbeitern.

 

Bei den FEI World Equestrian Games 2006 konnten wir das Internet nutzen, aber soziale Medien gab es noch nicht. Die Welt hat sich so sehr verändert, und wir haben immer versucht, diesen Veränderungen zu folgen und uns ihnen anzupassen – die sozialen Medien sind heute zum Beispiel ein wichtiger Bestandteil des Turniers. Ich erinnere mich, als ich zum ersten Mal ins Büro kam, hatten wir eine elektrische Schreibmaschine, Computer gab es nicht. Heutzutage kämen die Menschen ohne Computer nicht mehr zurecht. Ich finde, das zeigt, wie sehr sich die Dinge in der Zeit, in der ich Vorsitzender bin, verändert haben. Aber das Tolle am CHIO Aachen ist, dass wir den Blick immer in die Zukunft gerichtet haben und innovativ sind.

 

Was wird Ihnen am meisten fehlen?

 

Natürlich wird mir der CHIO Aachen fehlen. Aber ich werde dem Aufsichtsrat angehören, also bleibe ich weiterhin involviert. Ich glaube, die Umstellung auf eine andere Routine wird schwierig sein – in den letzten 29 Jahren bin ich jeden Morgen aufgestanden und ins Büro gegangen, aber Corona hat diesen Übergang denke ich schon ein wenig erleichtert. Ich finde, es ist an der Zeit, dass die nächste Generation die Führung übernimmt. Ich werde älter, und deshalb ist es normal, jüngere Leute die Rolle übernehmen zu lassen. Am Sonntag [12. Juni] war Vatertag in Holland, und ich habe ein sehr lustiges Buch über den Ruhestand bekommen. Den CHIO Aachen gab es schon, bevor ich Vorsitzender war, und es wird ihn auch danach noch geben. Mein Name ist dabei unbedeutend. Das Wichtigste ist das Turnier und sein Erfolg in der Zukunft.

 

Was haben Sie mit Ihrer Freizeit vor?

 

Ich bin immer noch an den The Dutch Masters und dem Turnier in Maastricht in den Niederlanden beteiligt und gehöre dem Niederländischen Olympiade-Komitee für Reiterei an, wo ich auch Vorsitzender der Pferdepfleger bin. Die Pferdepfleger sind die wichtigsten Personen in diesem Sport.

 

Meine Frau versucht, mich zum Gärtner zu machen – aber ich kann wirklich nicht zwischen Unkraut und Blumen unterscheiden. Meine wichtigste Aufgabe ist es jetzt aber, Großvater zu sein. Ich habe eine zweijährige Enkelin, die im selben Dorf lebt wie ich, und ich verbringe gerne Zeit mit ihr.

 

Wer war die einflussreichste Person, mit der Sie im Laufe der Jahre zusammengearbeitet haben?

 

Ich glaube es waren die Pferde, die mich am meisten beeinflusst haben. Wir arbeiten in einem so einzigartigen Sport. Wir müssen den Pferden zuhören und verstehen, was das Beste für sie ist. Die Außenwelt steht unserem Sport heute kritischer gegenüber, so dass wir sicherstellen müssen, dass das Wohlergehen der Pferde für uns die oberste Priorität hat. Wir müssen dafür sorgen, dass wir den Sport, den wir alle so lieben, weiterhin ausüben können.

 

Nur eine Person zu nennen ist wirklich schwer. Aber um ehrlich zu sein, die einflussreichste Person muss wohl meine Frau sein, denn ohne die Unterstützung von zu Hause kann man diese Arbeit nicht machen.

 

Was braucht es, damit eine Veranstaltung zu einem Major wird?

 

Es gibt so viele tolle Reitturniere auf der ganzen Welt, natürlich möchte man immer das beste Turnier in diesem Sport sein. Es ist schwierig, Menschen, die keine Pferdeliebhaber sind, für den Sport zu begeistern. Das Besondere am CHIO Aachen sind die Zuschauer und die große Anzahl, in der sie kommen – sie sorgen für eine tolle Atmosphäre. Bei vielen anderen Turnieren, auch wenn dort die Top-Reiter springen, ist die Atmosphäre nicht dieselbe – das macht den CHIO Aachen so einzigartig. Wir haben zwei verschiedene Arten von Menschen, die zum Turnier kommen. Erstens die Pferdeliebhaber, die jede Woche zu Turnieren gehen, und zweitens die Fans, die keine Pferde haben, aber jedes Jahr kommen, weil sie die Atmosphäre lieben und gerne Sport anschauen.

 

Man muss kein Pferdeliebhaber sein, um beim CHIO Aachen einen tollen Tag zu erleben. Tausende von Menschen lieben diese Veranstaltung, kaufen ein, essen und trinken. Es ist die Atmosphäre insgesamt, die den CHIO Aachen ausmacht, und das ist es, was wir zu bieten haben. Wir hören nicht nur darauf, was die Pferdeleute wollen und brauchen. Man muss auch gute Beziehungen zu den Reitern haben und verstehen, was sie brauchen.

 

Ich habe viele Turniere besucht – ich glaube, ich habe fast alle gesehen – aber um ehrlich zu sein, sind die Veranstaltungen, von denen ich am meisten gelernt habe, keine Pferdesportveranstaltungen gewesen. Wir waren ei den großen Tennisturnieren in Roland-Garros oder, Wimbledon und anderen Großveranstaltungen, um zu herauszufinden, was dort gemacht wird und wie diese Veranstaltungen für die Zuschauer unvergesslich werden. In unserem Sport müssen wir viele verschiedene Altersgruppen ansprechen, denn im Gegensatz zum Fußball, bei dem 80 Prozent der Zuschauer männlich sind, sind bei uns die Familien in der Überzahl. Also müssen wir dafür sorgen, dass sich alle wohl fühlen.

 

Alles rund um den Sport sollte spektakulär sein, damit es ein unvergesslicher Tag wird, und ich glaube, das ist es, was dazu beiträgt, dass ein Turnier zu einem ‘Major’ wird. Der CHIO Aachen ist eines der besten Pferdesportevents der Welt. Aber unser Ziel ist es, auf der Titelseite aller Zeitungen der Welt zu stehen und zu zeigen, dass wir nicht bloß ein Reitturnier sind.

 

Welchen Pferd-Reiter-Paaren haben Sie beim CHIO Aachen am liebsten zugeschaut?

 

Da gab es so viele! Natürlich gibt es einige Reiter, die man auch privat besser kennt, und es ist immer schön zu sehen, wenn sie erfolgreich sind. Letztes Jahr war es einfach toll zu sehen, wie das junge amerikanische Team den Mercedes-Benz Nationenpreis gewonnen hat – sie haben sich unglaublich gefreut, ein so großes Event zu gewinnen. Es war ein fantastischer Moment in diesem Sport, und es ist großartig zu sehen, wie begeistert die nächste Generation an Springreitern von diesem Sport ist. Es ist auch erstaunlich zu sehen, dass Isabell Werth in der Dressur so dominierend ist. Und natürlich war es ein großartiger Moment, als das Vater-Sohn-Gespann Rodrigo und Nelson Pessoa 1994 im Rolex Grand Prix den ersten und dritten Platz belegt hat. Momente wie diese sind einfach unglaublich toll, und ich hoffe, dass ich in Zukunft mehr Zeit haben werde, ihnen zuzuschauen!

 

Wie kann sich das Turnier Ihrer Meinung nach in den nächsten 10 Jahren weiterentwickeln?

 

Der CHIO Aachen ist etwas ganz Besonderes – er bietet den besten Sport der Welt und hat diesen fantastischen Rasenplatz. Er hat ein paar Traditionen, die sich meiner Meinung nach nicht ändern sollten, aber man sollte auch versuchen, weiterhin innovativ zu sein und immer zu schauen, was man besser machen kann. Bei dem Turnier geht es vor allem darum, eine hohe Qualität zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass das Wohlergehen der Pferde, das Erlebnis für die Zuschauer und die Medienresonanz so gut wie möglich sind. Es ist wie beim Backen eines Kuchens: damit er lecker wird, braucht man die richtigen Zutaten, und im Falle des CHIO Aachen sind das Sponsoren, Reiter, Medien, Pferde und so weiter. Das Turnier muss sicherstellen, dass alle wichtigen Interessengruppen gerne das bestmögliche Turnier haben möchten. Vieles hat sich in den letzten 30 Jahren verändert, aber die Qualität ist geblieben, zum Beispiel mit dem Rolex Grand Prix am abschließenden Sonntag. Insgesamt denke ich, dass der CHIO Aachen, wenn er die Traditionen des Sports beibehält, gleichzeitig aber auch nach Innovationen sucht, auch weiterhin das beste Turnier der Welt sein wird.

 

Quelle: www.rolexgrandslam.com

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